Bigge. „Kalli“ Fischer engagiert sich gern als Ortsvorsteher für Bigge, mag aber kein zu enges Denken. Diskussion um Bauvorhaben erschwert seine Arbeit.
Die Kernstadt Olsberg hat 3999 Einwohner, der Ortsteil Bigge kommt auf 4117 (Stand 2017). Auch dieser Umstand und der, dass sein Ort bis 1975 das Amt Bigge war, schwingt mit, wenn Karl-Wilhelm „Kalli“ Fischer als Ortsvorsteher unterwegs ist. Wie er dem entgegenwirkt und was in Bigge in nächster Zeit passieren sollte, erklärt er im WP-Interview.
WP: Herr Fischer, Sie sind Ur-Bigger, was lieben Sie an Ihrem Ort, was kann schöner werden?
Kalli Fischer: Bigge ist für mich Heimat. Das Schöne ist die ländliche Idylle, die Anbindung an die Ortschaften, auch die Harmonie mit Helmeringhausen. Das Zentrum von Bigge, die Mittelstraße bis hin zur Kirche, möchten wir verschönern.
Konkret möchten wir den kleinen Platz mit Maibaum bzw. Tannenbaum vorm Gasthof Schettel, der ja eher ein Parkplatz ist, vor die Kirche verlegen. Dafür warten wir auf IKEK-Gelder. Wir wollen dort, wo jetzt schon Ruhebänke stehen, etwas Schönes herrichten, der bestehende kleine Platz ist ja viel mehr ein Parkplatz als ein Ortsmittelpunkt.
Sie haben die lange Hauptstraße durch den Ort, unterbrochen vom neuen Kreisverkehr.
Ja, aber diese wird bleiben, daran lässt sich nichts ändern. Aber sie ist ja auch in das Zentrenkonzept eingebettet. Weiter vorne, an der Adler-Apotheke ist alles sehr zugepflastert, das wurde im Rahmen von IKEK moniert und das stimmt ja auch, das ist nicht sehr schön anzusehen. An der gesamten Hauptstraße nach Olsberg gibt es noch ein paar Ecken, die wir verschönern möchten, aber da müssen ja auch immer die Grundstückseigentümer mitspielen.
Den Kreisverkehr finde ich klasse und auch viele Bürger haben mir das zurückgemeldet. Ich wünsche mir, dass in absehbarer Zukunft auch in Bigge was vom Städtebauprojekt umgesetzt wird, dass wir schon vor der Kommunalwahl 2020, dem Ablauf meiner ersten Amtszeit, irgendwelche Dinge erkennen können. Insgesamt halte ich den Ball flach, weil ich weiß, wir kommen dran, im Rahmen des Zentrenkonzeptes.
Vom Kneipp-Erlebnispark profitiert auch Bigge. Was halten Sie davon und was wünschen Sie sich noch?
Die Brücke über die Ruhraue wird sehr schön und ist sehr wichtig, weil die Bahn uns das Drehkreuz wegnehmen will. Sie ist allerdings auch sehr teuer. Aber das hat ja auch mit der europaweiten Ausschreibung zu tun, das hat man uns ja erklärt. Ich wünschte mir, dass der Ruhrweg unter Oventrop, direkt entlang der Ruhr, auch mal in Angriff genommen wird.
Ist Ihre Stärke als Ortsvorsteher, dass Sie kompromissbereit sind?
Ja, ich glaube schon. Und ich bin ein total dankbarer Mensch. Eine schwerere Erkrankung vor ein paar Jahren hat das noch verstärkt. Und dieses Spontane, dieses schnell aktiv werden, kommt mir in meinem Posten zu Gute. Wenn ich zu Fuß zur Verwaltung gehe, bin ich auch gerne mal drei Stunden unterwegs, weil mich so viele Bürger ansprechen.
Dafür habe ich ein kleines Vokabelheft dabei und schreibe mir die Anliegen auf. Ich komme sehr gut mit den Leuten in der Verwaltung klar, viele Dinge, zum Beispiel dreckige Bänke oder überquellende Mülleimer werden unglaublich schnell angegangen.
Dennoch gab es einige Straßenbau- und Parkplatzprojekte, wo auch Sie das Gefühl hatten, der Bürger wird nicht intensiv genug gehört.
Ja, zum Beispiel die Anwohner der Schulstraße haben das Gefühl, wenn es jetzt um den Parkplatz für die Elisabethklinik geht. Sie hätten gerne schriftlich, dass die Parkplätze dann auch reichen und würden generell gerne mal gehört werden.
Gleiches gilt für die Anwohner der Breslauer Straße. Sie konnten sich zwar dazu äußern, dass demnächst die Zufahrt fürs neue Wohngebiet Bottschüre mit zehn Bauplätzen bei ihnen vorbeiführt, der Rat hat jedoch trotzdem, aus vielen verkehrsrechtlichen Gründen, die der normale Bürger aber nicht immer nachvollziehen kann, für diese Lösung entschieden.
Ähnlich verlief es auch in der Mittelstraße, wo jetzt erst mal Stillstand ist, weil eine Anwohnerin sich beim Verwaltungsgericht beschwert hat. Hier hätte ich mir mehr Gespräche gewünscht. Wir waren auf einem guten Weg mit der Stadt. Auch wenn ich die Anliegen der Anwohner verstehe, wäre die Spielstraße ein guter Kompromiss, weil es immer vorrangig um die Sicherheit ging.
Und solche Erfahrungen beeinflussen auch Ihre Arbeit?
Für mich führen solche Verfahren dazu, dass die Leute sagen, was soll ich mich in Bigge engagieren, das bringt ja sowieso nichts. Ich habe zum Beispiel Sorge, dass sich kaum Freiwillige für die 800-Jahr-Feier in zwei Jahren finden, weil manche schon jetzt ihre Mitarbeit in Frage stellen. Zum Beispiel hat der 2. Vorsitzende von der Dorfgemeinschaft Bigge jüngst sein Amt niedergelegt, weil es mit der Lösung des Problems Verkehrsführung Mittelstraße nicht weitergeht.
Manchmal kommt auch immer noch eine Rivalität zu Olsberg durch, wie gehen Sie damit um?
Ich sage ganz ehrlich: ,Ich kann’s nicht mehr hören.’ Ich war als Bigger elf Jahre lang im Vorstand des Olsberger Schützenvereins, habe als Kellermeister die Konzerthalle auf- und abgeschlossen und in Olsberg nie etwas Negatives erfahren. Ich war immer schon in beiden Ortsteilen unterwegs, habe hier wie dort meine Clique.
Dieses Denken, zum Beispiel, warum der ehemalige Bigger Friedhof nun Zentralfriedhof heißt, das ist doch nix. Auch Helmeringhauser werden hier beerdigt. Wir sind Olsberger! Das gilt für alle Orte. Es ist so schön auf den Dörfern, unglaublich! Gemeinsam mit Jovita waren wir für die geplante Bürgerhilfe unterwegs, auch dort überall erkenne ich nur freundliche Olsberger.
Sind Sie eigentlich gerne Ortsvorsteher?
Eindeutig ja. Damals, als man mich nach dem plötzlichen Tod von Josef Röttger fragte, habe ich mir das erste Mal in meinem Leben zwei Tage Bedenkzeit erbeten. Ich war nie politisch tätig, aber ich unterhalte mich gerne mit Menschen, darum habe ich zugesagt. Ich brauche sogar ein bisschen Stress, bin ein hibbeliger Typ. Ich kann mir das Ehrenamt als Rentner gut einteilen.
Einmal ist der Job schön herausfordernd, aber auf der anderen Seite nerven mich manchmal die extremen Positionen. Diese sind zu oft auf Halbwahrheiten gestützt und darauf aufbauend kann ich nicht im Sinne der Bürger verhandeln. Aber das möchte ich ja unbedingt, mich für die Bürger einsetzen. Wenn man rausgeht, wird geredet. Das merke ich ja jeden Tag. Und ich wünschte mir, dass mehr geredet wird, am liebsten, bevor es Bauprojekte gibt.
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