Marsberg. Im Prozess um eine brutale Messerattacke im Flüchtlingsheim Marsberg fordert der Staatsanwalt vier Jahre Haft, die Verteidigerin Freispruch.
Es geht um viereinhalb Jahre Haft einerseits oder um Freispruch andererseits. In der Verhandlung vor dem Schwurgericht am Landgericht Arnsberg wegen eines eskalierten Streits mit Einsatz eines Messers in einer Asylbewerberunterkunft in Marsberg im Sauerland sind am Donnerstag (9. Mai) die Plädoyers gehalten worden. Gegen 15 Uhr fällt das Urteil zur Tat, die sich im Dezember 2018 ereignete.
Eskaliert wegen eines verschwundenen Portemonnaies
Weiter könnten die verschiedenen Parteien nicht sein: Staatsanwalt und Nebenkläger fordern vier Jahre und sechs Monate Freiheitsentzug wegen versuchen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung und stützen sich vor allem auf Zeugenaussagen. Die Verteidigerin möchte einen Freispruch aus Mangel an Beweisen.
Wegen eines verschwundenen Portemonnaies war es Anfang Dezember 2018 zu dem Gerangel in einem der 24 Zimmer der Unterkunft in Marsberg gekommen. Ein 31-jähriger Marokkaner soll versucht haben, einem 38-jährigen Mann aus Guinea das Portemonnaie zu stehlen. Was der Angeklagte als missglückten Spaß darstellt, war laut Opfer und einem Zeugen im Raum von Anfang an keiner.
Mitbewohner bestätigt, dass es eine Kampfhandlung gab
Der Streit um das Portemonnaie, das der 30-Jährige wirklich kurz eingesteckt aber schnell zurückgegeben hatte, war letztlich nur der Anfang. Als er eine halbe Stunde später wieder ins Zimmer wollte, trug der Angeklagte ein Messer mit einer 20 Zentimeter langen Klinge in der Hand. Und ab dieser Schilderung scheiden sich die Geister.
Der Angeklagte sagt, er habe damit nur ein Hähnchen zerteilen wollen und es noch in der Hand gehabt, um bei dem Opfer um eine Zigarette zu bitten, sei dann aber selbst direkt vor Ort angegriffen worden. Das Opfer sagt, der Marokkaner habe das Messer erst hinter dem Rücken versteckt und dann hoch gehalten, um ihn in den Hals zu stechen.
Ein Mitbewohner bestätigt, dass es eine Kampfhandlung gab und dass der Guineer versucht habe, die Hand mit dem Messer fernzuhalten. Im Zimmer selbst fand die Polizei Spuren im Putz an der Wand, wo die Klinge des Messers letztlich landete und dann auch ein Teil des Griffs zerbarst. Der Geschädigte hatte eine ein Zentimeter lange Schnittwunde am Finger, auf dem Boden und an seiner Hose fanden sich Blutspuren.
18 Dosen Bier in zwölf Stunden getrunken
Einer von mehreren Hausmeistern, die die Einrichtung betreuen, war bei dem Gerangel vor Ort und schilderte als Zeuge, wie er die beiden über einem Kühlschrank miteinander ringend vorfand und auseinanderzog. Der 30-Jährige sei stark angetrunken gewesen. Das gab Letzterer zu, er habe rund 18 Dosen Bier in zwölf Stunden getrunken, hatte laut Bluttest auch 1,79 Promille intus, aber er erinnere sich gut. Und, so betonte er schluchzend: „Ich habe nie versucht zu töten, ich bin kein Mörder. Wozu?“ Der Geschädigte hatte indes im ersten Verhandlungstag ausgesagt, Angst um sein Leben gehabt zu haben, weil der Angeklagte gezielt und mit viel Kraft versucht habe, mit dem Messer von oben auf seinen Hals zu stechen. Das Urteil soll um 15 Uhr fallen.
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