Hoppecke. Ein Beitrag aus Brilon zur Energiewende: „Hoppecke“ entwickelt Großspeicher und hat eine Denkfabrik für Lithium-Ionen-Technologie gegründet..

Die Ladesäulen für Elektroautos stehen zwar auf dem Firmenparkplatz, doch mit E-Mobilität auf der Straße hat „Hoppecke“ nichts mehr am Hut. Das Geschäftsfeld des High-Tech-Unternehmens ist einen Steinwurf weit jenseits der Bahngleise zu sehen. Dort steht ein Elektro-Großspeicher im Seecontainer-Format. Kapazität: eine Megawattstunde. Das würde reichen, rund 300 Zwei-Personen-Haushalte ein Jahr lang mit Strom zu versorgen.

Der Mega-Speicher markiert das obere Ende der Energiespeicher im Zeichen der beiden stilisierten Fichten, dem von Anfang an Heimatverbundenheit signalisierenden Firmenlogo. Am unteren Ende stehen die 6- und 12-Volt-Blockbatterien, mit denen sich strombetriebene Kleinfahrzeuge wie Kehrmaschinen oder Hublader betreiben lassen. Für Marc Zoellner, Geschäftsführender Gesellschafter des Familienunternehmens in vierter Generation und Präsident des europäischen Batterieverbandes Eurobat, ist klar: „Die Energiewende wird nur mit den geeigneten Stromspeichern gelingen können.“

Firmenchef Dr. Marc Zoellner, hier mit dem Modell eines Großspeichers, hat mit der Intilion eine eigene
Firmenchef Dr. Marc Zoellner, hier mit dem Modell eines Großspeichers, hat mit der Intilion eine eigene "Denkfabrik" für den Lithium-Ionen-Bereich gegründet © Jürgen Hendrichs

Vor 20 Jahren erste Erfahrungen in Afrika

Schon vor 20 Jahren sammelte „Hoppecke“ erste Erfahrungen mit der Speicherung von Sonnenenergie. In Afrika. Dort sorgten die Sauerländer mit ihrem Geschäftsbereich „Sun“ für die saubere und verlässliche Stromversorgung von Schulen, Krankenhäusern und ganzen Dörfern.

Heute gewährleisten die Speicher-Systemlösungen die unterbrechungslose Notstromversorgung von Kraftwerken, Wolkenkratzern und riesigen Daten-Center. Neben Versicherern wie Allianz, Handelskonzernen wie Rewe oder der Europäischen Zentralbank gehören unter anderem auch Apple oder der chinesische Online-Handelsgigant Alibaba zu den Anwendern der Stromspeicher aus dem Hochsauerland. Gerade in China sei der Ausbau der Erneuerbaren Energien angesichts der schlechten Luftqualität in den zahlreichen Ballungszentren eine, so Dr. Zoellner, „hochpolitische Angelegenheit“. Nicht ohne Grund sei China Vorreiter im Bereich der Elektromobilität.

Werk in Wuhan mit 600 Mitarbeitern

Der Briloner Unternehmer verfolgt die gesellschaftliche und infrastrukturelle Entwicklung im Reich der Mitte seit mittlerweile rund drei Jahrzehnten. Regelmäßig besucht er das Werk in Wuhan. Dort produziert Hoppecke mit rund 600 Mitarbeitern die gleichen Blei- und Nickelbatterien wie am Stammsitz im Hochsauerland. China sei für das Unternehmen nach Europa der zweitwichtigste Markt, sagt Dr. Zoellner. Das Werk ist eine hundertprozentige Hoppecke-Tochter. Der Unternehmer hat mit seinen dortigen Kunden und auch den Behörden „nur gute Erfahrungen“ gemacht, sagt er: „Wir fühlen uns sehr wohl dort.“ Beeindruckend sei die Innovationskraft und Dynamik des Landes.

Neue Denkfabrik für Lithium-Ionen-Technologie

Gerne erzählt er, dass er bei seinem ersten Besuch in Wuhan auf einem Flugplatz gelandet sei, der etwas größer als der in Thülen gewesen sei. Mittlerweile sei der Airport größer als der in München.

Familienunternehmen vierter Generation

Seit der Gründung 1927 befindet sich das Unternehmen in Hand der Familie Zoellner; in vierter Generation steht Dr. Marc Zoellner an der Spitze.

Heute sind am Stammsitz Hoppecke und den weltweit 21 Tochtergesellschaften rund 2080 Mitarbeiter beschäftigt.

Der Konzernumsatz liegt bei rund 430 Millionen Euro.

Während in Hoppecke die Blei- und im Bremecketal die Nickelbatterien, „unsere Kernprodukte“ (Dr. Zoellner), hergestellt und weiter entwickelt werden, geht es bei der jüngsten Unternehmenstochter, der im Frühjahr gegründeten Intilion GmbH, um die Zukunftstechnologie für die ganze Branche: Lithium-Ionen-Batterien. Aufbauend auf das 2008 in Zwickau gegründete Forschungs- und Entwicklungszentrum und in Kooperation mit dem F- & E-Team in Shanghai, hat die „Accu“, wie das Unternehmen aus alter Verbundenheit immer noch gerne genannt wird, in Paderborn einen stylischen CoWorking- und MakingSpace eingerichtet.

In Europa gibt es noch keinen Zellen-Hersteller

In der modernen, offen gehaltenen Arbeitsumgebung beschäftigten sich rund drei Dutzend der insgesamt 100 Intilion-Mitarbeiter mit innovativen Energiespeicherlösungen für den Stationäre-, Traktions- und Bahnbereich. Anders als im Blei- und Nickel-Bereich, wo die Batteriekomponenten selbst hergestellt werden, kauft Intilion die Zellen zu und entwickelt daraus spezifische Anwendungen. Aktuell zum Beispiel für Stadtwerke in Ostwestfalen, wo der Großspeicher zum einen zur Frequenzregulierung des Stromnetzes dienen, dabei aber auch gleichzeitig überschüssigen Strom zur Erwärmung von Wasser liefern soll.

Intilion ist Konsortialpartner der neuen Batterie-Forschungsfabrik in Münster. Die Zell-Chemie, sagt Dr. Zoellner, sei die größte Herausforderung für die Branche. In ganz Europa gebe es bisher keinen Hersteller von Lithium-Ionen-Zellen.

Recycling-Quote liegt bei Bleibatterien von 99,9 Prozent

Die Verwendung von Lithium ist wegen der aufwendigen und mit erheblichen Umweltbelastungen verbundenen Rohstoffgewinnung in Kritik geraten. Damit, so Dr. Zoellner, müsse man verantwortungsvoll umgehen. Das gelte auch für die traditionelle Blei-Technologie. In der werkseigenen Metallhütte werden alte Bleibatterien aufbereitet und das Blei recycelt. Mit einer Verwertungsquote von 99,9 Prozent sei Blei das am besten recycelte Material überhaupt, sagt der Unternehmer: Neues Primärmaterial werden nur gebraucht, „um Wachstum zu bedienen“. Nach einem Brand im Sommer wird die Aufbereitungsanlage derzeit saniert und modernisiert.

Regionalzug mit emissionslosem Elektroantrieb einsatzbereit

Als Batteriehersteller sieht sich die „Accu“ als ein Baustein auf dem Weg zur Energiewende. „Batterien können nur einen spezifischen Teil abdecken“, sagt der Unternehmer. Auch die Druckluftspeicherung in Kavernen wie in ehemaligen Salzbergwerken oder in porösen Schichten des Meeresbodens unter der Nordsee, Wasserkraft und Wasserstoff seien Teil der Energiewende. Die verschiedenen Technologien werden nebeneinander entwickelt werden, „um die Erneuerbaren zu unserer primären Energiequelle zu machen. Anders wird’s nicht gehen.“ Dabei sei die Batterie der einzige Speicher, der Strom fast ohne Umwandlungsverluste wieder abgebe.

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Mit Lithium-Ionen-Großbatterien, die Sonnen- und Windenergie im Megawattbereich zwischenspeichern können, lässt sich die verbrauchsabhängige Einspeisung der erneuerbaren Energien ins Stromnetz effektiver steuern. Außerdem lässt sich die enorme Kraft aus der Konserve auch für den komplett emissionsfreie Antrieb von Zügen einsetzen. Die Intilion, sagt Dr. Zoellner, habe bereits eine Spezialbatterie entwickelt, mit der rund 100 km auf der Schiene zurückgelegt werden können. In allernächster Zeit bereits eine derartige Batterie in Deutschland in einem Regionalzug eingesetzt werden.