Madfeld. . Der gelernte Heilerziehungspfleger Marius Senge verdient seine Brötchen jetzt mit Gemüse. Er liefert Kartoffel, Kohl und Co. bis vor die Haustür.

Er hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Gandalf, dem Zauberer aus „Herr der Ringe“: Groß, lange Haare, Rauschebart und Hut-Träger. „Das ist kein Zufall. Ich stehe auf die Geschichten von Tolkien“, sagt Marius Senge. Auch der Schriftzug auf seinem Lieferwagen „Ihre Gemüsekiste – geliefert bis an die Haustür“ erinnert an die Buchstaben-Welt der Hobbits.

Ein bisschen was von Gandalf

Und auf gewisse Art ist es ja auch Zauberei, wenn der 26-Jährige jetzt im Frühling Samenkörner in die Erde legt und in wenigen Wochen Gemüse erntet. Eigentlich ist Marius Karl Senge, wie er komplett heißt, gelernter Heilerziehungspfleger. Doch der junge Mann aus Blüggelscheidt bei Meschede hat komplett umgesattelt und betreibt jetzt den „Gemüsegarten auf der Egge“ in Madfeld.

Salat und Co. werden ins Haus geliefert

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    Den ersten Feldsalat und Spinat hat er schon geerntet, die Radieschen sind gesät, der Kopfsalat kommt nächste Woche ins Gewächshaus und die Kohlraben sollen bald an die frische Luft. Dass Marius Senge mal seinen Lebensunterhalt über den grünen Daumen bestreiten würde, hätte er nicht gedacht: „Ich war mit meinem alten Job nicht mehr ganz glücklich und bin durch meine Lebensgefährtin hobbymäßig ans Gärtnern gekommen. Dann entstand vor zwei Jahren der Kontakt zum Blütenhof von Klaus und Heinz-Dirk Willeke in Madfeld. Die beiden boten mir bei sich Anbauflächen an und gaben mir den Tipp, dass eine ältere Gemüsehändlerin in Frankenberg aufgehört habe.“ Seitdem beliefert der 26-Jährige schon seit geraumer Zeit den samstäglichen Wochenmarkt im hessischen Frankenberg.

    Angebot wird erweitert

    Jetzt will der Gemüsebauer sein Angebot aber erweitern. Immer freitags fährt er im Großraum Brilon/Marsberg/Olsberg und entlang der B7 bis nach Remblinghausen, um seine Gemüsekisten zu verkaufen. Das Prinzip ist denkbar einfach: Die Kunden können anhand einer Bestell-Liste zwischen Obst, Gemüse, Salaten und Co. wählen und individuelle Mengen ordern.

    Und dann bringt der junge Mann vom Kohl über die Kartoffeln bis zum Chicorée oder zum Blumenkohl alles frei Haus. Eine Woche später holt er die leeren Kisten wieder ab – mit und ohne neuen Bestell-Zettel. „Niemand muss sich verpflichten, jede Woche etwas abzunehmen. Der Mindestbestellwert liegt bei 20 Euro. Wer eine oder zwei Woche aussetzen möchte, kann das auch tun. Am Monatsende gibt es eine Rechnung und das war‘s.“ Er wolle nah am Kunden sein, auf komplizierte Abos habe er selbst „keinen Bock“. Bestellungen nehme er daher auch per Whats-App entgegen.

    Im Winter gibt es zugekaufte Tomaten

    Paprika oder Tomaten muss Marius Senge jetzt im Winter von einem Bio-Großhändler zukaufen. Aber generell will er so viel wie möglich selber anbauen. Und das in Bio-Qualität. „Noch habe ich das Zertifikat nicht. Es muss formell beantragt werden; das Verfahren läuft und ich bin guter Dinge, dass das klappt.“ Das Demeter-Siegel für biodynamische Landwirtschaft hat er bereits. Im Frühjahr sollen seine Waren auch in Brilon im „Bioladen am Tor“ angeboten werden.

    Das verkaufen, was saisonal wächst

    „Ich versuche das zu verkaufen, was saisonal gerade wächst. Aus südlichen Ländern etwas einfliegen lassen – das würde sich mit meiner Sicht der Dinge nicht vertragen.“ Der Anbau von Pastinake, Schwarzwurzel und Co. ist daher schon eine Philosophie für sich. Ausgesät wird z.B. nach dem Mondkalender. „Manche glauben daran, manche nicht. Ich denke: Ebbe und Flut sind ein deutliches Zeichen für die Einflussnahme durch den Mond – warum soll sich das nicht auch auf die Pflanzen auswirken?“

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    Um Schädlingen keinen Chance zu bieten, und um dem Boden möglichst viele verschiedene Nährstoffe zu bieten, sind die Flächen in fünf verschiedene Zonen eingeteilt. Hier die Kreuzblütler wie z.B. Kohl. Dort die Leguminosen (Bohnen und Erbsen), das Wurzelgemüse (Möhren), Liliengewächse (Zwiebeln) oder die Korbblütler (Salate). Natürlich gibt es auch Kartoffeln. „Jahr für Jahr wechselt das Gemüse auf ein anderes Beet, so dass die Möhre z.B. erst im sechsten Jahr wieder auf demselben Boden landet“, erklärt Gandalf, pardon Marius.

    600 Kohlrabi und 250 Rotkohlköpfe

    Ein Beet - zwei Meter breit und 25 Meter lang - bringt etwa 600 Kohlrabi oder 250 Köpfe Rotkohl. Marius Senge pflanzt die meisten Sorten selber aus, pikiert sie und rückt dem Unkraut mit der Hand zu Leibe – ganz ohne Spritzmittel. „Ja, das ist viel körperliche Arbeit. Aber es macht Spaß und es lohnt sich.“

    Parallel zu seiner Gemüsekiste will Marius Senge demnächst auch frische Eier anbieten. „Ich lasse 120 Eier von alten Rassen ausbrüten. Das sind Marans oder Sulmtaler. Im Gegensatz zu den Hybridhennen, die 300 Eier im Jahr legen, kommen die nur auf 150 bis 180 Eier. Bei mir werden die Hähne, aber auch nicht geschreddert, sondern bleiben am Leben, haben Freilauf und werden dann mit fünf Monaten geschlachtet.“ Mit den Hybridhennen könne er nach eigenen Angaben doppelt so viel verdienen. „Aber es geht mir ums Prinzip. So wie beim Gemüse auch. Ich möchte gesunde Lebensmittel produzieren und nachhaltig arbeiten.“

    Also gibt’s bei ihm niemals Pizza oder Pommes? „Ja, auch schon mal. Aber das kann ich mit meinen Idealen schwer vereinbaren. Es gibt bei uns viel Gemüse und wenn Fleisch, dann nur aus vernünftiger Haltung.“

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