Siedlinghausen. Die Rewe-Gruppe reduziert ihr Angebot im Raum Winterberg. Der Ortsvorsteher spricht von einer Katastrophe, die Gebäudeeigentümer suchen Lösungen.

Das Gerücht kursierte bereits seit einigen Tagen, jetzt ist es Gewissheit: Der Rewe-Kaufpark in Siedlinghausen wird voraussichtlich im September 2020 schließen. Das bestätigte eine Pressesprecherin der Rewe-Unternehmensgruppe auf Nachfrage der Westfalenpost. Ein genauer Schließungstermin stehe noch nicht fest. Man sei aktuell bemüht, den betroffenen Mitarbeitern einen Arbeitsplatz in umliegenden Rewe-Märkten anzubieten. Als Begründung für die Schließungsabsichten nannte die Pressesprecherin die rückläufige Kundenfrequenz, durch die die Rentabilität des Marktes nicht mehr gegeben sei.

Der Rewe-Kaufpark in Siedlinghausen gehört wie auch der Kaufpark in Winterberg zur Michael Brücken Kaufpark GmbH & Co oHG aus Hagen. Den Angaben auf der Rewe-Internetseite zufolge unterhält sie 120 Filialen in NRW. Für Anfragen nach Schließungsgründen und Mitarbeiterzahlen stand das Unternehmen nicht zur Verfügung und verwies an Rewe Dortmund.

Eigentümer bestätigen Vertragsende

Die Eigentümer-Familie des Gebäudes in der Hochsauerlandstraße bestätigte gegenüber der Westfalenpost, dass Rewe den Pachtvertrag, der am 30. September 2020 ausläuft, nicht verlängern wolle, obwohl der Markt gute Umsatzzahlen habe.

Vollsortimenter führen im Gegensatz zu Discountern mehr Markenprodukte

Den Rewe - Ihr Kaufpark gibt es in Siedlinghausen an der Hochsauerlandstraße seit 15 Jahren. Er ist montags bis samstags von 7 bis 22 Uhr geöffnet.

Als sogenannter „Vollsortimenter“ führen die zur Rewe-Gruppe gehörenden Einkaufsmärkte eine breite Auswahl an Markenprodukten in den Bereichen Lebensmittel, Drogerie sowie Küchen- und Haushaltsartikeln.

Zusätzlich gibt es verschiedene Eigenmarken wie z.B. „ja“, Angebote von regionalen Herstellern und meistens Bedientheken für Fleisch und Käse, manchmal auch Fisch.

Als „Discounter“ bezeichnet man dagegen Märkte wie Aldi, Lidl, Penny oder Netto. Diese Märkte bieten hauptsächlich Eigenmarken und weniger Markenprodukte an. Die Präsentation der Waren ist einfacher gehalten als in den Supermärkten, wie die Vollsortimenter ebenfalls genannt werden.

Das Auslaufen des Vertrages liege darin begründet, dass Rewe neue Anforderungen an Logistik und Marktgrößen stelle und seinen Kunden künftig Märkte von mindestens 1000 Quadratmetern Verkaufsfläche anbieten wolle. Diese Fläche könne man jedoch in dem derzeit rund 700 Quadratmeter umfassenden Gebäude nicht bieten. Aus baurechtlichen Gründen gelte das Grundstück zudem als Wohn-Mischgebiet, in dem Einzelhandelsflächen von höchstens 800 Quadratmetern zugelassen seien. Daher sei kein Kompromiss mit Rewe durch einen Neubau möglich.

Eigentümer sprechen mit Interessenten

Die Eigentümer führen derzeit Gespräche mit mehreren anderen Interessenten. Ziel sei es, möglichst wieder einen Vollsortimenter (s. Infobox) nach Siedlinghausen zu holen. Da die Entscheidung von Rewe, sich aus Siedlinghausen zurückzuziehen, jedoch noch sehr frisch sei, könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mehr sagen.

Viele Siedlinghauser reagierten betroffen auf die seit Anfang der Woche in sozialen Medien geäußerten Vermutungen, dass ihr Kaufpark als einziges Lebensmittelgeschäft im Ort bis auf Bäcker und Metzger geschlossen werden soll. Im Sommer noch machte der Standort der Sekundarschule dicht, und die Volksbank kündigte das Aus für ihre Filiale an. Ende vergangenen Jahres hatte Bernd Kräling nach 35 Jahren seinen Schreibwarenladen aufgegeben, die Apotheke war bereits im Frühjahr vergangenen Jahres geschlossen worden. Zusätzlich beschäftigt die Bürger die Nachricht von der Krankenhausinsolvenz in Winterberg.

„Katastrophe für Siedlinghausen“

Ortsvorsteher Michael Mingeleers fand deutliche Worte für die Stimmung im Dorf: „Dass der Kaufpark geht, ist in eine Katastrophe für Siedlinghausen. Die Schließung nimmt vor allem den älteren Mitbürgern ohne Führerschein die Unabhängigkeit. Sie können künftig nicht mehr zu Fuß einkaufen gehen, sondern sind darauf angewiesen, dass sie gefahren werden.“ Er könne sich nicht vorstellen, dass der Umsatz der Grund für den Rückzug sei, denn das Geschäft und der Parkplatz seien sowohl von Einheimischen als auch von Touristen gut besucht.

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Man bemühe sich seitens der Kommunalpolitik, iauf den Dörfern ein möglichst familienfreundliches Umfeld zu schaffen, so Mingeleers:. „Aber dann tragen große Unternehmen ihre Profitgier auf dem Rücken der Landbevölkerung aus. Mit dem Kaufpark wird uns in Siedlinghausen wieder ein Stück Lebensqualität genommen!“