Brilon. . Im benachbarten Hochstift ist eine Diskussion um die Reaktivierung der Almetalbahn von Paderborn bis Büren entstanden. Was läuft in Brilon?
Mit dem „Hecken-Eilzug“ dauerte die Fahrt von Brilon-Stadt nach Bremen anno 1959 gut fünfeinhalb Stunden. 60 Jahre später kann man per Bahn in gerade einmal dreieinhalb Stunden dort sein. Damals juckelten die Bahnreisenden über Büren, Paderborn, Bielefeld und Osnabrück zum Stadtstaat an der Weser. Heute geht es per Regionalexpress und Intercity über Dortmund in den Norden. Demnächst auch wieder über Büren und Paderborn?
Das jedenfalls schwebt Eisenbahn-Freunden im Hochstift vor. Ihr Wunsch: die Reaktivierung der Almetalbahn von der Domstadt bis zum Flugplatz. Und seit einigen Wochen ist das Thema auch im Nachbarkreis in der Politik wieder auf dem Tapet, zum Beispiel im Rat der Stadt Büren am Donnerstag dieser Woche.
Briloner Stadtrat in den Gremien nah am Thema dran
Deshalb, so Wolfgang Diekmann, CDU-Ratsherr in Brilon und aus seiner Tätigkeit im Zweckverband Ruhr-Lippe(RZL) und Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) nah am Thema dran, sollte sich auch die Stadt Brilon „einmal intensiv damit beschäftigen“.
Auch der ehemalige Stadtbaudirektor von Brilon, Johannes Nolte, verfolgt die Bemühungen von seinem Wohnort Büren aus mit Wohlwollen. Für ihn gehört es zur politischen Daseinsvorsorge, sich neben dem Individualverkehr „auch um die Schiene zu kümmern“.
1981 Bahnbetrieb eingestellt
Als 1974 die Bahn den Personenverkehr zwischen Büren und Brilon einstellte und 1981 sich auch von dem Abschnitt Paderborn - Büren zurückzog, habe die Strecke „keine Wahnsinnsbedeutung mehr“ gehabt. Nolte: „Heute denkt man anders.“ Und mit dem neuen, 2011 in Betrieb genommenen Bahnhof in der Kernstadt hat Brilon auch wieder einen zentralen Anbindungspunkt.
Der Personenverkehr zwischen Brilon Wald und Brilon-Stadt und damit der Anschluss an die Obere Ruhrtalbahn war möglich geworden, weil die Deutsche Bahn für die Holztransporte des Spanplattenwerks Egger 2008 die Gleise zwischen Brilon Wald und dem Werk erneuert und damit auch wieder für das für den Personenverkehr benötigt Tempo ertüchtigt hatte.
Donnerstag im Rat Büren auf Tagesordnung
Die Stadt Büren hatte 2016 eine Potenzialanalyse für die Reaktivierung des 26 km langen Abschnitts bis Paderborn angeregt. Dazu, das haben die Grünen für die Ratssitzung an diesem Donnerstag beantragt, sollte endlich ein Sachstandsbericht vorgelegt werden. Zudem soll die Stadt Büren prüfen, „mit welchen administrativen Maßnahmen die Schienentrasse Almetalbahn über bilaterale Gespräche reaktiviert“ werden könne.
Für den Abschnitt von Paderborn nach Büren hatte der Nahverkehr Westfalen-Lippe bereits 2006 die „betriebswirtschaftliche Machbarkeit“ festgelegt. Rund 29,4 Millionen Euro waren damals für die Reaktivierung dieses 26 km langen Abschnitts angesetzt worden. 430.000 Zugkilometer waren damals pro Jahr für möglich gehalten worden. Allerdings hatte der für den Betrieb zuständige Zweckverband Nahverkehr Paderborn-Höxter (NPH) sich aus Kostengründen gegen die Reaktivierung ausgesprochen.
Nahverkehrsplan in Überarbeitung
Derzeit wird der seit 2011 wirksame Nahverkehrsplan überarbeitet. Der im vergangenen September vorgelegte Entwurf verweist zu diesem Thema auf den Regionalplan für den Regierungsbezirk Arnsberg, in dem als „Ziel 34“ festgehalten wird, „die Trassen ehemaliger Schienenstrecken, insbesondere Brilon - Kreisgrenze Paderborn — planungsrechtlich zu sichern, so dass sie bei Bedarf wieder für den Schienengüter-, ggf. auch für den Schienenpersonenverkehr hergestellt werden können“.
Zwischen Büren und Paderborn fehlen streckenweise die Gleise. Ein Bahn-Unternehmer hatte die Schienen erworben, demontiert und den Stahl gut verkauft. Daran sollte eine Reaktivierung nicht scheitern. „Die finanziellen Möglichkeiten sind derzeit so gut wie noch nie“, so Lothar Ebbers, Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn, zur WP. Denn während früher nur Geld für die baulichen Investitionen zur Verfügung stand, gibt es jetzt auch Zuschüsse zu den Betriebskosten. Das können bis zu 10 Euro pro Zugkilometer sein.
Lothar Ebbers blickt über das Hochstift hinaus. Die Almetalbahn sollte nicht nur als Zubringer aus dem Paderborner Raum zum Flugplatz bei Büren-Ahden betrachtet werden, sondern für ihn ist der „Netzschluss entscheidend“, sprich die durchgehende Verbindung nach Frankfurt. Seit Herbst 2015 ist mit dem Lückenschluss der Kurhessenbahn zwischen Frankenberg und Korbach wieder eine durchgehende Zugverbindung von Marburg bis Brilon-Wald und Brilon-Stadt möglich. Diese Strecke, erwähnt Ebbers nebenbei, sei er übrigens in seiner Studienzeit häufig mit dem „Hecken-Eilzug“ gefahren. Worauf es nach Ansicht des Pro Bahn-Sprechers hier in der Region ankommt: „Wer jetzt nicht zugreift, kriegt nichts mehr.“
Aus Almer Sicht Radweg sinnvoller
Das sieht neben dem Briloner CDU-Ratsherrn Wolfgang Diekmann übrigens auch SPD-Stadtrat Günter Wiese, Nahverkehrsfachmann seiner Fraktion, so: „Das Geld ist da. Leider haben wir nicht genug Ingenieure für alles.“
Wenig erbaut von der Bahnbelebungsdebatte ist der Almer SPD-Stadtrat Ludger Böddicker. Die Gleise kreuzen die Obere Bahnhofstraße: „Schön, dass man mit dem Gedanken spielt. Allein mir fehlt der Glaube.“ Für ihn - und viele Almer - sei eine Nutzung der Trasse als Radweg sinnvoller.
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