Marsberg. Etliche Bäume in Marsberg tragen in bunten Farben selbst gestrickte Schals oder einen Pullover um ihren Stamm. Was und wer steckt dahinter?
Wenn die Mitarbeiter oder Besucher der Marsberger Einrichtungen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) ihr Auto auf dem LWL-Parkplatz an der Mühlenstraße abstellen und über den Parkplatz zu ihrem Arbeitsplatz gehen, dann lächeln sie meistens. „Ich brauche nur einen Blick auf die bunten Baumpullover zu werfen und schon habe ich gute Laune“, sagt eine Mitarbeiterin auf ihrem Weg quer über den Parkplatz.
Etliche Bäume auf dem Parkplatz tragen die in bunten Farben selbst gestrickten Schals wie einen Pullover um ihren Stamm. Schon von weitem fallen die gelb-rot-grün-weiß und kunterbunt geringelten Baumpullover ins Auge. Gestrickt hat sie Maria Gödde.
Die Bäume auf dem LWL-Parkplatz in Marsberg tragen Baumpullover
Ihre Sache ist es nicht, einfach nur so die Hände in den Schoß zu legen und nichts tun. Die 81-Jährige greift lieber zu ihren Stricknadeln. Denn Stricken ist ihre ganz große Leidenschaft und wann immer sich die Gelegenheit ergibt, strickt sie. Ob in ihrem Zuhause, einer eigenen Wohnung im LWL-Wohnverbund in MarsberBernd SchulzDiplö.-Sozialarbeitereg oder während der Angebote des Ambulant Betreuten Wohnen (ABW) im Wohnverbund.
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Fast jeden Tag strickt sie, vorzugsweise am Abend und vorzugsweise Schals. Entweder in zwei rechts, zwei links oder glatt rechts. Das heißt: Eine Reihe rechte Maschen, die Rückreihe linke Maschen. Nach zwei bis drei Tagen ist ein Knäuel Wolle zu einem kleinen Schal gestrickt.
Maria Gödde, Klientin des Ambulant Betreuten Wohnens, strickt und strickt
Doch all die Schals kann auch sie nicht tragen. Diplom-Sozialpädagoge Bernd Schulze vom ABW hatte die witzige Idee. „Ich habe mal irgendwo gesehen, dass mit solchen bunten Strickschals die Straßenlaternen umwickelt waren“, erzählt er im Gespräch mit der WP.
Nur einen Monat braucht sie, dann hat Maria Gödde einen Wäschekorb voll Teilstücke gestrickt. „Die bringen wir dann in die Tagesförderstätte des LWL-Wohnverbundes Marsberg“, so der Diplom-Sozialpädagoge. Dort werden die Strickwerke dann zu einem langen bunten Schal zusammengenäht. Der passt genau um einen Baumstamm. Der erste Schal kam um den Baumstamm vor dem „Haus Kleffner“ des ABW.
Wäschekörbe voll Schals werden in der Tagesförderstätte zusammengenäht
„Die anderen Bäume in der Nachbarschaft durften wir leider nicht mit einem Baum-Schal-Pullover umwickeln“, bedauert Bernd Schulze, weil sie auf öffentlichen Flächen stehen. Da kam ihm und seiner Kollegin Yvonne Günther wieder eine gute Idee: Auf dem LWL-Parkplatz an der Mühlenstraße stehen ja jede Menge Bäume. Sie stehen dort schon ziemlich lange und haben (einige hatten) einen langen, kahlen Stamm.
Der LWL-Wohnverbund
Der LWL-Wohnverbund Marsberg ist eine Förder- und Wohneinrichtung für Menschen mit Behinderung.
An zwei Standorten in Marsberg, aber auch über die Stadtgrenzen hinaus werden Menschen mit geistiger Behinderung, mit chronischer psychischer Erkrankung und Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen im Rahmen der Eingliederungshilfe betreut und gefördert.
Der Wohnverbund besteht aus stationären und teilstationären Einrichtungsstellen sowie ambulanten Diensten.
In Wohngruppen werden momentan mehr als 300 stationäre Plätze vorgehalten. Im Ambulant Betreuten Wohnen werden etwa 170 Klientinnen und Klienten betreut.
Bernd Schulze: „Gemeinsam haben wir dann unter Aufsicht der Strickerin die hübschen Baumpullover um die Baumstämme gewickelt.“ Zuerst habe Maria Gödde nur ungläubig den Kopf geschüttelt. „Was macht der Schulze da für Blödsinn“, habe sie nur gesagt. als sie ihre Strickwaren an den Baumstämmen sah.
Inzwischen ist sie aber richtig stolz darauf. Auch weil ein Artikel über sie und die Aktion in der Wohnverbund-Zeitung zu lesen war. „Gerade jetzt im Herbst, wenn die Blätter von den Bäumen fallen, bleibt mit den Schals doch etwas Buntes für die dunkle Jahreszeit erhalten“, so Bernd Schulze. Und zaubert weiter lächelnde Gesichter.