Brilon. Ein Mitarbeiter hatte die Idee. Und die war so gut, dass die Berufsgenossenschaft dafür den Sicherheitspreis verlieh.

Egger taut den Eisberg ab. Symbolisch. Das Bild vom Eisberg steht in der Balgert für das Unfallrisiko in einem Betrieb. Häufig, so Paul Lingemann, Technischer Leiter des Sägewerks, sehen wir nur die Spitze des Eisbergs, die schweren und schwersten Unfälle: „Viele Ursachen und Wirkungen, die großen Einfluss auf das Unfallgeschehen haben, sind jedoch nicht sofort erkennbar, liegen sinnbildlich unter der Wasseroberfläche.“ Daran hat die Sägewerks-Belegschaft gearbeitet. Und dafür erhielt sie am Montag von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) den Sicherheits-Preis.

Neues Schulungsmodell entwickelt

Christian Happe, Produktionsleiter der Hobelhalle, nahm die Auszeichnung entgegen. Er war es, der vor gut einem halben Jahr den Anstoß zu einem neuen Schulungsmodell für die Bereiche Arbeitssicherheit und Prävention gab. Dabei ging es darum, die erforderlichen Informationen einfach und verständlich zusammenzufassen, dabei den Erfahrungsschatz der ‘alten Hasen’ einfließen zu lassen, Gefahrenstellen an den einzelnen Anlagen schematisch zu visualisieren.

Blick auf Egger. 1990 wurde das Spanplattenwerk in Betrieb genommen, 2008 das Sägewerk (hinten rechts). In beiden sind zusammen rund 1200 Mitarbeiter beschäftigt. Das Sägewerk hat einen täglichen Ausstoß von rund 1600 cbm Schnittholz. Es ist nach Werksangaben das größte in NRW. Links hinten Oventrop, davor Puris und Impuls, vorne in der Mitte Centrotherm und rechts ABB.
Blick auf Egger. 1990 wurde das Spanplattenwerk in Betrieb genommen, 2008 das Sägewerk (hinten rechts). In beiden sind zusammen rund 1200 Mitarbeiter beschäftigt. Das Sägewerk hat einen täglichen Ausstoß von rund 1600 cbm Schnittholz. Es ist nach Werksangaben das größte in NRW. Links hinten Oventrop, davor Puris und Impuls, vorne in der Mitte Centrotherm und rechts ABB. © Hans Blossey

In mehr als 10 Workshops wurden bisher rund 200 der 240 Mitarbeiter dafür sensibilisiert und ermuntert, im Arbeitsalltag auf potentielle Gefahrenquellen zu achten und hinzuweisen. Vorkommnisse, bei denen es noch mal gut gegangen ist - hervorgerufen durch Stress, Unwissenheit, Unsicherheit, technische Unzulänglichkeiten oder individuelles Fehlverhalten. Die Workshops, so Paul Lingemann, fanden „auf Augenhöhe über alle Hierarchien“ hinweg statt, auch die Verwaltung sei dabei nicht ausgelassen worden.

Bereits 150 Verbesserungsvorschläge

Der Erfolg stellte sich umgehend ein. Aus diesen jeweils zweistündigen Workshops heraus sind rund 150 Verbesserungsvorschläge vorgebracht worden. Von den allein die Hobelhalle betreffenden 33 Anregungen seien 90 Prozent bereits umgesetzt worden. U.a. hat die in rund fünf Metern Höhe angebrachte Sortieranlage für das Schnittholz ein neues Geländer erhalten, die Entsorgung der Holzreste wurde automatisiert, es gab Hinweise auf Stolperkanten und Hebeunterstützung für das Handling der zugeschnittenen Latten und Bretter. In diesen Workshops sei, so Paul Lingemann, „deutlich geworden, wie wichtig Mitarbeiterqualifikation und Mitarbeiterentwicklung ist, und das vom ersten Tag an und danach kontinuierlich weiter.“

Vor drei Jahren kam Mitarbeiter in Sortieranlage ums Leben

Wie Klaus Pachurka, für den Hochsauerlandkreis zuständiger Betreuer der BGHM sagte, gebe es im Bereich der BGHM bundesweit etwa 100 tödliche Arbeitsunfälle. Davon entfalle die eine Hälfte auf die Wege von und zur Arbeit. In den elf Jahren, in denen das Sägewerk in Betrieb ist, hat es nach Auskunft der Werksleitung einen tödlichen Arbeitsunfall gegeben. Im Oktober 2016 war ein 31 Jahre alter Mitarbeiter in der Rohholz-Sortieranlage ums Leben gekommen.

Für Verbesserungsvorschläge animieren

Als nächstes in Arbeit ist ein „Ideen-Ausweis“.

Das ist ein Vordruck, auf dem jeder Mitarbeiter Vorschläge notieren und seinem Schichtleiter geben kann.

Die weiteren Bearbeitungsschritte - von einer Ablehnung bis zur etwaigen Umsetzung - werden darauf von den damit befassten Stellen dokumentiert.

Prämien gibt es natürlich auch.

Wie rekonstruiert wurde, hatte er beim Betreten der Sortierbox vergessen, die Tür mit einem Karabinerhaken zu sichern. Ein damals 18 Jahre alter Auszubildender hatte alles für ok befunden und die Anlage in Betrieb genommen. Dabei war der 31-Jährige von Baumstämmen zerquetscht worden. Das Verfahren gegen den 18-Jährigen war wegen sehr geringer Schuld gegen Zahlung einer Geldstrafe eingestellt worden. Im Februar diesen Jahres war im Spanplattenwerk eine Reinigungskraft von einem Gabelstapler überfahren und tödlich verletzt worden.

Personal-Chef: Brilon Vorbild für alle deutschen Egger-Standorte

BGHM-Sprecher Pachurka: „Jeder Mitarbeiter sollte sich fünf Minuten am Tag Zeit für Sicherheit und Gesundheit nehmen.“ Das möchte auch die Sägewerks-Leitung der Belegschaft vermitteln. Dafür gibt es demnächst den „Ideen-Ausweis“. Das ist ein Vordruck, auf dem jeder Vorschläge notieren und seinem Schichtleiter geben kann. Die weiteren Bearbeitungsschritte - von einer möglichen Ablehnung bis zur etwaigen Umsetzung - werden darauf von den damit befassten Stellen dokumentiert. Prämien gibt es für gute Ideen natürlich auch.

Lingemann zu der versammelten Belegschaft: „Lasst uns gemeinsam eine Sicherheitskultur entwickeln, die uns dem Ziel null Unfälle näher bringt und wir so noch sicherer werden und bleiben.“

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Wie hoch die Egger-Gruppe das Thema Sicherheit hängt, zeigt der Besuch des für alle deutschen Werke mit ihren 3200 Mitarbeitern zuständige Personalleiter des österreichischen Familienkonzerns, Harald Dehn. Mit seinem Glückwunsch an die Initiatoren und die Belegschaft verband er die „Hoffnung, dass das hier Schule macht“