Hallenberg/Fuerteventura. Anna-Lena Groß hat „Goodbye Hallenberg“ gesagt und lebt auf Fuerteventura. Bekannt ist sie auch durch die TV-Serie „Goodbye Deutschland“ (VOX).

Von der kleinsten Stadt im Sauerland zur zweitgrößten Insel der Kanaren: Anna-Lena Groß aus dem sauerländischen Hallenberg hat auf Fuerteventura ihr Glück gefunden – und einen Friseursalon eröffnet. Mitgemacht hat sie auch bei der Auswanderer-Doku „Goodbye Deutschland“ des TV-Senders VOX.

Neid. Blanker Neid. Das Thermometer auf der spanischen Ferieninsel Fuerteventura zeigt mitten im Oktober muntere 26 Grad. Während die Menschen in Deutschland an die Winterreifen denken und gegen die erste Erkältungswelle ankämpfen, würde Anna-Lena Groß heute in der Mittagspause eigentlich eine kleine Abkühlung im Atlantik nehmen. Aber heute ruft ja der Reporter aus Deutschland an. Und daher sitzt sie nur im Schatten und erzählt, wie sie aus der kleinsten Stadt Nordrhein-Westfalens auf die zweitgrößte Insel der Kanaren gekommen ist.

Bekannt aus „Goodbye Deutschland. Die Auswanderer“

Anna-Lena Groß ist einem breiten Fernsehpublikum bekannt. Bereits zweimal hat ein Filmteam des TV-Senders VOX sie wochenlang begleitet. Denn die 32-Jährige war eine der Protagonistinnen in der Doku-Serie „Good bye Deutschland. Die Auswanderer“. Es geht um Menschen, die fern der Heimat angekommen sind. Manche haben es im Ausland geschafft. Manche nicht. Die Hallenbergerin ist ein Beispiel dafür, dass der Traum vom Auswandern funktionieren kann – wenn auch vielleicht nicht für immer. „Nach jedem Heimatbesuch fällt es mir schwerer, wieder zurück zu fliegen. Aber bin ich in Hallenberg, vermisse ich das Meer. Bin ich hier in Spanien, sehne ich mich nach den tiefen Wäldern. Man kann nicht alles haben.“

Aus der Auszeit wurde eine Langzeit

Weil 2010 die Beziehung zu ihrem Freund in die Brüche geht, braucht die Friseurin, die in Winterberg arbeitet, dringend eine Auszeit und Tapetenwechsel. Eine Freundin, die damals im Robinsonclub beschäftigt ist, sagt: ,Komm doch einfach für eine Zeit zu mir.‘ Ihr Chef stellt Ana-Lena für ein halbes Jahr frei, sie lässt zu Hause alles liegen und stehen und arbeitet in dem Club an der Rezeption. Irgendwann macht ihr ein Hoteldirektor, dem sie schon mal die Haare geschnitten hat, ein verlockendes Angebot. Sie kann sich selbstständig machen und in einem großen Hotel einen Friseursalon aufmachen. „Man hat mir anfangs finanziell unter die Arme gegriffen und so habe kam ich zu meinem ersten eigenen Salon: „Art of Hair by Anna-Lena“ im 300-Zimmer-Hotel Sensimar Calypso direkt am Strand.

Anna-Lena Groß in ihrem Salon „Art of Hair“ auf Fuerteventura.
Anna-Lena Groß in ihrem Salon „Art of Hair“ auf Fuerteventura. © privat

„Das erste Jahr habe ich kaum ein Wort spanisch gesprochen. Aber als ich mich dann selbstständig gemacht hatte und mit meinem neuen Freund zusammen war, der auch Spanier ist, habe ich die Sprache so gelernt, wie sie hier im Alltag gesprochen wird. Es hat allerdings fast zwei Jahre gedauert, bis ich mich getraut habe.“ Mit vielen ihrer Kunden spricht sie deutsch, englisch oder französisch. Aber das Spanische geht ihr inzwischen so gut von den Lippen wie einer Einheimischen. Und die sympathische Sauerländerin, die zu Hause von der F-Jugend bis zu ihrem 17. Lebensjahr Fußball gespielt hat (Trainer war ihr Papa), kennen bald viele auf der Insel. So auch ein Ärzteehepaar, das vor einigen Jahren ebenfalls bei der VOX-Doku „Goodbye Deutschland“ mitgemacht und das Redaktionsteam auf die Friseurin aufmerksam gemacht hat.

Trotz Wärme fehlt ein bisschen die Nestwärme

Immer wieder denkt Anna-Lena Groß darüber nach, ob es die richtige Entscheidung war, auf der Ferieninsel Wurzeln zu schlagen. „Ich bin nach wie vor sehr heimatverbunden. Wenn ich dort ankomme, bin ich auch sofort wieder daheim. Wenn es jemandem in meiner Familie schlecht ginge, dann würde ich vermutlich zurückkommen. Aber das Leben hier ist schon ganz anders“, sagt sie. Nicht nur die 22 Kilometer breiten Sandstrände und der ewige Frühling machen den Alltag angenehmer. „Viele meiner Kunden verbringen hier ihren Urlaub. Das heißt: sie sind von vornherein entspannter. Aber auch die Einheimischen sind lockerer drauf. Davon könnten wir uns in Deutschland eine Scheibe abschneiden. Ich arbeite hier genauso viel, wie zu Hause. Aber wir machen mittags zwei Stunden Siesta.“ Dann sei es trotz des ständigen Windes einfach zu heiß, die Konzentration lasse nach und es tue gut, mal eben ins Meer zu springen oder mit dem Husky („Der ist hier geboren und hat viel weniger Fell als ein Husky in Deutschland“) und dem Cockerspaniel eine Runde am Strand spazieren zu gehen.

Auf Heimaturlaub

Auf ihre Teilnahme in der VOX-Doku „Goodbye Deutschland“ wird die 32-Jährige immer wieder angesprochen. „Jeder dritte Kunde oder Gast kommt auf das Thema und immer wieder gibt es Leute, die ein Foto mit mir machen möchten.“

Auf der Reise vom Heimaturlaub in Hallenberg zurück nach Fuerte lässt Anna-Lena Groß immer fünf bis sechs Kilo Platz z.B. für Drogerieprodukte, von denen die Auswahl in Spanien kleiner ist. Auf dem Weg zum Flughafen wird noch Brot gekauft.

Hallenberg oder Fuerteventura? „Ja, klar hat beides etwas für sich. Im Sauerland werden abends die Bürgersteige hochgeklappt. Hier trifft man sich nach Feierabend, man geht noch mal raus, sitzt lange draußen. Und ich brauche nicht zu kochen, weil alle im Hotel essen können.“ Andererseits sei das Essen meistens frittiert und mit viel Öl zubereitet. Das schmecke zu Hause schon anders. Alles hat eben seine Vor- und Nachteile.

Die Spanier und die Pünktlichkeit

„Die Spanier sind zum Beispiel wahnsinnig unpünktlich. Wenn ein Spanier bei mir im Friseursalon einen Termin für 16 Uhr hat, dann kommt er generell nicht vor 16.15 Uhr. Das bringt im Laufe des Tages meinen ganzen Zeitplan durcheinander. Und wenn ich von vornherein denke, den plane ich eine Viertelstunde später ein, dann kommt er erst um 16.30 Uhr. Die Deutschen sind übrigens schon zehn Minuten vor dem Termin da.“ Im Gegenzug gefällt ihr aber die Entspanntheit der Spanier und dass sie nicht so in Schubladen denken, wie viele Deutsche.

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17 Euro fürs Haareschneiden oder 36 für Waschen, Schneiden, Föhnen – das ist ein passabler Durchschnittspreis, in dem oft auch die psychologische Beratung und das offene Ohr bei Problemen inbegriffen sind. „Außerdem ist auch hier ist der Friseursalon ein Umschlagplatz für Neuigkeiten aller Art. Ich bekomme oft als Erste mit, wo eine Wohnung frei ist oder wenn jemand einen neuen Job sucht bzw. einen Mitarbeiter braucht.“

Lange Strände, Sonne und Meer - was will man mehr? Fuerteventura ist bei Urlaubern sehr beliebt.
Lange Strände, Sonne und Meer - was will man mehr? Fuerteventura ist bei Urlaubern sehr beliebt. © www.luftbild-blossey.de

Die Mietpreise auf der Insel sind relativ hoch, weil viele lieber an Feriengäste vermieten. „Aber ich habe noch einen relativ alten Mietvertrag und eine schöne Wohnung nur zwei Minuten bis zum Strand.“

Da ist er wieder dieser Neid beim Blick aus der Sauerländer Redaktionsstube. „Sie könnten einen Drogeriemarkt aufmachen. Denn so etwas gibt es hier überhaupt nicht. Man kann zwei Sorten Deo im Supermarkt kaufen – und das war’s“, rät die Hallenbergerin am Telefon. Auch in puncto Brot und Brötchen vermisse sie ein herzhaftes Körnerbrot oder mal ein Schwarzbrot. Der Reporter künftig als Bäcker auf Fuerteventura mit einem Stand für Deos und Co.? Goodbye Deutschland? Man sollte darüber nachdenken. Oder vielleicht stellt Anna-Lena Groß noch jemanden ein, denn inzwischen hat sie in einem Iberostar-Hotel einen zweiten Salon aufgemacht.

Liebe Grüße aus dem Sauerland nach Fuerte und je nach Blickwinkel schönes Fern- oder Heimweh!