Der Discounter Aldi öffnet jetzt in Medebach doch nicht zum Gelobten Fest. Der Widerstand gegen den Discounter war stark in der Bürgerschaft.
Medebach. Das „Gelobte Fest“ ist für die Medebacher eine Jahrhunderte alte Tradition. Seit über 380 Jahren wird an diesem Tag im Juni eine Heilige Messe mit anschließender Prozession gefeiert und dabei an das Unheil gedacht, dass der Dreißigjährige Krieg und die Pest seinerzeit über die Einwohner gebracht haben. Das Leben steht in Medebach beim Gelobten Fest traditionell still; es ist seit Menschengedenken selbstverständlich für Einzelhändler und Dienstleister der Kernstadt, an diesem Samstag zu schließen.
Respekt vor der Tradition wurde eingefordert
Am Samstag, 22. Juni, steht das Gelobte Fest wieder an. Nun wollte sich jedoch die Aldi-Niederlassung nicht mehr an das ungeschriebene Gesetz der Ladenschließung halten und dennoch ihr Geschäft öffnen. Bürgermeister Thomas Grosche hatte sich im Vorfeld an die Regionalleitung von Aldi-Nord gewandt und persönlich darum gebeten, sich an die Gepflogenheiten der Stadt zu halten – ohne Erfolg: „Leider ist es der Stadt mangels rechtlicher Grundlage nicht möglich, eine Ladenöffnung zu untersagen. Wir konnten lediglich klar machen, dass wir diese Entscheidung ausdrücklich missbilligen.“ Die Entscheidung des Discounter-Riesen galt bis zum Mittwochabend. Doch dann lenkte das Unternehmen ein, wie die WP am späten Mittwochabend erfuhr.
Bürgermeister intervenierte zunächst erfolglos bei der Aldi-Zentrale
Die Stadt will aber künftig Klarheit schaffen: Es werde geprüft, ob das Gelobte Fest aufgrund seiner herausragenden Besonderheit als lokaler Feiertag eingestuft werden könne, der das Recht zur Ladenöffnung einschränken würde. Rückmeldungen der Bezirksregierung hätten aber wenig Hoffnung gemacht. Grosche bedankt sich ausdrücklich bei bei allen anderen Geschäften für die gewachsene Solidarität, mit der sie die Verbundenheit zur Medebacher Geschichte bewiesen: „Ich hoffe, dass unser Gelobtes Fest nicht durch rücksichtslose Alleingänge beschädigt wird“, hatte er gesagt, bevor der Discounter seine ursprüngliche Entscheidung zurücknahm.
Medebacher Bürger waren empört, dass die Traditionen des Gelobten Festes von Aldi nicht mehr respektiert wird. Zahlreiche Einwohner und Vereine planten deshalb am Samstag eine gemeinsame Protestaktion vor dem Aldi-Gelände. Das ist jetzt nicht mehr notwendig.
Ein Blick in die Geschichte, um die Tradition zu verstehen
Medebach war im Dreißigjährigen Krieg durch seine Grenzlage zwischen dem kurkölnischen Westfalen und dem hessischen Waldeck hart umkämpft und wurde zwischen 1628 und 1640 mehrfach komplett abgebrannt und ausgeraubt.
322 Menschen starben in dieser Zeit durch Hunger, Feuer, Überfällen und die grassierende Pest. Die Einwohner von Medebach und dem hessischen Nachbarort Hillershausen flüchteten mehrere Male für Wochen in die Wälder und glaubten, dass Gott sie mit diesem Elend für ihre Sünden bestrafen wolle.
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Deshalb verfasste der damalige Bürgermeister Hermann Schmidt, dem in Medebach heute eine Straße gewidmet ist, gemeinsam mit Stadt- und Kirchenvertretern 1636 ein Gelübde. Sie versprachen, am Samstag vor Johannes dem Täufer (24. Juni) einen Gottesdienst mit anschließender Prozession „mit gebührender Referenz und höchster Festivität“ zu feiern.
Seitdem gehört das Gelobte Fest zu den höchsten Feiertagen in Medebach. Am kommenden Samstag findet um 9.30 Uhr ein feierliches Festhochamt mit der Verlesung des historischen Gelübdes statt, an dem ebenso wie an der folgenden Prozession unzählige Bürger, die Fahnenabordnungen der Medebacher Vereine und auch die Nachbarn aus Hillershausen teilnehmen.