Marsberg/Dalheim . Der Bundespräsident ist Schirmherr einer LWL-Sonderausstellung im Kloster, das sich mit Theorien beschäftigt. Neues Angebot für junge Besucher.
„Meine Damen und Herren, der Bundespräsident.“ LWL-Direktor Matthias Löb kündigt den Ehrengast an. Alle rund 600 geladenen Gäste erheben sich von ihren Plätzen und applaudieren, als der Bundespräsident den neuen Schafstall durchschreitet bis zu seinem Sitzplatz in der vorderen Reihe. Er ist Schirmherr der neuen Sonderausstellung „Verschwörungstheorien früher und heute“ im LWL-Landesmuseum für Klosterkultur in Dalheim und eröffnete sie gestern mit einem Festakt.
Er sei sehr gerne ins „wunderschöne Kloster Dalheim“ gekommen, sagt er, und damit auch in seine ostwestfälische Heimat, in der er sich immer noch auskenne, „Ja, wir sind hier in einer ländlichen Region“, so der Bundespräsident in seiner Ansprache weiter. Aber ländlich heiße nicht abgehängt und erst recht nicht vernachlässigt. Ostwestfalen sei ein bedeutender Wirtschaftsstandort und reich an Kulturschätzen. Und Kunst und Kultur gebe es nicht nur in den Metropolen, sondern auch auf dem Land. „Es ist kein Zufall, dass ich hier bin und erst recht sind es keine dunklen Mächte, die im Hintergrund die Fäden gezogen haben, um mich nach Dalheim zu bringen“, zog der augenzwinkernd den Bogen zur Ausstellung. Verschwörungstheorien seien womöglich so alt wie die Menschheit selber.
Thema ist aktueller denn je
Und gerade in Zeiten „alternativer Fakten“ seien sie aktueller denn je. Der Rundgang durch die Ausstellung, den er vorab schon gemacht hatte in Begleitung des LWL-Direktors, dem parlamentarischen Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Norderhein-Westfalen, Klaus Kaiser, dem Bürgermeister der Stadt Lichtenau, Josef Hartmann, Dr. Barabra Rüschoff-Parzinger, Vorsitzende des Vorstandes der Stiftung Kloster Dalheim, Manfred Müller, Landrat des Kreises Paderborn und Museumsdirektor Dr. Ingo Grabowsky, sei eine faszinierende Zeitreise, die er jedem empfehlen könne. Da geht es um Pakte mit dem Teufel, Templerorden und auch um die Aufklärung.
„Verschwörungstheorien der Vergangenheit lassen uns den Kopf schütteln. Die Konjunktur von Verschwörungstheorien in der Gegenwart bereitet uns Kopfzerbrechen, wenn sie die komplizierte Welt scheinbar mühelos erklären, denn Verschwörungstheorien sind ein süßes aber gefährliches Gift, weil sie oft einen vermeintlich Schuldigen präsentieren. Es wird immer mühevoller, in Zeiten ‘alternativer Fakten’ und ‘neuer Medien’ Zusammenhänge zu verstehen - wir wollen mit der Ausstellung Aufklärung, also ein wenig Gegengift, anbieten“, sagt Löb.
Vom Teufel und Drahtziehern
Die Ausstellung gliedert sich in sechs Abteilungen und berichtet vom Teufelsglauben und der Verfolgung von Hexen und religiösen Minderheiten, aber auch mächtigen Ordensgemeinschaften im Mittelalter, und zeigt, wie Geheimbünde - Illuminaten und Freimaurer - als „wahre Drahtzieher“ der gesellschaftlichen Umwälzungen in Folge der Französischen Revolution unter Verdacht gerieten.
Die ideologische Vereinnahmung des Verschwörungsglaubens steht im Mittelpunkt der Abteilungen zur jüngeren Geschichte: Im Nationalsozialismus trägt die verbreitete Lüge von einer „jüdischen Weltverschwörung“ zur Akzeptanz der antisemitischen Verfolgung bei. Im Kalten Krieg schüren Verschwörungstheorien Angst, indem sie das Ausmaß der realen Bedrohung zuspitzen.
Das erwartet die Besucher der Ausstellung
Rund 250 Exponate aus renommierten internationalen Museen, Bibliotheken, Archiven und von Privatleihgebern erlauben den Besucherinnen einen Blick hinter die Kulissen von 900 Jahren Verschwörungsdenken. Ihr Spektrum reicht dabei von wertvollen Gemälden und Handschriften bis hin zum „Entstör-Stift“ für Barcodes aus der Gegenwart.
Escape Room soll Jugend im Museum begeistern
Um generationsübergreifend neue Besuchergruppen für diese Ausstellung zu begeistern, geht das Dalheimer Museum neue Wege. Die Stiftung Kloster Dalheim LWL-Landesmuseum für Klosterkultur hat eigens zur Sonderausstellung einen Escape Room entwickelt.
Das Museum ist ganzjährig geöffnet, dienstags bis donnerstags von 10 Uhr bis 18 Uhr. Montags bleibt es geschlossen.
Gezeigt werden zum Beispiel die rund 900 Jahre alte Gründungsurkunde des legendären Templer-Ordens oder eines der letzten Erkennungszeichen des Geheimbunds der Illuminaten sowie das Handexemplar des Herausgebers der angeblichen „Protokolle der Weisen von Zion“, Exponate und Dokumente aus dem Kontext der folgenreichen antisemitischen Verschwörungstheorien in der Zeit des Nationalsozialismus, Spionagewerkzeuge aus der Zeit des Kalten Krieges und ein Aufzugmotor aus den zerstörten Türmen des World Trade Centers in New York.
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