Hallenberg. . Die Songs kennt noch niemand, viele Details werden geheim gehalten. Denn die Freilichtbühne bereitet sich auf eine Uraufführung vor.

Das zeugt von großem Vertrauen. Die Freilichtbühne Hallenberg hat von einem großen Berliner Verlag die Rechte für „Kohlhiesels Töchter“ bekommen. Das Stück wurde komplett umgestaltet und geht im Juni als Musical mit Ohrwurmqualitäten an den Start.

„So, ihr Lieben! Wir machen heute Abend Topf und Deckel!“ Wer jetzt an die Ansage für einen VHS-Kreativ-Kursus denkt, ist auf dem Holzweg. Vielmehr steht eine Riege von Männern in Wollmützen, Daunenjacken und (vermutlich) langen Unterbuxen auf der Freilichtbühne. Bei jedem Sprechen kann man die Atemluft sehen, so kalt ist es. Doch den Jungs wird gleich warm werden. Regisseur Florian Hinxlage verbindet sein Smartphone mit einem großen Ghettoblaster, aus dem eine eingängige Melodie erklingt. Die Männer kommen in Bewegung, klopfen sich auf die Schulter, auf den Rücken, auf den Kopf, machen eine Drehung, formen mit den Händen ein Herz und singen: „Jeder Topf braucht einen Deckel, jeder Nagel eine Wand. Wie der Förster und sein Teckel und der Seemann festes Land“. Probe für das Musical „Kohlhiesels Töchter“.

Proben auf der Freilichtbühne: Noch ist es abends ganz schön kalt - da sind Fleece und Daunen angesagt.
Proben auf der Freilichtbühne: Noch ist es abends ganz schön kalt - da sind Fleece und Daunen angesagt. © Thomas Winterberg

Großes Vertrauen in die Bühne

Am 16. Juni feiert das Stück auf der Freilichtbühne Premiere. Und während die Männer an ihrer Choreographie feilen, kommt der in blaues Daunen gepackte Regisseur am Bühnenrand ins Schwärmen: „Das wird die Zuschauer nach der ersten Sekunde packen, das verspreche ich.“ Theater spielen die Hallenberger schon seit 1946. Aber in diesem Jahr prickelt es auf und hinter der Bühne besonders. Denn der Gallissas Theaterverlag in Berlin hat den Hallenbergern das Vertrauen geschenkt und damit den Zuschlag erteilt, ein nagelneues Musical uraufzuführen. Der Bauernschwank um die Zwillingsschwestern Liesel und Susi ist alt und feierte 1962 in der Verfilmung mit Lieselotte Pulver und Helmut Schmidt große Erfolge. „An der Story an sich ändern wir nichts. Aber es ist uns geglückt, aus dem ohnehin schon sehr komischen Stoff dank fantastisch-intelligenter und flotter Gute-Laune-Musik ein Stück zu formen, das einfach nur Spaß macht“, so Hinxlage.

Eigens nach Berlin gereist

Im Herbst war eine Delegation aus Hallenberg in Berlin: Verlag, Autoren und Komponist hatten schon nahezu ganze Arbeit geleistet. Aber auch Florian Hinxlage und sein musikalischer Leiter Stefan Wurz durften ein Wörtchen mitreden und das Stück in seiner jetzigen Fassung mitentwickeln.

Nicht die Merkel-Raute, sondern ein Herz formen die Männer beim „Topf-auf-Deckel“-Tanz.
Nicht die Merkel-Raute, sondern ein Herz formen die Männer beim „Topf-auf-Deckel“-Tanz. © Thomas Winterberg

„An ein, zwei Stellen fehlte uns einfach noch etwas. Und so sind fünf weitere Songs dazugekommen. Dank der Geduld und der Bereitschaft des Verlages, kleinere Rollen reinzuschreiben, ist aus dem für ursprünglich sieben Personen konzipierten Schwank eine Fassung geworden, die man mit sieben, oder aber auch mit 50 Leuten spielen kann.“ Die Stückauswahl stellt Freilichtbühnen generell vor Probleme. Denn die Laien-Theater möchten gerne möglichst viele Akteure „beschäftigen“, die aus Spaß an der Freude und für den Applaus als Lohn mitmachen. Profi-Bühnen sind hingegen aus finanzieller Sicht eher bemüht, das Ensemble überschaubar zu halten.

Jede Menge Tempo

Wer das Stück aus der Verfilmung kennt, wird auch in der Hallenberger Inszenierung die Geschichte wiederfinden. Hinxlage: Aber wir machen hier ein Musical. Das heißt, dass die Musik ein ganz wesentlicher Bestandteil ist. Sie ist das Bett an guter Laune und erinnert an große Musicals und Operetten. Ich verspreche, in der Pause werden die Zuschauer bereits die Melodien summen, weil sie so schön und eingängig sind. Eigentlich haben wir hier die Geschichte von ,Kohlhiesels Töchtern‘ genommen, den kompletten Staub heruntergeschmissen und alle Register der Musical- und Operetten-Musik gezogen. Ich bin mir sicher, dass dieses Stück in den nächsten zehn Jahren an vielen großen und kleinen Häusern rauf und runter gespielt wird.“

Regisseur Florian Hinxlage (links) im Gespräch mit den Akteuren.
Regisseur Florian Hinxlage (links) im Gespräch mit den Akteuren. © Thomas Winterberg

Ansteckende Euphorie

Auch von den Akteuren hat die Euphorie ihres Regisseurs Besitz ergriffen. „Es ist schon sehr viel Tempo drin und es gibt wirklich sehr schöne Lieder“, sagt Rüdiger Eppner. Der Kreisschützenoberst hatte wegen seiner Funktion auf Schützenebene zunächst eine kurze Bühnen-Pause eingelegt. Aber lange hat er die Abstinenz nicht ausgehalten. „Es fehlt einem einfach was.“ Er ist wieder dabei und spielt den Gastwirt und Bauern Kohlhiesel.

Karten und Infos

Das Buch für die Inszenierung hat Hans Dieter Schreeb geschrieben; die Liedtexte stammen von Michael Chadim und die Musik ist von Shay Cohen.

Auf Hochtouren laufen auch die Proben für das Familienstück „Peter Pan“, das am 2. Juni Premiere feiert.


Karten und Infos: www.freilichtbuehne-hallenberg.de oder 02984 929190.


Ein Wiedersehen gibt es übrigens u.a. auch mit Thomas Knecht und Franziska Mause, die im vergangenen Jahr als Professor Higgins und Eliza Doolittle in „My fair Lady“ gefeiert wurden. Florian Hinxlage „Eigentlich spielt das Stück in einer Kneipe, aber wir bringen es hier auf die riesig-breite Bühne. Das wird der Hammer.“