Brilon. Birgit Schrowange beendet ihre Arbeit bei RTL. Im Interview spricht sie über ihre Heimat Nehden, ihre Zukunftspläne und wieso sie nur Birgit ist.

Vor 61 Jahren erblickte die Fernsehmoderatorin Birgit Schrowange in Nehden das Licht der Welt. Seit 25 Jahren moderiert sie auf dem Sender RTL das Wochenmagazin „Extra" und überraschte vor kurzem mit der Ankündigung ihres Abschieds am 23. Dezember. Im Interview spricht sie über ihre noch immer bestehende Bindung zu Brilon und darüber wieso die nächsten 20 Jahre besonders gut sein sollen.

Frau Schrowange, wie haben Sie Nehden aus ihrer Kindheit in Erinnerung?

Brigit Schrowange: Sehr gut. Ich bin auf dem Dorf in einer Großfamilie groß geworden. Meine Eltern waren einfache Menschen und ich hatte eine schöne Kindheit mit vielen Tieren und viel Natur um mich herum. Ich hatte viel Freiraum und keine Helikoptereltern, daher sind wir auch viel bei Bauern spielen gewesen und es krähte kein Hahn danach. Ich hatte viel Spaß und der Zusammenhalt in unserer Familie war sehr groß. Die Freiheit, die ich hatte, gebe ich auch an meinen Sohn weiter, der sehr selbstständig ist. Man muss mit dem wahren Leben zurechtkommen.

Schaffen Sie es auch heute noch, Brilon gelegentlich einen Besuch abzustatten?

Ja natürlich. Meine Eltern kommen mich zwar gerne in Köln besuchen oder wir treffen uns in meinem Haus auf Mallorca, aber ich versuche mindestens zwei Mal im Jahr, ins Sauerland zu kommen. Ich freue mich immer auf das Dorf und meine Verwandtschaft.

Wie hat sich Brilon in Ihren Augen verändert?

Früher gab es viele kleine Geschäfte, Boutiquen und Cafés. Brilon war immer eine schöne Stadt und das ist sie auch heute noch. Aber mit der Zeit machten die großen Ketten auch in Brilon auf und verdrängten die kleinen Läden. Das finde ich schade. Aber Brilon ist eine entzückende Stadt mit Fachwerk und einer sehr schönen Landschaft. Da geht mir heute das Herz auf. Früher wusste man das nicht so zu schätzen.

Was bedeutet Heimat für Sie?

In der Heimat sind meine Lieblingsmenschen. Ich weiß, wo meine Wurzeln sind. Ich bin ein Dorfmädchen, die Birgit und nichts Besonderes. Meine Erziehung sorgte dafür, dass ich sehr geerdet bin und Werte wie Höflichkeit und Anständigsein eine große Rolle spielen. Auch die Natur erdet, zum Beispiel durch die Arbeit auf dem Land. Meinen ersten Fernseher hatte ich erst mit 14 Jahren. Für Bauer sucht Frau musste ich aber damals auch nur aus dem Fenster schauen.

Wie war damals die Umstellung vom Dorfleben auf das Stadtleben?

Ich wollte früher nur weg aus der Enge des Dorfs. Das war gut, weil ich dort natürlich nicht die Möglichkeiten hatte, wie in der Großstadt. Der Anfang war schwer, aber ich war frei und es war ein großes Abenteuer.

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Sie werden im April ihr neues Buch „Birgit ungeschminkt“ veröffentlichen und damit auf Lese-Tour gehen. Werde Sie dann auch in Brilon sein?

Das hoffe ich sehr. Bei der Veröffentlichung meines letzten Buches hatte meine Mutter Angst, dass die Halle in Brilon nicht voll wird, aber das war sie und es war ein großer Spaß. Es ist etwas sehr Besonderes, in der Heimat zu sein und darauf freue ich mich bereits sehr.

Worum geht es in Ihrem neuen Buch?

Um meine ungeschminkte Sicht auf Dinge, die mich bewegen. Es ist ein Mutmacher-Buch für Frauen und ein großes Thema ist „Frauen und Finanzen“, weil nur wenige sich dafür interessieren. Viele Frauen sagen, dass ihr Mann sich darum kümmert. Ich kann nur raten, sich selbst zu bilden. Mir wurde noch beigebracht, dass ich Geld ansparen soll. Früher war das mit den Zinsen einfach, heute rate ich zu Aktien. Das ist kein Teufelszeug.

Wann sieht man Sie ungeschminkt?

Jetzt gerade. Ich schminke mich nicht bei jedem Gang aus dem Haus.

Ihnen scheint das Thema „Älterwerden“ am Herzen zu liegen, wiederholt ist es Bestandteil Ihrer Bücher. Ist es so schwer, alt zu werden?

Viele Frauen lieben sich selbst nicht und konkurrieren mit ihren Töchtern oder anderen Frauen. Aber das ganze Leben ist ein Loslassen. Die Jugend, die Kinder, die Eltern, die Schönheit, meine Show auf RTL. Man muss sich selbst annehmen und die Eitelkeit ablegen. Dann kann man sehr gut altern. Mein Sohn sagte mir mal, dass ich noch gar nicht alt aussehe, aber meine Knochen dennoch alt seien. Das stimmt. Ich möchte eine coole Alte werden. In meinem Alter sind Frauen früher nicht mehr vor die Türe gegangen, weil sie einfach fertig waren von der vielen Arbeit. Die heutige Generation kann ein Vorbild sein. Frauen sind heute unabhängig, können sich selbst versorgen und das ist toll.

Beim Älterwerden geht es auch darum, einen Gang zurückzuschalten. Wie schaffen Sie es, als Person des öffentlichen Lebens abzuschalten?

Ich kann in meinem Haus auf Mallorca abschalten oder ich mache einfach hier in Köln die Türe zu. In der Schweiz bei meinem Lebensgefährten klappt das auch wunderbar. Er wohnt auch in einem Dorf, auch wenn es dort 10.000 Einwohner gibt. Aber ein paar Meter weiter gibt es direkt eine Wiese mit Kühen, es gibt Berge und alles liegt direkt am Zürichsee. Das erinnert stark an eine Postkarte und ist sehr idyllisch. Da komme ich zur Ruhe. Und die Schweizer Uhren ticken eh ein bisschen langsamer.

Bald endet ihre Zeit bei „Extra“ im Fernsehen. Wie geht es weiter?

Für mich beginnt jetzt die Kür. Die nächsten 20 Jahre sollen die Besten meines Lebens werden. Und was ich mir vornehme, das erreiche ich auch. Ich kann die kommenden Jahre füllen, wie ich möchte.

Welche Dinge erfüllen Sie in den nächsten Jahren?

Mein neues Buch macht mir viel Spaß, vielleicht halte ich auch mal wieder Vorträge oder moderiere Veranstaltungen. Vor kurzem moderierte ich den Leipziger Opernball und das machte einen Riesenspaß mit der Live-Situation und dem spontanen Reagieren auf das Geschehen. Ich kann mir die Sahnestücke aussuchen und habe dahingehend viel Glück und bin privilegiert. Vielleicht geht es auch nochmal ins Fernsehen, aber ohne Quotendruck.

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Wie hat sich die Arbeit für Sie verändert, seit Sie Ihre Entscheidung bezüglich des Abschiedes gefällt haben?

Nach 25 Jahren bei der Sendung musste ich eine Routine durchbrechen. Man sagte mir damals, dass sich das Format nicht lange halten würde. Jetzt hält es schon 25 Jahre. Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören. Ich gehe jetzt mit einer Erleichterung in die Sendungen, weil ich mit meiner Entscheidung im Reinen bin. Ich genieße die vielen Unterhaltungen auf der Arbeit und freue mich auch auf die Zukunft.

Gibt es schon Pläne, wie Sie die letzte Sendung am 23. Dezember gestalten werden?

Ich werde einen großen Ausstand bei RTL geben und viele Kollegen einladen. Das wird nochmal ein richtiges Highlight sein. Kurz darauf ist Weihnachten.

Was wünschen Sie sich vom Christkind?

Gar nichts. Ich fühle mich fit und gesund und das soll bei mir und meinem Umfeld auch so bleiben.