Elpe. Im Volksmund hießen Elpe und Heinrichsdorf „Witwendörfer“ - warum das so ist, lässt sich auf Schautafeln nachlesen, die jetzt aufgebaut wurden.

Es sind Stellen, an denen man sonst vorbei wandert oder auch nur vorbei fährt. Niemand hätte geahnt, dass rund um Elpe noch vor 60 Jahren ein reges Treiben herrschte. Bis zu den 50ern ging es noch zu Fuß durch die Wälder. Aus den umliegenden Dörfern, aber auch aus Wulmeringhausen und sogar aus Bruchhausen kamen die Arbeiter, um in den Gruben Juno und Pluto im Elpetal und oberhalb davon ihr Geld zu verdienen. Eine harte Arbeit in einer harten Zeit. Heute ist davon außer ein paar Halden-, Gruben- und Stolleneingängen oder Resten von Schiefernmauern nichts mehr zu sehen. Das wollten die Elper und Heinrichsdorfer ändern mit ihrem Projekt „Bergbautafeln im Elpetal“. Die Tafeln sind aufgestellt, Zeit für einen Ortstermin.

Zwei Tafeln an der Kreisstraße nach Elpe und eine in Heinrichsdorf

Erster Treffpunkt ist an der Kreisstraße von Gevelinghausen nach Elpe, kurz hinter Wiggeringhausen. Wer hätte gedacht, dass hier im idyllischen Elpetal, das besser nicht zum Spaziergang einladen könnte, einmal in Gruben geschuftet wurde? „Dort, wo Sie jetzt stehen, genau dort, war ein großes Silo, in das Förderreste gebracht wurden“, sagt Kurt Wiese, der letzte Zeitzeuge. Er muss es wissen, denn mit seinen Eltern wohnte er unweit der ehemaligen Gruben im Steigerhaus, dem Juno-Haus, das inzwischen abgerissen ist. Kurt Wieses Vater kam aus Hamm, hatte als Steiger seine Anstellung in der Grube Aurora unterhalb des Freizeitparks Fort Fun gefunden.

Bergbautafeln im Elpetal - ein Leader-Projekt:  Hauptinitiator Willy Judith (helle Jacke) und Zeitzeuge Kurt Wiese (beide mit Kappe) mit Vertretern des SGV Elpe, Ortsheimatpfleger Paul-Meinolf Wiegelmann sowie Vertretern des Heimatvereins Heinrichsdorf.
Bergbautafeln im Elpetal - ein Leader-Projekt:  Hauptinitiator Willy Judith (helle Jacke) und Zeitzeuge Kurt Wiese (beide mit Kappe) mit Vertretern des SGV Elpe, Ortsheimatpfleger Paul-Meinolf Wiegelmann sowie Vertretern des Heimatvereins Heinrichsdorf. © Westfalenpost | Sonja Funke

Heute, nachdem er lange weg von zu Hause war, ist der 83-Jährige zurück in der Heimat und als Bergbauingenieur dem Thema immer treu geblieben und hat viel Inhalt zu den Infotafeln beigesteuert. Er wohnt jetzt in Bestwig-Andreasberg, zwei, drei Kilometer den Berg rauf. Dazwischen: der Grenzstein zu Olsberg. Auch das zeigt, wie sehr im Sauerland Dörfer über Stadtgrenzen miteinander verschmolzen sind. „Die vier Bergbautafeln sind eine Ergänzung bzw. Vervollständigung des Bergbauwanderwegs Ramsbeck“, betont Initiator Willy Judith. Auf einer Wanderung über den Weg kam SGV-Mitgliedern die Idee zum Leader-Projekt. Schon lange hatten Heimatverbundene in den beiden Orten Elpe und Heinrichsdorf mehr an ihrer Bergbau-Geschichte erinnern wollen.

Willy Judith, Vorsitzender des SGV Elpe, übernahm die Projektleitung, der SGV trat als Träger auf - viel Schreibarbeit für die Leader-Mittel folgte, aber sie hat sich gelohnt.

Arbeit im Bergbau noch bis 1974

Mehrere Vereine mit im Boot

Die vier Bergbau-Tafeln im Elpetal und oberhalb des Elpetals haben ca. 6000 Euro gekostet und wurden mit Leader-Mitteln gefördert;

Neben dem SGV als Träger war auch der Heimatverein Elpe maßgeblich am Projekt beteiligt, zum Beispiel auch beim Aufstellen der Tafeln mit ihrem Edelstahlgehäusen, der Förderverein des Sauerländer Besucherbergwerks in Ramsbeck, erklärte sich bereit, die Infos zum Bergbauwanderweg um die Tafeln zu ergänzen.

Spaß machen die QR-Codes fürs Smartphone auf jeder Tafel, die u.a. zum Gedicht „Der Bergmannspfad“ von Heribert Schmidt oder zur „Heimat Heinrichsdorf“ von Else Teutenberg führen.

„Bergbau hat die Landschaft geprägt und ist bis heute teilweise noch sichtbar, so Judith. Bei der Wanderung auf dem Ramsbecker Weg sei der Kontakt zwischen SGV und Förderverein des Sauerländer Besucherbergwerks Bestwig-Ramsbeck zustande gekommen. Wie die Ramsbecker Gruben gehörten auch die im Elpetal zuletzt zur „Sachtleben Bergbau AG“. Erstmals wurde im 16. Jahrhundert über Erzbergbau konkret im Elpetal berichtet, zwischen 1854 und 1974 wurde besonders viel Zink und Blei dort und in Ramsbeck gewonnen und in Pochwerken für die Verhüttung vorbereitet.

1885 war mit Schließung des „Rieser Stollens“ Schluss mit dem Bergbau in Elpe, die Bergleute mussten zu Fuß die sieben Kilometer bis zur Grube „Aurora“ bei Fort Fun zurücklegen. Von dieser Grube aus konnten sie auch unter Tage bis Ramsbeck gelangen. Gleiches wird vom Plutostollen in Elpe erzählt: Bergleute liefen von hier unterirdisch bis zum Arbeitsplatz „Aurora“.

„Im Jahre 1954 waren noch 46 Personen allein aus Elpe und Heinrichsdorf in der Grube Aurora beim heutigen Fort Fun beschäftigt“, so Willy Judith. Noch keine ganze Generation, gerade einmal 75 Jahre ist dies alles her. Aurora wurden 1955 geschlossen, im Jahr 1974 schließlich auch die letzte Grube, der Eickhoffstollen in Ramsbeck. „Die Bergbautafeln stellen eine Bereicherung für die Stadt Olsberg dar, durch sie wird die lange Bergbaugeschichte des Elpetales für die Menschen in Gegenwart und Zukunft lebendig gemacht“, betont Elisabeth Nieder, allgemeine Vertreterin des Olsberger Bürgermeisters.

Harte und gefährliche Arbeit sowie lange Fußwege

Bergbautafeln im Elpetal - hier jene an der „Plästerlegge“, ebenfalls an der Kreisstraße nach Elpe.
Bergbautafeln im Elpetal - hier jene an der „Plästerlegge“, ebenfalls an der Kreisstraße nach Elpe. © Westfalenpost | Sonja Funke

Willy Judith ist es besonders wichtig, herauszustellen, welch teils auch gefährliche Arbeit die Bergleute verrichteten: „Sie bekamen Silikose, Staublunge, und wurden nicht einmal 40 Jahre alt. Darum hätten Heinrichsdorf und Andreasberg im Volksmund auch „Witwendörfer“ geheißen. Not herrschte in so einigen Bergarbeiterfamilien. Sie wohnten ärmlich und beengt in langgezogenen Häusern aus er Franzosenzeit. Hinzu kam, dass die Männer meist im Dunkeln zu Fuß losgingen und auch zurückkamen. „Mit Karbid-Lampen mussten sie die langen steilen Wege bewerkstelligen“, so Wiese. Wer aus Bruchhausen kam, hatte gleich mehrere Berge zu bewältigen. „Erst in den letzten Jahrzehnten, etwa ab 1930, gab es einen Transport mit Omnibussen.“

Wir nähern uns der zweiten Tafel an der so genannten Plästerlegge, dem Elper Wasserfall. Wer die Straße K 16 nach Elpe weiterfährt, kommt unweigerlich an ihr vorbei. „Ich glaube, ich kenne hier jeden Stein“, sagt Kurt Wiese, der als Kind überall im Elpetal unterwegs war. „Sie können sich nicht vorstellen, was hier im Krieg los war.“ Nicht nur Elper, auch Bigger, Gevelinghauser retteten sich vor Angriffen z.B. in den Weidtmann-Stollen. Wiese ist der letzte Zeitzeuge zu diesem Thema. Sein Vater, der fuhr noch in der Grube Aurora 130 Meter im Korb runter in die Erde. „Das war nicht so komfortabel wie heute.“

Zwei weitere Tafeln in Heinrichsdorf und unterhalb vom Ferienpark Fort Fun

Ortsheimatpfleger Paul-Meinolf Wiegelmann und Jan vom Heimatverein vor der Tafel zum Bergbau in Heinrichsdorf.
Ortsheimatpfleger Paul-Meinolf Wiegelmann und Jan vom Heimatverein vor der Tafel zum Bergbau in Heinrichsdorf. © Westfalenpost | Sonja Funke

Dann geht es hoch auf den Berg: Die nächste Tafel steht mitten in Heinrichsdorf direkt hinter dem Abzweig nach Wasserfall auf dem kleinen Platz mit Zunftbaum.

Und weiter - über das Stadtgebiet Olsbergs hinaus - bis Fort Fun: Die letzte Station ist in Wasserfall an der Ferienhaus-Anlage Aurora, direkt unterhalb des Ferienparks Fort Fun. Auch die Grube dort hieß Aurora. Hier weist die Tafel zum Beispiel darauf hin, bis 1879 noch mit der Hand gebohrt wurde.

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Zu zeigen: „Hier genau war das!“, das ist den Initiatoren gerade wichtig. Denn vieles verblasst, ist nicht mehr zu sehen. So wie der Bergmannskreuzweg – Kreuze in Buchen, die Bergleute auf ihrem Nachhauseweg in die Bäume ritzten – der 1994 wieder entdeckt und nun von den Elper Schützen gepflegt wird.

Bald Hinweise auf der Seite des Bergbauwanderwegs Ramsbeck

Und wie werden nun die Besucher drauf aufmerksam? Wer unbedarft im Elpetal wandert, wird irgendwann auf eine der Tafeln stoßen, einige Waldwege wie etwa der SGV-Hauptwanderweg „Kaiser-Otto-Weg“ von Meschede kommend - und eben die Kreisstraße führen vorbei. Wer die Info-Tafeln gezielt anschauen will, soll sie in Kürze auf der Seite des Bergbauwanderwegs Ramsbeck (www.sauerländer-besucherbergwerk.de) angezeigt bekommen. Ansonsten: Einfach mal Richtung Elpe fahren, anhalten, aussteigen, lesen und Geschichte im Wald nachspüren. Innehalten, entschleunigen - passt doch super in die jetzige Zeit!