Westheim. . Die gebürtige Berlinerin arbeitet in der Brauerei Westheim und weiß, was sich alles auf den Genuss auswirken kann. Das beeinflusst auch ihre Ehe.
„Es ist so schön, wenn meine Frau Arbeit mit nach Hause bringt“, hört Cindy Wetekam nicht selten von ihrem Ehemann, wenn er im Freundeskreis von ihr erzählt. Denn Arbeit ist in diesen Fällen mit einem Gaumenschmaus gleichzusetzen. Die gebürtige Berlinerin arbeitet nicht nur in der Brauerei Westheim im Vertrieb, sondern ist seit fünf Jahren auch Biersommelier.
Ein Traum, den sie schon lange hatte. Die Ausbildung, die 14 Tage in Anspruch nahm, zeigte ihr ganz neue Aspekte einer Welt, die sie seit elf Jahren fasziniert. „Wir haben gefühlt 1000 Biersorten gekostet und selbst welches gebraut. Jeder kennt sein Pils oder Weizen, aber ausländische Biere, Craft Beer mit höheren Umdrehungen, das ist nicht so gängig. Es ist unglaublich, was Bier alles kann“, schwärmt Wetekam. Die Entscheidung für die Fortbildung habe sie nie bereut.
Eigener Kühlschrank für Kostbarkeiten
Ganz ohne Folgen blieb ihr neugewonnenes Wissen nicht. Wetekam gibt an, dass sie ein „Bier-Messi“ geworden ist. „Wer mit dem Thema zu tun hat, wird einfach so. Ich will alles probieren, aber dann mache ich die Flasche nicht auf, weil ich sie vielleicht nie wieder bekomme. Ich habe einen Kühlschrank nur für Spezialitäten.“ Aber diese feinen Getränke können nicht einfach so getrunken werden. Der Anlass muss stimmen, schließlich sind sie etwas Besonderes. „Da warte ich dann auf eine günstige Gelegenheit. Alles andere wäre mir zu schade. Mein Mann bekommt auch auf die Finger geklopft, wenn er da einfach dran geht“, sagt Wetekam und lacht. Über 60 verschiedene Biere lagern bei ihr Zuhause.
Aber nicht nur preislich können sich Biere unterscheiden. Selbst die gleiche Sorte, wie etwa ein Pils, kann unterschiedliche Ausprägungen haben. Die Ausgangssituation ist zwar auf den ersten Blick gleich mit Farbe und geschmacklich mit der Bitterkeit. Aber die Aromen des Hopfens können variieren. So erkennt die erfahrene Biersommelier, dass sie unterschiedliche Sorten vor sich hat. Zu sagen, von welcher Brauerei die Getränke kommen, ginge aber zu weit.
Den Geschmack beeinflussen
So wie manch anderes auch. Das Kölsch aus einem Weizenbier-Glas trinken? Das Getränk falsch einschenken? Die Schaumkrone ist nicht perfekt? Das alles sind keine schönen Anblicke für die gebürtige Berlinerin. „Das hat mich total überrascht, dass ein Bier auch ganz anders schmeckt, weil es in einem anderen Glas eingeschenkt wurde. Das können Sie auch mal zuhause ausprobieren. Das Gleiche gilt bei der Temperatur. Ein Bier kann bei 6 Grad anders schmecken als bei 11 Grad“, erklärt Wetekam. Natürlich gibt es auch noch Spezialitäten, wie ein trübes Pils oder das Dunkelbier.
Nachdem die 46-Jährige sich mit der Welt der Biere mehr und mehr vertraut gemacht hatte, versuchte sie, einen neuen Bereich zu erforschen: Die Kombination von Bier und Essen. Das Pils zum Gericht ist zwar lecker, aber wie sie feststellen muss, gibt es ähnlich wie bei Weinen auch unter den Bieren Sorten, die besonders gut zu einer Mahlzeit passen können. „Ich bin selber ein Genussmensch und koche gerne. Dann überlege ich, was ich dazu trinken mag. Im Restaurant klappt das nicht immer“, sagt Wetekam. Dort sei das Angebot meist begrenzter.
Das richtige Bier zu jedem Essen
Sie selbst experimentiert mit Bier und Käse. Wenn der Camembert auf der Zunge liegen bleibt, muss ein Getränk ihn auflösen. In Kombination mit einem kräftigen Dunkelbier entstehe so ein neues Geschmackserlebnis im Mund. Außerdem macht sich die Sommelier Gedanken, welches Getränk zur Gruppe passt, zum Wetter und zur Jahreszeit. Sie veranstaltet auch Gastronomie-Abende mit dem Menü eines Kochs, das beide miteinander abstimmen.
Zu einem scharfen Gericht passt dann ein bitteres Bier, wie ein Pils oder ein IPA, einem Craft Beer. Zum Spargel würde die Expertin ein helles obergäriges Bier. Kross gebratener Fisch harmoniere besonders gut mit einem kräftigen Bier. „Normalerweise heißt es ‘helles Fleisch, helles Bier’, aber wenn das Menü mehr Komponenten hat, dann muss auch das Bier angepasst sein“, erklärt Wetekam. Als nächstes möchte sie herausfinden, wie sich Schokolade und Bier ideal miteinander verbinden lassen. Dafür versucht Wetekam Kontakt zu einer Schokoladen-Sommelier aufzunehmen.
Auf Entdeckungstour im Ausland
Kontakt nimmt sie auch zur regionalen Bierkultur auf, wenn sie beispielsweise im Urlaub ist. Sie möchte die örtlichen Spezialitäten kennenlernen. „Wenn ich in Österreich bin, dann möchte ich kein deutsches Bier gereicht bekommen“, sagt Wetekam, „Ich möchte wissen, was mich erwartet. Ich gucke zuerst und rieche dann. Ein Fernsehbier brauche ich da nicht.“ Auch im Urlaub spielt ihr Ehemann wieder eine wichtige Rolle, denn er bestellt meistens ein anderes Bier als seine Frau. Sehr zu ihrer Freude: „Der erste Schluck ist zu seinem Leidwesen immer meiner.“
Bier Cocktails im Trend
Neben Mischgetränken, wie dem Radler, geht der Trend laut Cindy Wetekam immer mehr in Richtung Bier-Cocktails. „Dadurch verändert sich auch die Wahrnehmung der Biere. Das stellt eine gute Alternative zum Sektempfang dar“, sagt die Bier-Expertin. Dabei können die Genießer sowohl auf alkoholhaltige als auch auf alkoholfreie Biere setzen, um sich in unterschiedlichsten Getränke-Variationen ausprobieren zu können. Auch in Kombination mit hochprozentigem Alkohol lässt sich das Bier genießen, sei es Gin, Wodka, Rum oder ähnliches.
Die gebürtige Berlinerin probiert diese neuen Kreationen bei Verkostungen aus und setzt mittlerweile auf fast 20 Bier-Cocktails. „Da kann jeder auch selbst einfach mal experimentieren, aber natürlich ist nicht alles trinkbar. Viele haben vielleicht einen Kasten Bier zuhause und können es einfach mal ausprobieren“, so Wetekam.
Sie empfiehlt einen Himbeere-Gin-Likör mit einem Radler zu mischen. Für einen intensiveren Geschmack können wahlweise auch noch Himbeeren dazugegeben werden. „Der Himbeergeschmack weckt dann vielleicht Kindheitserinnerungen von Zeiten bei der Großmutter.“
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