Winterberg. Firmenchef mit 15: Finn Luis Tielke hat mit Unterstützung seiner Eltern ein Unternehmen gegründet – und eine spezielle Zielgruppe im Visier.

„Coworking… was’n das?“ Das hört Finn Luis Tielke öfter, wenn er seine Geschäftsidee Fremden vorstellt. Dann erklärt er, dass damit professionell ausgestattete Computer-Arbeitsplätze gemeint sind, die man tageweise oder dauerhaft mieten kann.

Die Mieter bringen ihren eigenen Laptop mit und erhalten ein modernes, immer sauberes Büro mit Schreibtisch, Stuhl, Monitor, schnellem Internet, Pausen- und Besprechungsräumen und Getränken.

Eben alles, was zu einem Büroplatz in einer Firma auch gehört – bloß dass Mieter eines Coworking-Platzes meist entweder im Homeoffice arbeiten oder selbstständig sind. Denen ein eigenes Büro vielleicht zu teuer ist, die aber trotzdem ihre Kunden nicht am eigenen Küchentisch empfangen möchten.

Vortrag lieferte die Inspiration

Coworking-Räume sind in größeren Städten längst verbreitet. Ungewöhnlich sind sie noch in Winterberg und ungewöhnlich ist auch, dass der Gründer hier ein 15-jähriger Gymnasiast ist.

Er hatte im Frühjahr einen Vortrag von Prof. Dr. Ewald Mittelstädt von der Fachhochschule Meschede gehört, in dem auch von Coworking Spaces die Rede war. „Das wär doch was“, dachte er sich.

Was Finn Luis enorm geholfen und seinen Plan möglich gemacht hat, ist die Tatsache, dass seinen Eltern Sonja Sommer und Michael Tielke eine Werbeagentur samt dem Haus drumherum gehört und dort ein passender Bereich frei war.

Trotzdem legt er Wert darauf, dass das Projekt seine Idee war und er es auch im Rahmen der Möglichkeiten eines 15-Jährigen selbst umgesetzt hat. Die Grobversion des 25-seitigen Businessplans hat er selbst verfasst, er zahlt Miete für die Räume an seine Eltern und hat sein gesamtes Erspartes, einen niedrigen vierstelligen Betrag, in die Möbel und Ausstattung investiert. Vom Schreibtischstuhl bis zur Topfpflanze sind alle Einrichtungsgegenstände auch selbst ausgesucht.

Auch Touristen als Zielgruppe

Nun hofft er, dass sich seine künftigen Kunden in den Räumen wohlfühlen werden. Sieben Arbeitsplätze in drei Büros gruppieren sich um einen zentralen Aufenthaltsraum, eine Erweiterung auf 20 Plätze ist mittelfristig angedacht. „Das Kundeninteresse ist erfreulich hoch“, sagt Vater Michael Tielke.

Am 27. September wird eröffnet. Vier der sieben Arbeitsplätze und ein größerer Raum sind schon dauerhaft vermietet. Die Dauermieter können neben dem Coworking Space auch andere Extras der Werbeagentur von Finn Luis’ Eltern nutzen, zum Beispiel den firmeneigenen Fitnessraum.

Eröffnung mit Fachvorträgen

Die Coworking Lounge liegt in der Wernsdorfer Straße 1 in der Winterberger Kernstadt.

Parallel zur Eröffnung am 27. September findet eine Infoveranstaltung statt. Ab 9.30 Uhr halten Fachleute Vorträgen über Herausforderungen digitaler Arbeit, unter anderem über Spam-, Viren- und Hackerschutz, künstliche Intelligenz in der Werbung, Mitarbeiter- und Kundengewinnung, Datenverwendung und soziale Medien.

Bisher kommen alle Kunden aus der Umgebung, aber der junge Gründer hat eine weitere Zielgruppe im Visier: Touristen. Auf die Idee hat ihn wiederum das Team von Professor Mittelstädt gebracht, mit dem er sich ausgetauscht hat.

„Viele Touristen haben ja vielleicht gar keine Lust, sich mit Tausenden anderen auf der Skipiste zu drängeln. Die könnten dann zum Beispiel montags vormittags, wenn die Pisten leer sind, wunderbar Ski fahren und zu den Stoßzeiten an den Liften hier in Ruhe stundenweise arbeiten.“

Workation nennt sich das, eine Zusammenziehung aus Work und Vacation, also Arbeit und Urlaub. Infomaterial dafür ist im Druck, das will Finn Luis bald in Hotels und Ferienparks verteilen.

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Drei Jahre muss er sich noch gedulden bis zur Volljährigkeit. Solange bleibt seine Coworking-Lounge nominell ein Teil des elterlichen Unternehmens. Erst mit seinem 18. Geburtstag darf Winterbergs vermutlich jüngster Firmengründer dann auch offiziell sein eigener Chef sein.