Marsberg. Das Verfahren um drei Angeklagte sorgt für viel Verwirrung. Einer soll mit einer Gartengabel zugeschlagen haben. Der Richter zweifelt daran.
Drei Angeklagte. Drei verschiedene und widersprüchliche Aussagen: Ein Streit eskaliert in einer Kleingartenkolonie. Erst wird sich angeschrien, dann folgen Schläge. Von Tritten ist die Rede. Eine Gartengabel kommt ins Spiel. Und später eine Drohung: „Wenn Du zur Polizei gehst, bringe ich Euch um“. Der Angeklagte Nummer 1 soll zur späteren Stunde den Angeklagten Nummer 3 und dessen Ehefrau gemeint haben. Die Auseinandersetzung bringt die Kontrahenten vor das Amtsgericht Marsberg.
Amtsrichter Eberhard Fisch versuchte in der Hauptverhandlung am Dienstagmittag Aufklärung um das handgreifliche und lautstarke Geschehen vom 14. September 2018 zu bringen. Wer hat zuerst zugeschlagen? Angeklagter Nummer 1 beschuldigt Angeklagten Nummer 3. Angeklagter Nummer 3 beschuldigt Angeklagten Nummer 1. Angeklagter Nummer 2 bestätigt die Aussage des Angeklagten Nummer 1. Eine weitere Zeugin die Aussage des Angeklagten Nummer 3: „Ich habe geglaubt, die schlagen sich tot“, sagte sie mit zitternder Stimme.
Die drei Angeklagten beschuldigen sich gegenseitig vor dem Amtsgericht Marsberg
Ermittlungsverfahren folgt
Gegen die Angeklagten 2 und 3 wurde das Verfahren eingestellt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse, die eigenen Unkosten haben sie selbst zu tragen.
Gegen den Angeklagten Nummer 2 wird auf Antrag von Anwalt Peter Prümper ein Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage eingeleitet.
Angeklagter Nummer 2 saß auf der Anklagebank, weil er den Angeklagten 3 festgehalten haben soll, damit Angeklagter 1 den Angeklagten 3 schlagen konnte, so heißt es in der Anklageschrift. Angeklagter 2: „Ich habe ihn gar nicht berührt. Ich habe nur versucht, die zwei auseinanderzubringen.“ Hintergrund des Streites, so vermutet Angeklagter 3, soll die Mitgliedschaft in einem Beirat und das Einsammeln von Vollmachten sein. Persönlich hätten sie nichts gegeneinander.
Der 60-jährige Angeklagten 1 und der 70-Jährige Angeklagte 2 hatten mit einem weiteren Zeugen an jenem Freitagnachmittag in einem Gartenhaus gefeiert. Die Rede war von ein bis zwei Gläschen Wodka, die dabei getrunken worden sein sollen. Das ärztliche Attest über die Rippenbrüche, die der Angeklagte 1 sich bei dem Streit zugezogen hat mit Verletzung der Lunge, ergab aber auch einen „starken Alkoholismus“.
Der eine zieht eine Nasenfraktur davon, der andere Rippenbrüche
Angeklagter 3 (68 Jahre) war nicht an der Feier beteiligt, hat aber seine Gartenparzelle schräg gegenüber. Er war dort, weil er für die Zeugin einen Busch ausgegraben hatte. Die Gartengabel habe bei dem Gartentor gestanden. Damit soll er auf den Angeklagten 1 eingeschlagen haben, so dass sich der Stiel gekrümmt hat, vermutet dieser. Amtsrichter Fisch: „Dann hätten Sie aber ganz andere Verletzungen davongetragen.“
Zwei Angeklagte werden zu Zeugen, einer davon zum Nebenkläger
Nach der Vernehmung der drei Angeklagten und zwei Zeugen war für den Amtsrichter klar: „Dies ist ein Streit unter Nachbarn, der sich nicht aufklären lässt.“ Er schlug vor, den ganzen Fall einzustellen. Staatsanwältin Sofie Schlotmann war einverstanden. Peter Prümper als Verteidiger des Angeklagten 3 aber nicht. Er forderte einen Freispruch für seinen Mandanten: „Es kann nicht sein, dass er mehrere Tage später angezeigt wird und als Opfer dann der Angeklagte ist.“ Nach dessen Aussagen, hat ihn Angeklagter 1 erst mit der Faust ins Gesicht geschlagen, dann mit zwei Kopfnüssen die Nase gebrochen. Die Gartengabel habe er nicht angerührt. Er stimmte auf Anraten des Richters aber doch zu, dass das Verfahren gegen ihn eingestellt wird. Ebenso Angeklagter 2.
Angeklagter 1 und dessen Anwalt Norbert Knepper aus Brilon wollten von einer Einstellung ebenfalls nichts wissen. Die Angeklagten 2 und 3 traten im weiteren Verlauf der Verhandlung als Zeugen auf. Angeklagter 3 zusätzlich als Nebenkläger.
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Die Vernehmung der ehemals beiden Angeklagten im Zeugenstand brachte letztendlich noch mehr Verwirrung. „Hier wird gelogen wie gedruckt“, so Amtsrichter Fisch nach der Befragung des Angeklagten 2 als Zeuge. „Was Sie hier erzählen, passt nicht zu dem, was Sie der Polizei gesagt haben.“
Verhandlung wird unterbrochen und nächsten Dienstag fortgeführt
Verteidiger Knepper besteht auf die Anhörung weiterer Zeugen. Die hatte das Amtsgericht vorher wieder ausgeladen, weil, so Richter Fisch: „Sie nichts wesentliches zu dem Fall aussagen können, da sie die körperliche Auseinandersetzung nicht gesehen haben.“ Die Verhandlung wurde unterbrochen und am nächsten Dienstag fortgeführt.