Der frühere MdB aus dem HSK und Ex-SPD-Parteichef Franz Müntefering sagt: Zwei Voraussetzungen braucht es, um glücklich alt zu werden.

Brilon. Angekündigt war die Veranstaltung als „Buchvorstellung, Autorenlesung und Diskussion mit Franz Müntefering“. Der frühere MdB aus dem Hochsauerland und ehemalige SPD-Parteivorsitzende hielt sich allerdings nur für ein paar kurze Passagen an seinen Text. Ansonsten trug er sein Anliegen in freier Form vor: das eigene Älterwerden anzunehmen und für sich und für die Gesellschaft positiv zu gestalten.

„Unterwegs: Älterwerden in dieser Zeit“ ist der Titel des im Frühjahr erschienenen zweiten Buches des 1940 in Neheim geborenen Politikers. Mit dem Abstand von gut zehn Jahren zur Aufgabe seiner politischen Mandate und seinem ersten Buch „Macht Politik!“ habe er keine psychopathologische Bestandsaufnahme verfassen wollen. Schon die Cover spiegeln die unterschiedlichen Ansätze wieder: damals das harte Schwarz-Weiß-Porträt mit dem entschlossenen Blick, heute das entspannte Lächeln auf dem farbigen Einband.

„Ballistische Kurve des Lebens“

So kommt er auch in der Veranstaltung der AG 60+ der Hochsauerländer SPD im Hotel Starke rüber. Unbeschwert, aber gleichwohl nachdenklich. „Älterwerden heißt leben. Das ist eine spannende Sache.“ Ein typischer „Münte“: Der Politiker, der einmal über sich gesagt hat, „Ich kann nur kurze Sätze“, bringt seine Anliegen prägnant auf den Punkt.

Lobby der Senioren

Franz Müntefering ist Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO).

Ihr gehören rund 100 Verbände und Initiativen an.

Die BAGSO versteht sich als Lobby der älteren Menschen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Alle drei Jahre richtet die BAGSO den Deutsche Seniorentag aus; zuletzt im vergangenen Jahr in Dortmund.

Dass die Dinge um einen jeden herum und in jeder Phase der „ballistischen Kurve des Lebens“ gestaltbar sind. Dass dafür aber zwei Voraussetzungen erforderlich sind: Bereitschaft zum Engagement und Mut zum Handeln. Und das am besten in Gemeinschaft. „Zusammensitzen, miteinander sprechen, zusammen essen. Das sei der „Kern unserer Leitkultur“.

Die demographische Entwicklung mit ihrer größer und älter werdenden Rentnergeneration stelle die sozialen Systeme in jeder Hinsicht vor große Herausforderungen. Um finanziell sorgenfrei das Alter bestreiten zu können, seien im Arbeitsleben anständige Löhne erforderlich. Und genau dort liege im Pflegebereich - ebenso wie im Erziehungssektor - vieles noch im Argen.

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Wenn dort mehr Männer beschäftigt wären, meinte Müntefering, wäre auch die Bezahlung und damit die Attraktivität dieser Arbeit besser. Derzeit gebe es immerhin Überlegungen, als Tarifpartner einen Arbeitgeberverband Pflege zu gründen. Müntefering: „Oft gehen die, die an einem Bett stehen, eher in die Knie als die, die drin liegen.“

Mobilität und Bewegung

Für Müntefering sind Mobilität und Bewegung weitere wichtige Säulen für ein selbstbestimmtes, zufriedenes Leben im Alter: Mobilität als Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und Bewegung als körperliche und gleichermaßen geistige Betätigung.

Auch wenn er selbst keine besondere Beziehung zum Autofahren habe, wisse er um die Bedeutung des Führerscheins für die meisten Älteren. Sein Appell: Bitte dann und wann die Fahrtüchtigkeit überprüfen zu lassen.

Natürlich ging Müntefering auch auf sein politisches Wirken ein. Mitte der 60er Jahre, als die junge Generation Fragen nach der Verantwortung für den Holocaust zu stellen begann, fand Müntefering zur SPD. Und über seine eigene Karriere und den politischen Alltag sagte er: „Du wirst Vieles nur durch Zufall“, und: „Politik besteht aus Dabeisein“.