Altenbüren. . Nach einem Urlaubserlebnis fasst die junge Frau aus Altenbühren einen Entschluss. Doch mit dem neuen Körper wartet ein neues Hindernis auf sie.
„Ich bin noch die Gleiche, aber mit weniger“, sagt Katharina Offermanns und lacht. Sie sitzt auf ihrer dunklen Couch, trägt einen schwarzen Rollkragenpullover und eine schwarze Hose. Ihre Arme verschränkt sie ineinander, legt sie auf ihre Oberschenkel. Es hat den Anschein als würde sie etwas beschützen wollen. Oder etwas verstecken. Doch die Zeiten sind eigentlich vorbei, denn die 28-Jährige, die in Altenbüren wohnt, hat in den letzten drei Jahren eine große Verwandlung vollzogen. 69 Kilo hat sie abgenommen. Von 134 runter auf 65 Kilogramm. „Ich habe was aus mir gemacht“, erklärt Offermanns stolz, „ich habe zu mir gesagt, dass es so nicht weitergehen kann. Auch gesundheitlich.“
Umdenken nach dem Urlaub
Auf dem Weg nach Mallorca ging der Anschnallgurt gerade so zu, die Luft blieb ihr schnell weg, die Knie schmerzten. Todesfälle in der Familie ließen sie essen. Sie nahm unweigerlich zu. Die Folge: Mobbing in der Schule. Aus Frust aß sie noch mehr. Viel Zucker und viel fettiges Essen bestimmten ihren Alltag ehe sie ihre Ernährung mit einem Ernährungsberater langsam umstellte und Abstand zu beidem gewann. Unterstützung erhält sie durch die Lebenshilfe, die sie auf dem Weg begleitet.
Einem Weg, der nicht ohne Zweifel und Entmutigungen auskommt. „Ich hätte nie für möglich gehalten, dass sie das durchzieht. Hier und da gab es schwierige Phasen, aber sie hat sich da reingesteigert“, sagt Oliver Plaßwilm, ihr Bezugsbetreuer im ambulant betreuten Wohnen. Einen Rückfall gab es nicht. „Ich habe es unter Kontrolle und kann mir auch was gönnen. Dann gibt es eben ein Stück Kuchen. Aber der Anfang war schwierig“, blickt Offermanns zurück.
Sport und Disziplin als Hilfsmittel
Neben der Ernährung spielt auch Sport eine wichtige Rolle im Leben der jungen Frau. Jeden Tag bewegt sie sich zwischen 90 und 120 Minuten und macht Nordic Walking. An Laufen gehen war zur Anfangszeit nicht zu denken, jetzt schon. Plaßwilm musste auch hier zunächst für Motivation sorgen. „Auch eine lahme Ente kommt mal an“, scherzt Offermanns. Sie ging ihr Tempo, ließ sich nicht beirren. Das Wetter spielte keine Rolle für sie, auch heute nicht, der Drang raus zu gehen ist für sie zu einem wichtigen Element in ihrem Alltag geworden.
Die Schnittstelle zwischen Medizin und Sozialrecht
Krankenversicherungen nutzen ein sogenanntes sozialmedizinisches Gutachten, um die Notwendigkeit von ärztlichen Maßnahmen zu bestimmen.
Die Sozialmedizin befasst sich in diesem Bereich mit den Zusammenhängen zwischen Krankheit, Gesundheit, Individuum und der Gesellschaft.
Sozialmedizinische Gutachter klären, welche Sozialleistungen die individuellen Krankheitsauswirkungen erfordern. Untersuchungen sind selten.
Die Kilos begannen schnell zu fallen, ein schönes Gefühl, wie Offermanns sagt. Aber das rasante Abnehmen verlor zwischenzeitlich an Geschwindigkeit. Oliver Plaßwilm erinnert sich an Anrufe in denen die 28-Jährige frustriert darüber war, dass in der ganzen Woche noch kein Kilo weniger auf der Waage zu erkennen war. Die Zeiten sind vorbei. Nach dem Wunschziel die 100er Marke zu unterbieten und auf 70 Kilo zu kommen, möchte sie jetzt noch die letzten fünf Kilo verlieren, um auf glatte 60 Kilogramm zu kommen. „Dann ist wirklich Schicht“, erklärt Offermanns.
Schon jetzt bereitet ihr die Transformation jede Menge Freude. Die Haare trägt sie bewusst kürzer und versucht nicht wie früher noch, ihr Gesicht zu verstecken. Schon damals entdeckte die junge Frau oft schöne Kleidung und passte nicht hinein. Jetzt geht sie gerne shoppen und erfreut sich vor allem an einem Paar Stiefeln, das sie vor einiger Zeit kaufte, aber erst seit kurzem tragen kann.
Das Leben im neuen Körper
Für die gebürtige Meschederin ist der neue Körper noch gelegentlich gewöhnungsbedürftig, wenn sie sich im Spiegel sieht. Unweigerlich bleibt sie stehen und betrachtet sich dann. Zufrieden mit ihrer eigenen Leistung der letzten drei Jahre. Das Lob kommt auch aus ihrem Umfeld. Um nicht wieder in alte Muster zu verfallen, hängen in ihrer Wohnung noch ältere Bilder, die sie an ihren weiten Weg erinnern sollen.
Krankenkasse zahlt die Operation nicht
Durch den enormen Gewichtsverlust steht der Körper aber auch vor einer anderen Herausforderung, die sich mit Sport nicht bewältigen lässt. Die Haut ist an einigen Stellen stark erschlafft. Eine Operation könnte Abhilfe schaffen, aber die Kosten sind enorm. Bis zu 20.000 Euro könnte sie der Eingriff nach eigener Aussage kosten.
Die Krankenkasse übernimmt daran keinen Anteil. Sie begründet es damit, dass es noch nicht zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen gekommen sei. Somit handle es sich bei dem operativen Eingriff um eine Schönheitsoperation. „Sie macht ohne Ende, aber die Krankenkasse greift leider nicht in die Tasche“, sagt Plaßwilm. Von ihrem eigenen Geld wird die junge Frau die Operation nicht bezahlen können. Sie arbeitet in einer Behindertenwerkstatt in Olsberg. „Das macht mich traurig und ich bin enttäuscht“, sagt sie, „Ich habe so viel getan und auch alles selbst geschafft. Das ist ein echt blödes Gefühl.“
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