Brilon. Das Briloner Rathaus ist alt, es ist schön und hat Flair. Aber wie dem auch sei: Brandschutz geht vor Denkmalrecht. Und da gibt es Nachholbedarf.

Wer im Obergeschoss des Briloner Rathauses arbeitet, hat im Brandfall schlechte Karten. Mehr als 12 der insgesamt 20 unterm Dach beschäftigten Mitarbeiter könnten nach Einschätzung des Deutschen Feuerwehrverbandes nicht zeitgerecht über die Drehleiter durch die Fenster in Sicherheit gebracht werden. Einen anderen Flucht- oder Rettungsweg gibt es nicht, sollte das Treppenhaus einmal nicht mehr passierbar sein. Das muss und soll sich kurzfristig ändern. Bis dahin erhalten acht Mitarbeiter einen neuen Arbeitsplatz. Die Stadt quartiert sie ins benachbarte Alte Gasthaus Schlüter („Celtic Corner“) aus.

Das Briloner Rathaus muss brandschutztechnisch aufgerüstet werden. Das offene Treppenhaus alleine reicht nicht mehr. Aus dem zweiten Obergeschoss werden Mitarbeiter ausgelagert
Das Briloner Rathaus muss brandschutztechnisch aufgerüstet werden. Das offene Treppenhaus alleine reicht nicht mehr. Aus dem zweiten Obergeschoss werden Mitarbeiter ausgelagert © Jürgen Hendrichs

Laut § 33 der Landesbauordnung NRW müssen pro sogenannter Nutzungseinheit - das können Wohnungen, Praxen oder flurweise gruppierte Büroräume sein - zwei Rettungswege vorhanden sein, die unabhängig voneinander im Ernstfall ins Freie führen.

Im Erdgeschoss und auf der Bürgermeister-Etage ist der zweite Weg aus dem Rathaus hinaus kein Problem: Das geht im Erdgeschoss direkt durch die Türen vorne und hinten oder die historischen hohen Fenster. Und die erste Etage ist mit den Steckleitern der Feuerwehr ebenfalls durch die Fenster schnell genug zu evakuieren.

Beim zweiten Obergeschoss, in dem sich das Planungsamt, das Gebäude- und Liegenschaftsmanagement sowie die IT der Stadtverwaltung befinden, würde es im Ernstfall eng. Mit der Drehleiter kommt die Feuerwehr zwar an die Sprossenfenster im zweiten Obergeschoss heran, doch sind die Flurenden derzeit verbaut, so dass die dort liegenden Fenster nicht direkt erreichbar sind.

Empfehlungen des Dt. Feuerwehrverbandes

Versuchsreihen der Berufsfeuerwehr Bochum und der Bergischen Universität Wuppertal hatten ergeben, dass ein aus 16 Einsatzkräften bestehender Standardlöschzug über Dreh- und Steckleiter je nach Höhenlage drei Personen in vier bis sechs Minuten zu retten in der Lage ist, bei 12 Personen dauert das 10 bis 14 Minuten und bei 30 Personen 15 bis 30 Minuten - wenn alles glatt läuft und es nicht zu Zwischenfällen und Verzögerungen kommt.

Wie Beigeordneter Reinhold Huxoll auf Anfrage der WP sagte, gebe es mehrere Varianten, um den Brandschutz auf aktuellen Stand zu bringen.

Zum einen ist das die „sicher erreichbare“ feuerfeste und rauchgasfreie Einglasung des Treppenhauses. Damit wäre laut § 33 Absatz 2 Landesbauordnung NRW kein zweiter Flucht- oder Rettungsweg nötig. Ein derartiger „Sicherheitstreppenraum“ ist am zweiten Verwaltungsstandort, dem Alten Amtshaus in der Bahnhofstraße, vorhanden.

Am Haus Hövener Fluchtweg angeflanscht

Zum anderen könnte ein zweiter Fluchtweg in der Art von außen ans Rathaus angeflanscht werden, wie es zum Beispiel am Stadtmuseum Haus Hövener zum Garten hin der Fall ist.

Ausschuss berät Ausbau von WLAN Hotspots

Der Haupt- und Finanzausschuss tagt heute, Donnerstag, ab 17.30 Uhr im Bürgersaal des Rathauses.

Im öffentlichen Teil steht unter anderem der Ausbau von frei zugänglichen WLAN Hotspots auf der Tagesordnung.

Dazu hat die Stadt Brilon aus dem Förderprogramm WiFi4EU 15.000 Euro erhalten, über deren Verwendung der Ausschuss beraten will.

Und schließlich gäbe es auch noch die Möglichkeit, im hinteren Bereich des Rathauses ein zweites Treppenhaus - eventuell in Verbindung mit einem Aufzug, der dem aus dem frühen 13. Jahrhundert stammenden Gebäude einen barrierefreien Zugang ermöglichen würde - zu installieren. Nachteil bei dieser Variante: Auf jeder der drei Etagen fielen Büroflächen weg.

Wenn durch Auslagerung von Mitarbeitern die Zahl der im zweiten Geschoss beschäftigten Mitarbeiter eine sogenannte „Nutzungseinheit“ von zehn Personen - der Beigeordnete sieht hier Spielraum, auch auf die verbleibenden 12 zu gehen - nicht überschreitet, reicht es, als zweiten Rettungsweg den Flur und die Fenster zu nehmen. Das, so der Deutsche Feuerwehrverband, sei noch „sachgerecht“.

Drei Personen passen in Rettungskorb

Was auch immer passiert: Das angeblich älteste noch als Verwaltungssitz betriebene Rathaus Deutschlands wird sich verändern. „Brandschutz geht vor Denkmalrecht“, sagt Beigeordneter Reinhold Huxoll. Am Donnerstag, 23. Januar, befasst sich der Haupt- und Finanzausschuss, allerdings im nichtöffentlichen Teil, mit dem Thema. Aktuellen Druck gebe es nicht, so der Beigeordnete: „Wir haben erkannt, dass wir diesbezüglich etwas machen müssen, und das gehen wir jetzt an.“

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Einen Löscheinsatz mit Menschenrettung per Drehleiter hat es für den Briloner Löschzug schon längerer Zeit nicht mehr gegeben, wie Ordnungsamtsleiter Marcus Bange, Zugführer im Löschzug Brilon, sagt. Drei Personen fasst der Korb. Je nach Einsatzlage werde entschieden, ob der Korb mit einem Feuerwehrmann und zwei zu rettenden Personen abgelassen wird oder ob der Feuerwehrmann am Brandherd verbleibt und drei Menschen aus der Gefahrenzone geholt werden. Dann und wann komme der Korb zum Einsatz, wenn die Feuerwehr Rettungsdienste unterstützt, die Patienten aus alten Häusern abholen müssen und wo die Treppenhäuser für die Tragen zu eng sind.

Die im Alten Gasthaus Schlüter vorhandenen Büroräume hatte Mitte der 90er Jahre die Dresdner Bank als Sitz ihrer Filiale eingerichtet. Später nutzte eine Anwaltskanzlei die Etage.