Korbach/Berndorf. Es roch nach Kläranlage, es gab vergammelte Fleischsaftreste und man fand Mäusekot und Insekten: Foodwatch zeigt Bilder, wie es bei Wilke aussah.
Die Verbraucherorganisation „Foodwatch“ hat den vertraulichen Bericht der Task-Force Lebensmittelsicherheit zum Listerienskandal bei Wilke veröffentlicht. Das Dokument beschreibt, wie schwerwiegend die Hygieneverstöße dort gewesen waren.
Eindrücke stammen vom Tag des Produktionsverbotes
In dem Bericht gibt die Task-Force Lebensmittelsicherheit in Bild und Text ihre Eindrücke aus dem Betrieb am 2. Oktober 2019 wieder, als diesem gerade die Produktion behördlich verboten worden war: Heftig kritisiert wird hier unter anderem Klaus Rohloff. Dem Wilke-Geschäftsführer sei in einer Vorbesprechung seitens der Behörden zunächst der Zusammenhang zwischen den aufgetretenen Todes- und Erkrankungsfällen durch den Listerioseausbruch Sigma 1 und den Wurstwaren seiner Firma verdeutlicht worden. Auch habe man darauf hingewiesen, dass durch die aktuellen amtlichen Umgebungsproben an den produktführenden Anlagen das weitere Vorkommen von Listerien im Betrieb nachgewiesen worden sei.
Massive hygienische und bauliche Mängel
Dem Bericht der Task-Force Lebensmittelsicherheit zufolge habe sich Klaus Rohloff insgesamt uneinsichtig gezeigt und sich aus der Besprechung noch vor Beginn des Betriebsrundgangs zurückgezogen. Auch im weiteren Tagesverlauf habe er keinen weiteren Kontakt mehr zum Kontrollpersonal gesucht. Die Task-Force schildert in dem Bericht zudem massive hygienische und bauliche Mängel: Obwohl die Zeit zwischen der Reinigung und der Kontrolle ein längeres Abtrocknen als üblich zugelassen hätte, seien beim weit überwiegenden Teil der kontrollierten Räume die Decken inklusive der dort befindlichen Rohre und Kühlaggregate feucht oder nass gewesen.
Wasser tropfte von den Decken
Von vielen Stellen sei Wasser heruntergetropft. Dies habe auch Räume betroffen, in denen offenes Fleisch oder nicht umhüllte Wurst bearbeitet worden sei.Durch die ständige Feuchtigkeit seien an vielen Stellen Biofilme, Schimmel, Rost und Kalk nachweisbar gewesen. Kondenswasser sei von verschimmelter und verschmutzter Decke in darunter stehende offene Fleischwannen getropft. Im Reiferaum fanden sich laut Task-Force-Bericht große Wasserlachen zwischen Produkten. Kondenswasser der Kühlaggregate sei in den Raum geleitet worden, es habe starke Schaum- und Biofilmbildung an der Pfütze gegeben. Beim Betreten des Raumes habe es nach Kläranlage gerochen.
Fleischsaft im Aufzug
In einem Aufzug, mit dem auch Wurst und Fleisch offen transportiert worden sei, habe man vergammelte Fleischsaftreste gefunden. Beim Öffnen der Aufzugtür sei Verwesungsgeruch wahrnehmbar gewesen. Im Kühlraum, in dem Naturdärme zum Verzehr auch offen gelagert worden seien, habe man zudem Mäusekot festgestellt.Das Gewürzlager ist dem Bericht zufolge ein Raum, der über kein Fenster verfügt und in dem eigentlich keine Insekten vorkommen dürften. Dennoch sei es dort zu Fliegenbefall gekommen. Außerdem seien an den Übergangspunkten keine Hygieneschleusen vorhanden gewesen.
Totalversagen
Die Task Force Lebensmittelsicherheit ist eine vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz eingerichtete Sondereinheit. Sie ist beim RP Darmstadt angesiedelt. Im Zuge des Listerien-Skandals bei der Firma Wilke in Berndorf wurde sie für eine Zusammenarbeit mit dem Landkreises Waldeck-Frankenberg und dem Regierungspräsidiums Kassel hinzugezogen, um die Behörden vor Ort bei den Kontrollen zu unterstützen.
Aus Sicht von Foodwatch dokumentiert der Bericht der Task-Force auch, wie die hessischen Behörden mehrfach fatale Fehlentscheidungen trafen und nicht das Notwendige taten, um die Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen. „Wenn die Angaben in dem Bericht richtig sind, handelt es sich um ein Dokument des Totalversagens – von einem Unternehmen, das schon über einen langen Zeitraum offenbar nicht in der Lage war, sichere Lebensmittel herzustellen, und von Behörden, die mehr den Betrieb als die Verbraucherinnen und Verbraucher geschützt haben“, erklärte Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker.
Die Task-Force listet in dem Bericht zehn Punkte auf, in denen Wilke-Mitarbeiter jährlich in Bezug auf Hygienefragen hätten geschult werden müssen. Zwar seien viele Mitarbeiter geschult worden, allerdings lediglich zwischen 20 und 30 Minuten lang – für eine Weiterbildung zur Zusammensetzung von Lebensmitteln, zum Lebensmittelrecht, Hygieneanforderungen, Eigenkontrollen, Krisenmanagement, Umgang mit Abfällen, Reinigung und Desinfektion, die in mindestens drei Sprachen hätten absolviert werden müssen.
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Die Task-Force kommt in ihrem Bericht zu dem Schluss, dass die erforderlichen Hygieneschulungen dementsprechend nicht nachgewiesen werden konnten.