Brilon. . Oliver Milhoff ist Opferschutzbeauftragter und erklärt, wieso er nicht viele Details einer Tat braucht und wo sein Fokus bei Betroffenen liegt.

Seit 1991 macht der Weisse Ring mit dem Tag der Kriminalitätsopfer auf Menschen aufmerksam, die durch Kriminalität und Gewalt geschädigt wurden. Oliver Milhoff ist Opferschutzbeauftragter der Polizei im Hochsauerlandkreis und erklärt, wie sein Beruf funktioniert.

Wie sind Sie zu dem Aufgabenfeld gekommen?

Oliver Milhoff: Ich beschäftige mich seit 1994 mit den Themen Selbstbehauptung und Selbstverteidigung. Da habe ich schon immer mit vermeintlich schwächeren Personen zu tun und vertrete den Opferschutzbeauftragten seit 2017 in dessen Abwesenheit.

Was reizt Sie daran besonders?

Was mich besonders reizt ist, dass alle hinter dem Täter her sind, aber wer bleibt dann bei den Opfern? Dieser Aufgabe möchte ich mich stellen.

Mit welchen Fällen haben Sie in Ihrem Alltag zu tun?

Straßenkriminalität, häusliche Gewalt, Stalking, Betrug, wie beispielsweise bei den falschen Polizeianrufen. Dabei entsteht dann ein Misstrauen gegenüber der Polizei. Ich bin das ganze Jahr mit dem Thema Kriminalitätsprävention unterwegs und halte Vorträge, um aufzuklären. Eines der großen Themen ist Kriminalität gegen Senioren. Da spreche ich mit den Opfern, um das Vertrauen wieder herzustellen.

Wie werden Sie auf die Fälle aufmerksam?

Das passiert beispielsweise durch Kollegen in der Sachbearbeitung. Sie haben dann den Eindruck, dass eine Person Hilfe gebrauchen könnte. Oder ich werde einfach direkt von Opfern kontaktiert. Eine weitere Möglichkeit ist, dass ich mir Sachverhalte durchlese von häuslicher Gewalt, Körperverletzung und Raubdelikten. Wo es der Sachverhalt hergibt, dass mehr zu tun ist, werde ich tätig. Vielleicht sagt ein Kollege auch, dass während einer Befragung ein Zeuge oder eine Zeugin fast zusammengebrochen ist. Ich bin da auch auf die Zusammenarbeit mit den Kollegen angewiesen und das klappt sehr gut.

Gibt es Fälle, die Sie ablehnen?

Wenn das Opfer aus der eigenen Familie ist, würde ich wohl auf jemanden aus einer anderen Behörde zurückgreifen. Aber sonst bin ich immer da.

Gibt es Fälle, die Sie nicht loslassen?

Ich bin kein „frischer“ Polizeikommissar. Ich habe ein gutes Fundament aus Familie, Sport, Kollegen und Fortbildungen. Die Ausbildung wird auch immer besser und man wird langsam an die Aufgabe herangeführt. Ich habe einen gesunden Abstand, aber werde durch die Arbeit auch nicht stumpf. Die Gesellschaft muss auch erkennen, dass die Seele krank werden kann. Das hat man oft abgetan nach einem Verbrechen und ging nicht zum Psychologen. Mittlerweile ist das normaler geworden.

Wie lange geht eine Betreuung?

Einbrüche und Betrugsdelikte sind rückläufig

Im Altkreis Brilon gab es im vergangenen Jahr insgesamt 76 Wohnungseinbrüche.

Im gesamten Hochsauerlandkreis besteht eine Aufklärungsquote von 28,7 Prozent. Im Jahr 2017 lag diese noch bei 24,1 Prozent.

Die Anzahl der Betrugsdelikte ging laut Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2018 auf 1729 Fälle im HSK zurück. Im Jahr 2017 waren es 1959 Delikte in dieser Kategorie

Die Betreuung ist abhängig von der Bedürftigkeit. Manchmal reicht es einfach, Infomaterial zuzusenden oder ein Telefonat zu führen. Andere Male gibt es ein persönliches Gespräch bei dem Betroffenen oder an einem neutralen Ort. Der Vorteil ist, dass ich kein Therapeut bin. Ich muss nicht alle Einzelheiten haben. Eine Überschrift reicht mir. Das Opfer muss den Sachverhalt so oft erzählen, sei es bei der Vernehmung, der Anzeigenaufnahme oder vor Gericht. Es muss oft über etwas reden von dem es eigentlich Abstand gewinnen möchte. Ich will daher wissen, wie es der Person geht und was ich tun könnte, damit es ihr besser geht. Und dann schaue ich, welche Angebote dazu beitragen können.

Welche Angebote gibt es?

Wir arbeiten mit Hilfsorganisationen zusammen, Traumaambulanzen, Beratungsstellen, wir haben eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Weissen Ring und den Jugendämtern.

Was raten Sie den Opfern von Straftaten, damit sie wieder in ihren Alltag zurückkehren können?

Da muss ich unterscheiden zwischen Stressbelastungsreaktionen und Stressbelastungsstörungen. Das ist abhängig von der Straftat. Erstere können durchaus zwei bis drei Tage anhalten. Das sind normale Reaktionen auf ein nicht normales Ereignis und zeigt sich zum Beispiel durch Schlafstörungen oder zittrige Hände. Wenn die Symptome aber anhalten, dann spricht man gegebenenfalls von einer Stressbelastungsstörung. Daher informiere ich mich nach zwei Tagen, ob der Zustand noch anhält, oder die betroffenen Personen melden sich von sich aus bei mir. Meine Türe steht immer offen.

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Ein Einbruchsopfer im Altkreis Brilon war am zweiten Weihnachtstag Martin Bürger. Der 61-Jährige ist in Olsberg mittlerweile zum dritten Mal nach Hause gekommen und musste einen Einbruch feststellen. „Das brauche ich nicht alle paar Jahre, aber wenn es passiert, dann passiert es eben“, sagt er entspannt.

Für ihn war es wichtig, schnell wieder in seinen Alltag zurückzukehren und nicht lange über den Vorfall nachzudenken. „Ich möchte mich nicht täglich damit beschäftigen. Sonst lande ich in einem Mühlrad aus dem es vielleicht nicht mehr so schnell rausgeht“, erklärt Bürger. „Anders wäre es, wenn ich dem Täter noch begegnet wäre. Das möchte ich nicht.“ Er versteht, dass es dann schwieriger sein würde mit den Geschehnissen klarzukommen. Hilfe nahm er so aber nicht in Anspruch.

Ältere Bürger bevorzugt gesucht

„Ohne Furcht im Alter“ – unter diesem Motto begeht der Weisse Ring den diesjährigen Tag der Kriminalitätsopfer. An dem bundesweiten Aktionstag steht 2019 die Sicherheit der älteren Generation im Mittelpunkt. „Prinzipiell kann jeder, jederzeit und überall Opfer von Täuschung und Betrug werden“, sagt Gerhard Mohnke, Außenstellenleiter des Weissen Rings im Hochsauerlandkreis, „gerade im Bereich der Vermögensdelikte gibt es besonders hohe Gefährdungspotenziale im Alter. Dabei wählen die Kriminellen gezielt ältere Menschen als potenzielle Opfer aus, weil sie dort aus ihrer Perspektive besonders günstige Tatbedingungen vermuten“.

Die Straftäter vermuten nach Erkenntnissen der Behörden, dass das Risiko, bei der Abzocke alter Menschen erwischt zu werden, geringer ist als in anderen Betrugsfällen. Denn wer im Alter etwa Opfer von Trickbetrügern wird, steht oftmals vor einer hohen Hürde – der eigenen Scham, trotz umfassender Lebenserfahrung auf einen Betrüger hereingefallen zu sein.

Allein mit dem Enkeltrick ergaunern Betrüger jährlich mehrere Millionen Euro. „Gegen diese unsäglichen Maschen hilft nur ein hohes Maß an Aufklärung und effektiver Präventionsarbeit“, betont Gerhard Mohnke.

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