Brilon. Nicht nur im Briloner Stadtwald bleibt das Käferholz liegen. Die Polizei hat die Spediteure auf dem Kieker. Angeblich sind die Container unsicher.

Säuberlich auf 11,80 m geschnitten stapeln sich die Fichtenstämme am Poppenberg. Eigentlich sollten sie sich, eingelagert in Übersee-Containern, schon auf dem Weg nach Fernost befinden. Seit über 20 Jahren exportiert der Briloner Stadtforst auf diese Weise Holz nach China. Seit wenigen Tagen geht nichts mehr. Die Spediteure und Verlader haben Angst vor happigen Bußgeldern und Punkten in Flensburg.

Denn seit etwa drei Wochen ziehen die Polizei und das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) in Hessen diese Transporte aus dem Verkehr. Grund: Die Container sind gemäß der 2015 international abgestimmten „Vorschrift zum Verpacken von Güterbeförderungseinheiten“, dem sogenannten CTU-Code, nicht zum Transport von „langen, schweren und unregelmäßig geformten Ladungsgegenständen“ geeignet.

„Unkalkulierbares Gefährdungspotenzial“

Und zwar soll die Seitenwände der Container konstruktionsmäßig nicht so ausgelegt sein, dass sie den Beschleunigungskräften derartiger Ladungen standhalten und sich ausbeulen könnten. In einem der Redaktion vorliegenden internen, aus Hessen stammenden und mittlerweile allen Polizeiverwaltungen zugeleiteten Papier heißt es, dass angesichts von rund 10.000 bis 20.000 solcher Transporte pro Monat ein „unbeschreiblich hohes unkalkulierbares Gefährdungspotenzial für den öffentlichen Straßenverkehr“ bestehe und selbst tödliche Unfälle nicht auszuschließen seien.

„Ausschließlich gewinnmaximierende Beweggründe“

Das Papier enthält auch einen bemerkenswerte Feststellung, die wohl alle von Klimawandel und Käferkalamität betroffenen Waldbesitzer auf die Palme bringen dürfte: Die „vielfach praktiziert unzulässige Verladung“ erfolge „ausschließlich aus gewinnmaximierenden Beweggründen heraus“.

Das klingt in den Ohren von Forst-Chef Dr. Bub wie blanker Hohn, denn: „Hier bricht alles zusammen.“

Realitätsferne

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Das Verschiffen des heimischen Holzes in Übersee-Containern nach Fernost erfolge „ausschließlich aus gewinnmaximierenden Beweggründen“ heraus.

Ja, hat man in dem osthessischen Polizeipräsidium den Knall nicht gehört? Gut: Wenn man das derzeitige verzweifelte Bemühen der Forstwirtschaft, zu retten, was noch zu retten ist, Gewinnmaximierung nennen will, stimmt das Argument.

Dünn ist es allemal. Das sollte die Landesbehörde wissen, hat doch der hessische Staatsforst die Aufarbeitung von Käferholz jüngst eingestellt, weil sie sich nicht mehr rechne. Der Einbau einer Transportsicherung, so etwas gibt es, kostet rund 300 Euro pro Container. Das sind rund 10 Euro pro Festmeter.

Das mag sich bei der Buche noch lohnen, bei den Käfer-Fichten aber nicht, wenn sich der Preis bei unter 30 Euro bewegt.

So sollten am Donnerstag etwa im Niederwald und am Hammerkopf 40 Container Käferholz beladen werden. Nun bleiben die Polter dort liegen.

Das in Möhnesee ansässige Holzkontor Sauerland, das für 16 mittelgroße private Forstbetriebe die Holzvermarktung vornimmt, wollte diese Woche sogar 100 Container nach China auf die Reise schicken. Daraus wurde nichts. Dabei ist China mit rund zwei Millionen Festmetern pro Jahr Hauptabnehmermarkt für das deutsche Käferholz. Das Holzkontor hat bereits Vorverträge für 150 Container pro Woche unterschrieben, bei der Stadt Warstein und dem Forstamt Arnsberg sind bis Ende kommenden Jahres rund 1550 Container geplant. Holzkontor-Geschäftsführer Michael Wiggeshoff: „Wenn dieses Ventil zugehen würde, wäre das eine Katastrophe. Wir würden im Holz ersticken.“

Brandbrief des Forstwirtschaftsrates an Verkehrsminister Scheuer

Das sieht auch der Deutsche Forstwirtschaftsrat so. In einem gemeinsam mit weiteren Waldeigentümerverbänden abgestimmten Brandbrief an Bundesverkehrsminister Scheuer verweisen sie darauf, dass es in 25 Jahren keine Zwischenfälle mit ausgebeulten und geborstenen Containern gegeben habe. Sollte keine schnelle Lösung gefunden werden, würde dies zu „nicht absehbaren ökosystemaren und volkswirtschaftlichen Schäden führen“.

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Das Problem ist auch dem Briloner MdB Dirk Wiese, forstpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, bekannt: „Wenn nicht alternative Ladungssicherungsmöglichkeiten gefunden werden, dann wird dies den Abtransport des Holzes aus unseren Wäldern massiv erschweren.“