Winterberg. . Lernen, weil es Spaß macht – geht alles glatt, soll die Schule bereits im Sommer 2020 eröffnen. Viele wichtige Details sind aber noch unklar.

Eine Schule, in der man wieder Kind sein möchte. Eine Schule ohne Hausaufgaben, Klassenarbeiten und Druck. Eine Schule, in der Kinder lernen, weil sie lernen wollen und ihr eigenes Tempo halten dürfen. Am Ende der vier Grundschuljahre sollen sie trotzdem alles wissen, was sie laut NRW-Lehrplan wissen müssen.

Das ist, sehr kurz gefasst, die Vision von rund 20 Personen aus Winterberg und Umgebung, die sich im Frühling zu einer Initiative zusammengeschlossen haben und zum Schuljahr 2020/21 eine freie Grundschule in Winterberg gründen wollen (die WP berichtete). Die meisten von ihnen sind Eltern. „Im Grunde könnten wir schon mit den eigenen Kindern eine solche Schule füllen“, sagt Dunja Tepel und lacht. Die selbständige Lernberaterin war die treibende Kraft hinter der Idee, sei aber bei vielen anderen „auf offene Ohren und Arme“ gestoßen. „Wir sind sicher, dass der Bedarf im Umkreis vorhanden ist.“ Es gebe viele Kinder, die bereits in der 2. oder 3. Klasse unter Stress, Druck und Prüfungsangst litten. Die vorhandenen Grundschulen leisteten gute Arbeit, dennoch wolle man eine Ergänzung anbieten.

Vorbildschule in Wülfrath

Ein Vorbild, an dem sie sich orientieren möchte, hat die Initiative in der Freien Aktiven Schule Wülfrath gefunden. Dort gibt es Räume zum einzeln und in Gruppen lernen und toben. Klassenverbände, Noten und Frontalunterricht gibt es nicht, die Kinder lernen selbständig und helfen einander. Die Lernziele für eine Woche legen sie gemeinsam mit einer Lehrkraft fest, die dort Lernbegleiter heißt. Elemente der Montessori-Pädagogik sollen ebenfalls in Winterberg integriert werden, dazu viel Bewegung und Übungen, die das Lernen mit allen Sinnen fördern.

Wirklich fertig ist bisher aber weder das pädagogische noch das Finanzierungskonzept. An beidem feilen noch interne Arbeitskreise.

Infoabend am 6. Juni

Am Donnerstag, 6. Juni, stellt die Initiative ihre Idee um 18.30 Uhr im Kolpinghaus Siedlinghausen allen Interessierten vor.

Mehr Infos gibt es auf freie-schule-winterberg.de

Ziel ist es, den Schulbetrieb im Sommer 2020 aufzunehmen. Der Antrag muss bis Ende 2019 eingereicht sein.

„Die Schule in Wülfrath ist seit zwölf Jahren ein funktionierendes Unternehmen“, sagt Sebastian Krüger, Initiativmitglied und Vater. Das Wort zeigt es: Freie Schulen müssen sich mehr Gedanken um Geldquellen machen als staatliche. Die öffentliche Förderung liegt bei 85 bis 94 Prozent der Kosten vergleichbarer staatlicher Schulen – weil darin aber viele Posten nicht berücksichtigt sind, kam das Institut der deutschen Wirtschaft Köln 2011 zu dem Schluss, dass die öffentliche Förderung in Wahrheit nur 63 Prozent der Kosten decke. Den Rest müssen die Schulen selbst aufbringen.

Elternbeitrag und weitere Geldquellen

Die Initiative plant derzeit mit einem einkommensabhängigen Elternbeitrag, der grob „zwischen 30 und 300 Euro pro Monat“ liegen würde. Das würde nicht reichen, um die Lücke komplett zu schließen. Weitere Möglichkeiten der Mitfinanzierung freier Schulen sind beispielsweise Fördervereine, Sponsoren oder eine gemeinnützige GmbH. Schulgeld dürfen freie Schulen in NRW zwar erheben, die öffentlichen Mittel würden dann aber gekürzt.

Ein wesentlicher Punkt wäre die Zahl der Schüler. „Zwar gelten für freie Schulen keine Mindestgrößen wie für staatliche“, erläutert auf WP-Anfrage Susanne Roepke, Geschäftsführerin des Verbands Deutscher Privatschulen Nordrhein-Westfalen e.V.. „Da der staatliche Zuschuss sich aber nach den gleichen Rahmenbedingungen wie bei öffentlichen Schulen bemisst, haben sie in der Regel auch eine vergleichbare Klassenstärke. Eine geringe Klassenstärke bedeutet einen geringen Zuschuss, das muss eine Schule erst einmal verkraften bzw. kompensieren können.“

Ungelöst ist auch noch die Frage des möglichen Schulstandorts. „Ideal wäre ein bestehendes Schulgebäude“, sagen Tepel und Krüger und kommen auf das bald leerstehende Gebäude in Siedlinghausen zu sprechen. „Vielleicht könnte man einen Teil mieten.“ Generell sei man aber für alles offen, auch einen Neubau.

Stadt will zu späterem Zeitpunkt Position beziehen

Mit der Stadt Winterberg hat die Initiative bereits Gespräche geführt, aber offiziell sei diese noch nicht eingebunden, teilte Pressesprecherin Rabea Kappen auf Anfrage mit. Wenn die Pläne konkreter würden, würden die Stadt und ihre Gremien Position beziehen. „Gerade auch vor dem Hintergrund, dass eine solche private Angebotsschule auch Risiken für den Bestand unserer drei Grundschulen mit sich bringen kann.“

Randnotiz: Nach jahrelangem Ringen war das Projekt Montessori-Grundschule in Wiemeringhausen 2017 gescheitert (die WP berichtete). Die Wiemeringhausener verfügten bereits über Konzepte, ein Gebäude, eine Lehrerin und verbindliche Anmeldungen. Grund für das Aus war ein Nein der Bezirksregierung und des NRW-Bildungsministeriums, die „kein besonderes pädagogisches Interesse für die Gründung einer solchen Grundschule“ feststellten. Im Mittelpunkt standen laut Ministerium pädagogische Aspekte. stb

Auch nach Lehrkräften ist man bereits auf der Suche. Zwar sind freie Schulen bei deren Auswahl unabhängiger als staatliche, mindestens zwei Personen mit dem zweiten Lehramts-Staatsexamen – nämlich die Schulleitung und deren Vertretung – müssen aber gesetzt sein.

Am Donnerstag, 6. Juni, 18.30 Uhr, lädt die Initiative alle Interessierten zu einem Infoabend ins Kolpinghaus Siedlinghausen ein.

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