Hochsauerlandkreis. . Meike Molitor ist psychosoziale Prozessbegleiterin für Opfer während eines Gerichtsverfahrens. Dabei geht es um mehr als Händchen halten.

Da ist es wieder, das Gesicht der Person, die einem Leid zugefügt hat. Diesmal nicht während der Tat, sondern im Gerichtssaal. Opfer von schweren Sexual- oder Gewaltstraftaten müssen sich im Rahmen von Verhandlungen oftmals erneut mit der Person auseinandersetzen, die sie vermutlich am liebsten vergessen würden. Damit diese Opfer vor Gericht nicht alleine gelassen werden und sich die Situation zumindest ein bisschen entspannt, gibt es die sogenannten psychosozialen Prozessbegleiter. Eine von ihnen ist Meike Molitor, die in den Landgerichtsbezirken Arnsberg und Dortmund tätig ist.

„Bei dieser Arbeit geht es um die Betreuung der Opfer, wir informieren und unterstützen sie während des gesamten Ermittlungs- und Strafverfahrens. Ziel ist es dabei, Belastungen zu reduzieren und durch eine Stabilisierung des Opfers eine sekundäre Viktimisierung zu vermeiden“, erklärt Molitor ihre Aufgaben.

Dem Täter möglichst nicht vor Gericht begegnen

Diese Form der Prozessbegleitung ist noch relativ neu, die 35-jährige Rehabilitationspädagogin beendete die Fortbildung vor knapp zwei Jahren. In einem Erstgespräch erklärt sie beispielsweise, was während des Prozesses alles passieren wird, wer anwesend sein wird, in welcher Form sie selbst während dieser Zeit eingebunden ist und mehr. „Ich halte im Prozess im übertragenen Sinne die Hand, versuche einen Weg zu finden, bei dem das Opfer dem Täter nicht über den Weg laufen muss, auch wenn ich mich nicht über das Gericht stellen kann“, sagt sie.

Außerdem kläre sie über Beratungsstellen wie den Weißen Ring oder Frauenhäuser auf, damit die Betroffenen vor, während und nach der Verhandlung gut aufgehoben sind. „Für sie ist das alles schon schlimm genug vor Gericht, mit dem Angeklagten und den unangenehmen Fragen, die gestellt werden“, so Molitor. Sie erklärt, dass solche Erlebnisse durchaus traumatisierend und auch retraumatisierend sein können.

Die Tat spielt keine Rolle

Das oberste Ziel sei es, dass die Person stabil genug ist, um eine unverfälschte Aussage machen zu können. Wichtig dabei ist aber vor allem eines: Das Opfer darf mit der Prozessbegleitung nicht über das Geschehene sprechen. Auch das soll dazu beitragen, dass die Zeugenaussage unbeeinflusst bleibt. Das könne laut Molitor aber auch eine Erleichterung für die Geschädigten sein.

Opferschutzbeauftragte, das Jugendamt, Anwälte – jeder, der mit einem Opfer zu tun hat und meint, dass eine psychosoziale Prozessbegleitung hilfreich wäre, kann diese auch einschalten. Die ersten Anfragen kamen nach der gesetzlichen Einführung der Begleiter im Januar 2017 schnell. „Die Prozessbegleitung wird mit der Zeit bekannter. Ich habe mit Anwälten zusammengearbeitet und Opferschutzbeauftragten. In unterschiedlichen Netzwerken unterhalten wir uns über die Möglichkeit und deswegen dringt das Thema immer mehr ins Bewusstsein“, erklärt Molitor.

Der eigenen Aufgabe gerecht werden

Trotz der gesteigerten Bekanntheit der Prozessbegleitung sieht sie noch Herausforderungen. Das betrifft zum Beispiel ihre Rolle bei Gericht. „Bei den mitunter komplizierten Verhandlungen geht es natürlich darum, den Prozess nicht zu stören, aber gleichzeitig muss ich meine Rolle gegenüber den Betroffenen sinnvoll füllen und sie unterstützen. Da müssen wir die richtige Linie finden“, sagt die 35-Jährige.

Eine weitere Herausforderung liegt ihrer Meinung nach darin, den Betroffenen klarzumachen, was gerade passiert. Beispielsweise, wenn ein Verfahren eingestellt wird. „Da müssen wir und das Gericht dann klarmachen, wieso es zu dieser Entscheidung kam. In dieser Situation könnte sich eine Menge Frust aufbauen und so kann der Umgang mit der Situation erleichtert werden“, beschreibt Molitor.

Das Interesse an der psychosozialen Prozessbegleitung ist vorhanden, auch wenn die Bekanntheit laut Molitor noch zunehmen könnte. Sie ist aber auch unter diesen Umständen weiterhin hochmotiviert: „Ich habe gesehen, wie schwer Gerichtsverfahren für die Beteiligten sein können und ich möchte diesen Personen zur Seite stehen.“

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