Brilon. Vor dem Amtsgericht in Brilon muss sich ein 37 Jahre alter Gastronom verantworten. Ein Amtsanwalt bezeichnet den Strafbefehl als „ein Geschenk“.
Der Strafbefehl über 120 Tagessätze zu je 30 Euro sei „ein Geschenk“ gewesen, meinte Oberamtsanwalt Pente. So günstig komme er nicht ansatzweise weg, selbst wenn sich in einer Beweisaufnahme nur ein Bruchteil der Vorwürfe bestätigen sollte.
Insgesamt 49.483,41 Euro Sozialversicherungsbeiträge - 23.931,28 Euro Arbeitgeber- sowie 25.552,13 Arbeitnehmerbeiträge - soll ein 37 Jahre alter Gastronom über einen Zeitraum von rund zweidreiviertel Jahren nicht abgeführt haben. Weil der Wirt gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte, kam es am Amtsgericht Brilon zur Hauptverhandlung.
Zeugenaussagen nicht erforderlich
Gut ein halbes Dutzend der ehemaligen Service-Kräfte war dazu als Zeugen geladen worden. Aussagen brauchten sie jedoch nicht. Nachdem sowohl der Vertreter der Staatsanwaltschaft wie auch Richter Härtel dem Angeklagten ins Gewissen geredet hatten - Härtel: „Ich will Sie nur davor bewahren, dass es teurer wird.“ - lenkten der Wirt und sein Verteidiger, Rechtsanwalt Hölter, ein. Wenn auch nur unter dem ausdrücklichen Hinweis, dass die zur Rede stehenden Summen „völlig aus der Luft gegriffen“ seien und „nicht ansatzweise stimmen“.
Strafmaß bliebe unverändert
Aber da sich laut Hinweis des Richters und des Staatsanwaltes selbst bei einem per Beweisaufnahme herauskommenden Betrag von drei- bis viertausend Euro an dem Strafmaß nichts ändern würde, hielt Verteidiger Hölter es sinnvoll, den Einspruch zurückzunehmen und den Strafbefehl zu akzeptieren.
Damit könnte weiteres Ungemach auf den Gastronomen zukommen. Denn nur bis zu einer Höhe von 90 Tagessätzen - bei erstmaliger Verurteilung - wird eine Geldstrafe nicht ins polizeiliche Führungszeugnis aufgenommen, sondern lediglich im Bundeszentralregister notiert. Das jedoch ist nicht für jedermann einsehbar. Bei 120 Tagessätzen, so Richter Härtel zu dem Gastronom, werde es „Probleme mit der Gewerbeaufsicht geben“. Die diversen Sozialversicherungsträger - angeklagt waren 46 Fälle in mehreren Rechtskreisen mit in der Regel jeweils mehreren betroffenen Mitarbeitern - können nun versuchen, die vorenthaltenen Beträge nachzufordern.
Chaos bei der Buchhaltung
Verteidiger Hölter sagte, dass es damals ein gewisses Buchhaltungschaos gegeben habe. Daran hätten alle Beteiligten Anteil gehabt.
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Auch das Finanzamt. Das sei der Ansicht gewesen, dass viel mehr Mitarbeiter im Service tätig gewesen sei müssten als tatsächlich angemeldet. Anhaltspunkt dafür: der Kaffee-Einkauf. Bei 7,5 Gramm Kaffeemehl pro Tasse könnten die Mitarbeiter diese Mengen gar nicht serviert haben. Diese Berechnung stimme gar nicht, wandte der Verteidiger ein. Laut Hersteller dosiere der Kaffeeautomat jede Tasse mit 11,5 Gramm. Der Gast wird das vollere Aroma zu schätzen gewusst haben...