Altkreis. Nach wie vor engagieren sich nur wenige Frauen in der Kommunalpolitik. Wir haben gefragt: Wie weiblich sind die Stadträte im Altkreis Brilon?
Kommunalpolitik ist bei uns im Altkreis Brilon offenbar nach wie vor eine Männerdomäne: Auf die beste Frauenquote in ihrem Stadtrat kommt die kleinste Stadt: In Hallenberg sind fünf von 21 Ratsmitgliedern weiblich, das entspricht einem Anteil von fast 24 Prozent. Den mit Abstand kleinsten Frauenanteil im Vergleich der sechs Altkreis-Städte hat der Rat der Stadt Winterberg: Nur zwei von 33 Mitgliedern, also sechs Prozent, sind weiblich. Ganz schön wenig, zumal im HSK und den einzelnen Städten etwa gleich viele Männer und Frauen leben.
Einzige Frau in der CDU-Fraktion Winterberg
Seit fast zwanzig Jahren engagiert sich Gisela Quick für die CDU im Winterberger Stadtrat. Sie erinnert sich: „Ich bin seit 1999 im Rat. Damals war ich aber wohl mehr so die Quotenfrau“. Inzwischen ist sie aber viel mehr als das und bringt jede Menge kommunalpolitischen Sachverstand und Erfahrung mit. Die 68-Jährige würde sich sehr freuen, wenn sich mehr Frauen – auch jüngerer Jahrgänge - für die Kommunalpolitik begeistern würden. Aktuell ist sie die einzige Frau in der 17-köpfigen CDU-Fraktion. Das sei HSK-weit die schlechteste Frauenquote in einer CDU-Rats-Fraktion, so die Christdemokratin. Als weitere Frau gehört Jutta Ittermann (SPD) dem Winterberger Parlament an. Alle weiteren 31 Mitglieder sind Männer.
Weibliche Sichtweise
Neun von 39 Ratsmitgliedern sind in Brilon Frauen – jeweils vier gehören der CDU und vier der SPD-Fraktion an, eine der BBL. Beide FDP-Abgeordnete sind männlich, ebenso der „Linke“-Stadtvertreter. Unterm Strich kommt der Briloner Rat so auf eine Frauenquote von ca. 23 Prozent. Eine dieser Frauen ist Christiane Kretzschmar (BBL). Sie engagiert sich seit über 30 Jahren in der Briloner Kommunalpolitik. Die 64-Jährige hat drei erwachsene Kinder, arbeitet als Gestalt- und Paartherapeutische Beraterin, leitet Schreibwerkstätten, ist Trauerbegleiterin und Beerdigungsrednerin. Sie ist sicher: „Eine weibliche Sichtweise wirkt sich in allen gesellschaftlichen Bereichen und natürlich auch in der Kommunalpolitik positiv aus. Dabei können es durchaus auch Männer sein, die diese Haltungen vertreten. Ich habe zum Beispiel auch umgekehrt die Erfahrung gemacht, dass politisch tätige Frauen ausgesprochen männliche Betrachtungsweisen einnehmen.“
Der Ton ist manchmal sehr rau
Auf jeden Fall möchte die Brilonerin, die übrigens dienstältestes Stadtratsmitglied ist, Frauen ermutigen, sich aktiv in die Kommunalpolitik einzumischen und auch zu selbst für Ämter zu kandidieren. „Gerade Frauen sind heute noch gezwungen, unterschiedliche Bereiche wie zum Beispiel Beruf, Familie und Kinder zu koordinieren und vielfältigen Herausforderungen gleichzeitig gerecht zu werden. Das führt meistens zu einer klaren Arbeitsstruktur und schult den gesunden Menschenverstand. Das ist für mich ein Merkmal weiblicher Haltung. Zudem kommt meistens ein wertschätzender Blick auf Mensch, Natur und Umwelt. Diese weibliche Herangehensweise sollte in der Politik viel häufiger vertreten sein. Es tut gut, sich am richtigen Ort für die Dinge einsetzen zu können, die man für wichtig erachtet. Das war immer mein Antrieb.“
Als sehr unangenehm empfindet Christiane Kretzschmar allerdings die häufig sehr aggressiv und unsachlich geführten Auseinandersetzungen im politischen Raum. „Das mag ein Grund sein, der so manche Frau abschreckt, sich in die Löwengrube zu begeben. Ich habe während meiner langen Ratstätigkeit einige Frauen aus anderen Fraktionen erlebt, die aus diesem Grund wieder aufgegeben haben.“
Auch interessant
Vor Ort etwas bewegen
Jutta Schröder-Braun aus Erlinghausen engagiert sich seit 2008 als Ratsmitglied für die Marsberger SPD. Sie ist eine von fünf Frauen im Rat der Diemelstadt (drei CDU, zwei SPD). Ihre Motivation: „Ich möchte an der Politik in meiner Heimatstadt mitwirken. Hier vor Ort kann ich etwas bewegen, kann man meine Meinung sagen und mitbestimmen.“ Die 56-Jährige hat drei inzwischen erwachsene Kinder und arbeitet als Friseurin.Sie wünscht sich, dass sich mehr Frauen politisch engagieren und ist sicher, dass manches Problem dann ganz anders angepackt würde: „Frauen sehen manche Dinge anders, unkomplizierter als Männer. Und als Hausfrau, Mutter und Berufstätige weiß ich von mir selbst, dass Zeit heute ein großer Luxus ist und so bin ich überzeugt, dass Frauen versuchen, Dinge schneller und effizienter zu und auch mal parteiübergreifend zu regeln, um vor Ort das Beste zu erreichen.“ Sie möchte auch andere Frauen ermutigen, sich zuzutrauen, auch ein politisches Amt zu übernehmen. Sie versichert: „Ich habe es nicht bereut. Es macht sehr viel Spaß und man hat die Chance, auch mal aus weiblicher Sicht etwas bewegen.“ Sie macht aber auch deutlich: „In der Politik fehlen uns nicht nur Frauen, sondern vor allem auch junge Leute.“
Andere Herangehensweise
Christa Hudyma aus Medebach ist sicher: „Wenn sich mehr Frauen in der Politik engagieren würden, gebe es mehr Sach- statt Parteipolitik und viele Themen würden ganz anders diskutiert.“ Die 57-jährige ist seit 16 Jahren für die FWG im Medebacher Stadtrat. Die Fraktion der Freien Wähler hat übrigens mit zwei weiblichen und zwei männlichen Vertretern ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis. Christa Hudyma ist auch Mitglied im Regionalrat und Bundesschatzmeisterin der Freien Wähler. Gerade in der Kommunalpolitik sieht sie viele Themenfelder wie zum Beispiel im Kita- und Schulbereich, die ganz anders bearbeitet und diskutiert würden, wenn mehr Frauen in den Entscheidungsgremien vertreten wären.
Der Hallenberger Stadtrat kommt im Altkreis Brilon auf den höchsten Frauenanteil: Fünf von 21 Ratsmitgliedern sind weiblich; vier Frauen gehören der CDU, eine den Bürgern für Hallenberg (BfH). Die zweiköpfige SPD-Fraktion ist männlich. 33 Mitglieder gehören dem Olsberger Kommunal-Parlament an, darunter sind fünf Frauen, vier von der CDU, eine von der SPD. Erstaunlich: Für die Grünen, für die die Gleichberechtigung zu den politischen Kern-Themen zählt, arbeiten drei Vertreter im Stadtrat mit – eine Frau ist nicht dabei.
Frauenquote im Kreistag: 13 Prozent
Auch der Kreistag ist sehr männlich besetzt. Von den 54 Mitgliedern sind nur sieben weiblich. Das macht eine Frauenquote von 13 Prozent. Verteilt auf die Fraktionen sieht das so aus: CDU: vier Frauen (von 28 Mitgliedern); SPD: 2 Frauen von insgesamt 14 Vertretern; Bündnis 90/Die Grünen: Eine Frau, drei Männer; FDP: drei Männer; Die Linke: zwei Männer. SBL: zwei Männer. Außerdem gibt es im Kreistag ein männliches, fraktionsloses Mitglied.