Brilon. Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 30 % - das landet nicht alle Tage auf dem Richtertisch in Brilon. Auf der Anklagebank: ein junger Mann.

Mit dem Haschisch, das die Polizei im März bei einem 22-Jährigen aus Brilon sicherstellte, liege er - so Hans-Werner Schwens, Vorsitzender Richter des Schöffengerichts Brilon, in der „Hall of Fame“ der Hochsauerländer Drogenszene, der allerdings wenig rühmlichen Ruhmeshalle, „ganz vorne“. Mit einem Wirkstoffgehalt von 30 Prozent sei es „das beste, war mir bisher hier untergekommen ist“. Doch statt Glanz und Gloria gibt es Gefängnis. Wegen Besitzes und Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, beides in nicht geringen Mengen, verurteilte ihn das Gericht zu zwei Jahren und fünf Monaten Haft. Ein Hintertürchen ließ das Gericht dem Angeklagten mit diesem Strafmaß aber offen: Falls er unverzüglich eine Suchttherapie antrete, könne die auf die Freiheitsstrafe angerechnet werden.

Knasterfahrung hat der junge Mann wegen dieser Sache bereits sammeln können. Seit fünfeinhalb Monaten befindet er sich bereits im Gefängnis. 47 Tage zählen allerdings nicht als U-Haft. Denn mit seiner Festnahme im Frühjahr war der berufstätige Facharbeiter nicht mehr in der Lage, eine Geldstrafe abzustottern. 47 Tagessätze davon musste er deshalb noch absitzen.

Bei Verkehrskontrolle Verdacht geschöpft

Insgesamt 1,411 Kilo Amphetamin, 880 Gramm Ecstasy und 324 Gramm Haschisch wollte der 24-Jährige verschwinden lassen, als er nach einer Verkehrskontrolle Besuch von der Polizei bekam. Eine Streife hatte ihn mit seinem Mofa angehalten, bei einem Schnelltest war eine geringe Menge Drogen festgestellt worden - zu wenig für polizeiliche Ordnungsmaßnahmen, aber immerhin Anlass für einen - sogar angekündigten - Hausbesuch.

„Nicht erhebliche Menge“ deutlich überschritten

Neben 37,98 g Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 30 Prozent hatte der Angeklagte 286,32 g Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 13,5 Prozent gebunkert

Die 1,411 kg Amphetamin wiesen einen Wirkstoffgehalt von 14,5 Prozent auf

Die 881 g XTC-Pillen (399 g Philipp Plein, 320 g Cola, 32 g Red Bull und 50 g Tomorrowland) besaßen Wirkstoffgehalte von 43,6 bis 77,4 Prozent

Damit war die strafrechtlich „nicht gering Menge“ beim Amphetamin um das 20-fache überschritten, beim MDMA um das 14-fache und beim Cannabis um das 6-fache.

Als etwa eine dreiviertel Stunde nach Abschluss der durch die Verkehrskontrolle erfolgten polizeiliche Maßnahme ein Streifenwagen auf das abseits gelegene Anwesen im Raum Brilon zurollte sahen die Beamten, wie sich der 22-Jährige, zwei Plastiktüten unter den Armen, in ein Gebüsch schlug. Sie warteten ein wenig, dann schritten sie ein. Reaktion des jungen Mannes: „Scheiße, jetzt habt Ihr mich.“ Der Grund war klar: In den Tüten steckte das Rauschgift, dass der Angeklagte schnell verbuddeln wollte.

Bammel vor dem Bekannten

Und genau das war für Richter Schwens Grund, dem sich wach und smart darstellenden jungen Mann nicht zu glauben, dass es sich bei dem Stoff gar nicht um seinen gehandelt habe. Das Zeug, so sagte der Angeklagte, soll einem Bekannten gehört haben, dem er in seiner Wohnung kostenlos ein Zimmer zur Verfügung gestellt hatte: Der habe dort ein paar Möbel abgestellt und ab und an auch mal übernachtet, ansonsten sei er „viel unterwegs“ gewesen. Für einen als Zeuge in dem Prozess auftretenden Kripo-Beamten stellte sich das so: Derartige Unterkünfte habe jener bereits einschlägig vorbestrafte Bekannte mehrere, deshalb gelte er auch als untergetaucht. Dass sein Bekannter mit Drogen dealte, wusste der Angeklagte, „aber doch nicht so eine große Menge“. Nach seiner Festnahme hatte der 22-Jährige den Stoff noch als seinen eigenen bezeichnet. In der Verhandlung rückte er davon ab. Grund für die Aussage bei der Polizei: Er habe damals Angst gehabt, dass der Bekannte ihm „auf die Bude rückt“ und seiner Familie etwas antue.

Stoff unter der Küchenzeile versteckt

Das wollte Richter Schwens so nicht gelten lassen. Wenn es nicht sein Stoff war, hätte er ihn doch einfach ins Klo spülen können. Das wäre schneller gegangen, er wusste ja, dass die Polizei noch einmal kommen wollte. Nicht abnehmen wollte Schwens dem jungen Mann auch, dass er in gerade einmal einer dreiviertel Stunde seine Wohnung und das Zimmer des Bekannten nach ihm bis dahin unbekannten, etwaigen Drogen durchsucht und dabei auch die Blendleisten der Küchenzeile entfernt haben will - Dort war das Amphetamin versteckt. Für Schwens war die Wohnung des Angeklagten der klassische „Bunker", eines von mehreren Depots, das der untergetauchte Bekannte angelegt habe. Gleichwohl: Damit sei der Tatbestand der Anklage erfüllt.

Auch interessant

Staatsanwältin Sandberg hielt dafür drei Jahre Haft für angemessen, Verteidiger Füchtmeier verwies darauf, dass durch seinen Mandaten das Verfahren gegen den Bekannten in Gang gekommen sei, zudem sei er durch die fünfeinhalb Monate Haft „genug beeindruckt“. In seinem „Letzten Wort“ sagte der 22-Jährige, dass er das, was vorgefallen war, „zutiefst bereue“, er wolle in Therapie von den Drogen loskommen und wieder „leben wie Otto Normalbürger“.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig