Altkreis Brilon/Arnsberg. Die Bezirksregierung Arnsberg ist nominiert für den Titel „Sprachpanscher des Jahres“, weil sie das Gendersternchen benutzt. Dafür gibt es Kritik

Wenn es um den Umgang mit der Deutschen Sprache geht, gibt es immer wieder auch besonders bemerkenswerte Fehlleistungen. Die ahndet der Negativtitel „Sprachpanscher des Jahres“. Ein möglicher Anwärter auf diese „Ehre“ ist die Bezirksregierung Arnsberg. Aktueller Preisträger ist Stefan Schostok, der Oberbürgermeister von Hannover. Er hatte seiner Behörde besondere Vorschriften verordnet: Sie soll unter anderem das so genannte Gendersternchen verwenden - dieses wird neuerdings auch intensiv von der heimischen Bezirksregierung genutzt.

Den Geschlechtern gerecht werden

In Pressemitteilungen nutzt die Behörde mit Sitz in Arnsberg das Gendersternchen beispielsweise bei „Gewinner*innen“, „Schüler*innen“ und „Fahrer*innen“. Damit wollen die Verfasser eine ihrer Ansicht nach geschlechterneutrale Sprache verwenden und somit nicht nur Männer und Frauen ansprechen, sondern neuerdings auch Transsexuelle, Transgender und intersexuelle Personen.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung befasste sich zuletzt im November 2018 mit dieser Schreibweise, die umstritten ist. Die Folge war, dass sie nicht in den Duden aufgenommen wurde und stattdessen der geschlechterneutrale Sprachgebrauch weiter beobachtet werden sollte.

Offensiver Kampf gegen Gendersternchen

Der Verein Deutsche Sprache mit Sitz in Dortmund vergibt den Titel „Sprachpanscher des Jahres“, um offensiv gegen das Gendersternchen vorzugehen. Das sorgt auch für Gegenwind. So werfen Kritiker dem Verein „intoleranten, unaufgeklärten Sprachpurismus“ vor.

Dieses Piktogramm zeigt symbolisch Mann, Frau und Intersexualität.
Dieses Piktogramm zeigt symbolisch Mann, Frau und Intersexualität. © dpa

Der Geschäftsführer des Vereins, Holger Klatte, sagt: „Für Behörden ist die amtliche Rechtschreibung verbindlich, und dort kommt der Asterisk und manch andere gendersprachliche Idee nicht vor.“ Mit dem Asterisk wird das Sternchen zwischen den Wörtern beschrieben. Klatte: „Wer gendern möchte, soll das gerne tun, aber künstliche Sprachregelungen zu verordnen, halten wir schlicht für undemokratisch und sind erstaunt darüber, wie die öffentliche Verwaltung versucht, die Sprache ihrer Bürger zu reglementieren.“

Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Die Bezirksregierung Arnsberg begründet die Verwendung des Gendersternchens mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Seit Ende des Jahres 2018 haben Menschen in Deutschland die Möglichkeit, beim Eintrag in das Personenstandsregister außer den Geschlechtern „männlich“ und „weiblich“ auch die Option „divers“ zu wählen. „Als öffentliche Verwaltung sehen wir uns auch vor diesem Hintergrund verpflichtet, sprachlich sensibel zu formulieren“, sagt Anna Carla Springob von der Pressestelle.

Anglizismus des Jahres

Das Gendersternchen steht auch bei Lesern in der Kritik. Manche fühlen sich davon im Lese- oder Sprachfluss behindert.

Auch Feministinnen, wie Alice Schwarzer, betrachten es für die Sache der Frau als sprachlichen Rückschritt.

Dafür wurde das Wort „Gendersternchen“ im Januar 2019 zum „Anglizismus des Jahres 2018“ gewählt.

Seit den 90er Jahren sei eine geschlechtersensible Sprache in der Behördenkommunikation an der Tagesordnung. Seit April 2019 verfasse die Bezirksregierung Arnsberg ihre Pressemitteilungen, aber auch Stellenausschreibungen und externe sowie interne Veröffentlichungen, in dieser Tradition - und gegebenenfalls auch mit einem so genannten Gendersternchen.

„Dies ist aus Sicht der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit die derzeit pragmatischste Umsetzung der sprachlichen Abbildung der Dritten Option, auch als „divers“ bezeichnet, sofern nicht Umschreibungen sprachlich nahe liegender sind wie Studierende anstatt Student*innen“, erklärt Springob weiter.

Andere Ansichten in den heimischen Verwaltungen

In den heimischen Verwaltungen wird diese Haltung nicht geteilt, wie Andrea Wind von der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Brilon erklärt. „Im normalen Schriftverkehr der Verwaltung kommen diese Bezeichnungen tatsächlich nicht allzu häufig vor. Allgemein gesehen handelt es sich um einen fortlaufenden Prozess. Soweit vorhanden, werden die Umschreibungen den bisherigen Formulierungen vorgezogen. Außerdem wird beispielsweise bei der Ausschreibung von Stellen der Zusatz m/w/d regelmäßig ausgewiesen. Auch bei der Neuauflage von Medien, z.B. der Internetseite, werden Umstellungen beachtet und vorgenommen. Unter anderem werden zum Beispiel „Ansprechpartner/innen“ dann „Ansprechpersonen“ genannt.“ So halten es auch die beiden Städte Hallenberg und Winterberg.

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Auch die Stadt Olsberg setzt in ihren Publikationen auf die Ansprache von Bürgerinnen und Bürgern – also die Verwendung von beiden sprachlichen Geschlechtsformen. „Bei Stellenanzeigen ist es selbstverständlich, dass ausdrücklich die Formulierungen „m“ für männlich, „w“ für weiblich und „d“ für divers genutzt werden“, sagt Jörg Fröhling von der Presseabteilung der Stadt Olsberg. Und weiter: „Gleichberechtigung zeigt sich im Alltag und im Umgang, nicht durch ein Gendersternchen.“

Journalistischer Nachrichtenstil

Bei der Kreisverwaltung im Hochsauerland verhält es sich genauso. Die Pressestelle halte sich weiterhin an die bisherige Verfahrensweise. Pressesprecher Martin Reuter sagt: „Wir schreiben für die Zielgruppe - und Zielgruppe sind die Medien. Unsere Informationen folgen daher dem typischen journalistischen Nachrichtenstil.“