Düdinghausen. Vom Schäfchen zum Pulli – mit neuen und alten Spinnrädern kann man in Düdinghausen demnächst Spinnen lernen. Und viel über Redensarten lernen.

Spinnen am Abend erquickend und labend, Spinnen am Morgen bringt Kummer und Sorgen. Dieses Sprichwort handelt mitnichten von achtbeinigen Tieren, sondern vom Wollespinnen.

Denn Spinnen war eine Arbeit für den Eigenbedarf oder ein Zubrot. „Wer es zu früheren Zeiten schon am Morgen oder tagsüber machen musste, war in finanzieller Not“, erklärt Annegret Eickhoff.

Am Abend oder im langen Winter in einer gemütlichen Stube hingegen ist Spinnen eine schöne, fast meditative Tätigkeit. Eine, die die Gruppe der Spinnefrauen aus Düdinghausen seit 2014 unbedingt erhalten will. „Beflügelt hat uns kürzlich der Heimatscheck“, freut sich Eickhoff.

Mit den 2000 Euro aus diesem Landes-Fördertopf haben sie drei neue Spinnräder und andere Materialien gekauft.

Für interessierte Einsteiger gibt es außerdem im November im Museum Pastorenscheune einen dreitägigen Kurs, in dem das uralte Handwerk erlernt werden kann. Der ist zwar nach einer Infoveranstaltung am Wochenende bereits mit fünf Frauen und einem Mann voll – Interessierte können sich aber weiterhin melden, weil auf den Kurs im Idealfall aufgebaut wird.

Schnell erste Erfolgserlebnisse

Doppel- oder einfädiger Antrieb, Spule, Haspel… wie jedes Handwerk kennt das Spinnen Fachbegriffe. „Aber man braucht dafür kein Studium, es funktioniert auch mit etwas Anleitung und Ausprobieren. Man hat nach kurzer Zeit Erfolgserlebnisse“, verspricht Dagmar Padberg, die auch zu den Spinnefrauen gehört.

Förderung aus der Landeskasse

Der Spinnkurs ist das neueste Projekt des Heimatvereins Düdinghausen. Regierungspräsident Hans-Josef Vogel hatte kürzlich dem Verein und den Spinnefrauen einen Heimatscheck über 2000 Euro für das Projekt „Im Netzwerk gemeinsam spinnen“ überreicht.

Mit dem Heimatscheck fördert das Land NRW kleine Projekte mit kleinen Summen; das Antragsverfahren ist laut Land dafür besonders einfach.

Sie selbst spinnt nicht nur leidenschaftlich gern, sondern besorgt sich auch das Rohmaterial oft selbst. „Viele Schafhalter wissen nicht mit der Wolle wohin oder müssen sie sogar kostspielig entsorgen.“

Das liegt nicht zuletzt daran, dass die heimische Wolle den Ruf hat, kratzig zu sein. „Unmittelbar auf der Haut mag das stimmen. Aber wenn Sie eine Jacke oder Weste draus machen, stört das kein bisschen. So ein Kleidungsstück ersetzt jede Funktionsjacke“, findet Dagmar Padberg.

Jedes Schaf ist unterschiedlich kratzig

Und bricht gleich noch eine Lanze für die heimische Schafwolle: „Es liegt auch nicht nur an der Rasse. Mein Nachbar hat fünf Schafe und jedes hat ein anderes Fell. Ob die Wolle also kratzt, hängt auch vom einzelnen Tier ab.“

Die Arbeit schon mit dem Vlies, also direkt ab Schaf, zu beginnen, ist allerdings eine aufwendige und auch schmutzige Angelegenheit mit viel Waschen, Zupfen und Kämmen. Wer sich das sparen möchte, kann spinnfertig aufbereitete Wolle kaufen.

Vorbereitete Schafwolle empfehlen die Expertinnen zum Einstieg, weil sie besonders leicht zu verspinnen ist. Fortgeschrittene können auf dem Spinnrad alles verarbeiten, was sie mögen: andere Wollarten wie Alpaka, Mischgewebe, Flachs, Seide oder – im Trend – Bambusfaser.

Alle Materialien gibt es zum Beispiel online in Natur- und allen denkbaren künstlichen Farben zu kaufen. In Hallenberg gibt es auch ein Unternehmen, das sich auf die Verarbeitung von Wolle spezialisiert hat.

Ein Schaf ergibt 30 Strümpfe

Der gesponnene Wollfaden wird auf eine Spule gewickelt, für ein fertiges Garn werden von diesen Fäden dann zwei oder drei zusammengedreht, je nach gewünschter Garndicke und Verwendungszweck.

Wie viele Paar Strümpfe man aus der Wolle eines Schafs stricken kann? Annegret Eickhoff überschlägt rasch: „Geht man davon aus, dass das Schaf etwa drei Kilo verwendbare Wolle liefert und man von einem Kilo Garn fünf Paar Strümpfe stricken kann – etwa 15 Paar.“

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Das eingangs erwähnte Sprichwort ist übrigens nicht die einzige sprachliche Erinnerung an die viele Jahrzehnte praktisch ausgestorbene Handarbeit des Spinnens. Auch das Wort Verhaspeln stammt aus dieser Quelle. Das passierte nämlich leicht, wenn man beim Zählen der Umdrehungen der Haspel durcheinander kam. Verhindern konnte man das schon damals mit einem alten Knacker – so nennt man ein einfaches Zählwerk an der Haspel, das alle 60 Umdrehungen laut knackt.