Dreislar. Auf den ersten Blick unspektakulär, aber mit einem tiefen Blick in die Erdgeschichte sind die Quarzklippen einer der fünf Medebacher Seelenorte.

Klippen stellt man sich eigentlich anders vor. Spektakulärer. Erst, wenn man die Steine näher betrachtet, auch mal ein wenig das Moos auf ihnen anhebt, glitzert es im Wintersonnenlicht.

Quarz. Hellrosa oder silbrig-weiß scheint er mal das umgebende graue Gestein großflächig zu durchbrechen, an anderen Stellen netzartig zu durchziehen oder knubbelig daraus hervorzutreten.

Seine vielfältigen Farben und Formen verdankt Quarz seiner Geschichte: Er entstand bei der Kristallisation von Gesteinsschmelzen; durch die Beimengung anderer Elemente erscheint er in verschiedenen Farben.

Vor Millionen von Jahren ging es in Dreislar sehr heiß her

Oberhalb von Dreislar ist bis heute eine Bruchkante in der Erdkruste erkennbar, die sich vor Millionen von Jahren beim Aufeinanderdriften der Eurasischen und der Afrikanischen Erdplatte auftat. Hier liegen die Quarzklippen.

Sie reihen sich nahtlos in die vier anderen Medebacher Seelenorte ein: Es sind Orte, die kein spontanes „Boah, ey“ auslösen, sondern eher ein verwundertes „Ach, das ist es?“. Orte, mit denen man sich näher beschäftigen muss, um ihre Einzigartigkeit wahrzunehmen. „Gerade die Tatsache, dass sie so unspektakulär wirken, schützt die Klippen ja auch“, sagt Dreislars Ortsheimatpfleger Gerhard Brocke.

Zu viele Besucher wären gar nicht gut

Ihm wäre es gar nicht recht, wenn Massen von Besuchern die Klippen erforschen. Es gibt keine Wege hindurch, es ist stellenweise steil und rutschig und Steineklauer, die – wie am Rest der nahen Schwerspat-Grube – auf den Felsen herumhämmern, um Souvenirs zu ergattern, braucht auch niemand.

Ortsunkundige würden die Klippen wohl ohnehin übersehen. Mit einer Führung jedoch, buchbar über die Touristikgesellschaft Medebach, sind Gäste gern gesehen. Die Führungen werden je nach Nachfrage organisiert.

Emotional berührende Orte

Der Tourismusverband hat im Frühling 43 Sauerland-Seelenorte vorgestellt, die Wanderer emotional, geistig und spirituell berühren sollen. Fünf der Seelenorte liegen in Medebach, die WP stellt sie in loser Folge vor.

Wanderungen zu den Medebacher Seelenorten können bei der Touristikgesellschaft gebucht werden. Dort ist auch ein Heft erhältlich, das die einzelnen Orte und ihre Besonderheiten detailliert vorstellt.

Bewirtschaftet wird das Gelände nicht – es gehört dem Land NRW und die Natur darf dort machen, was sie will. Ein paar dünne Bäume stehen hier und fällt einer um, bleibt er liegen. „Es fällt was um, es wächst was Neues – das ist Natur pur“, sagt Brocke.

Bank bietet tolle Aussicht

Sein persönlicher Seelenort liegt ohnehin einige Meter entfernt: die Sitzbank „am Stein“. Oberhalb der Quarzklippen, neben einem Baum, kann hier der Blick fast ungehindert rundum schweifen.

Bei gutem Wetter erreichen von morgens bis abends Sonnenstrahlen die Bank, links im Tal ist Dreislar zu erkennen, rechts reicht die Sicht bis weit hinein ins Ölfetal. Gerhard Brocke wäre nicht Gerhard Brocke, wenn ihm nicht spontan auch dazu noch eine Geschichte einfiele.

„Sehen Sie die paar Büsche da oberhalb der Bank? Da ist im Zweiten Weltkrieg ein Flieger abgestürzt. Der Besatzung gelang es noch, die Maschine nicht über dem Ort niedergehen zu lassen, sondern erst dort oben. Aber alle Besatzungsmitglieder kamen ums Leben und liegen bis heute auf dem Dreislarer Friedhof.“

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Den Recherchen einer Gruppe nordhessischer Hobby-Historiker um Andre Lange aus Korbach zufolge ereignete sich dieser Absturz in der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober 1944. Bei dem Flugzeug handelte es sich um eine Messerschmitt Bf 110 und bei der Besatzung um die Soldaten Erwin Egeler, Alois Hermann und Lothar Schubert.