Marsberg. . Alfred Hammer ist von seinen Diensten als Pfarrer und Superintendent in Marsberg entpflichtet. Seinen Auftrag als Pastor legt er aber nicht ab.
Superintendent und Pfarrer Alfred Hammer geht nach mehr als 35 Jahren in Marsberg in den Ruhestand. Anfang Dezember wurde er in einem feierlichen Gottesdienst in Meschede von Präses Annette Kurschus entpflichtet. Vor neun Jahren wählte ihn die Kreissynode zum nebenamtlichen Superintendenten. Am Sonntag, 30. Dezember, verabschiedet sich die evangelische Kirchengemeinde Marsberg von ihm mit einem Gottesdienst ab 15 Uhr in der Emmauskirche mit anschließendem Empfang im Gemeindehaus. Die WP sprach mit dem Geistlichen über die 35 Jahre Pfarrersein, den Umbruch in der Kirche und über Gott und die Welt.
Herr Pfarrer Hammer, die offizielle Verabschiedung liegt hinter Ihnen. Wie geht es Ihnen jetzt?
Alfred Hammer: Die Verabschiedung am 7. Dezember im gemeinsamen Kirchenzentrum in Meschede hat mir gut getan: Viele Menschen aus vielen Bereichen des kirchlichen und öffentlichen Lebens haben gemeinsam Gottesdienst gefeiert. Das sollte im Mittelpunkt stehen und so war es auch. Die Würdigung der Arbeit und meiner Person konnte ich gut annehmen, das lag an den wenigen Personen, die mir ein Wort gesagt haben und wie sie es mir gesagt haben.
Keine Pflichten mehr, Auftrag als Pastor bleibt aber bestehen
Wie war der Abschiedsgottesdienst in Meschede?
Der Abschiedsgottesdienst, der mit dem kirchlichen Wort „Entpflichtung“ benannt wird, macht deutlich, dass die Pflicht des Dienstes nun nicht mehr besteht, sehr wohl aber die Rechte eines ordinierten Pastors bestehen bleiben. Viel Musik, eine sehr wertschätzende Ansprache unserer Präses und die Beteiligung vieler Menschen aus unterschiedlichen Bereichen des öffentlichen Lebens und vor allem aus der katholischen Kirche machten deutlich, dass Kirche auch in unserer Zeit ihren Wert hat.
Ist „Entpflichtung“ nicht ein schlimmes Wort?
Nein, es beschreibt lediglich, dass die Pflicht, die sich aus dem Dienst in der Kirche ergibt, genommen wird. Ich bin die Pflichten, die das Amt des Superintendenten und Pfarrers in sich trägt, los, bleibe aber „Pastor“ mit dem Auftrag, Gottesdienste zu feiern und die Sakramente zu spenden.
Sie gehen nach 35 Jahren als Pfarrer in den Ruhestand, geht das überhaupt?
Es sind ja mehr als 40 Jahre. Ich habe mich immer als „Pastor“, also wörtlich übersetzt als „Hirte“ verstanden, der für die anvertrauten Menschen im Auftrag Gottes da ist, bzw. da sein möchte. Das Amt ist übertragen und der Auftrag des Christen Alfred Hammer bleibt: Für Gottes Sache in Wort und Tat einzustehen. Das kann ich nicht abhaken, wie ich einen alten Mantel an den Haken hänge. Der Auftrag hängt ja nicht nur am Amt.
Pfarrer Alfred Hammer geht nach mehr als 35 Jahren Kirchendienst in Marsberg in den Ruhestand. Den Ausblick aus dem Fenster seines Büros im Pfarrhaus am Jittenberg wird er sehr vermissen. Foto: Annette Dülme Umzug nach Marsberg nicht bereut
Wenn Sie zurückblicken, wie war der Start in Marsberg vor 35 Jahren?
Ich kam aus Bad Driburg, wo ich als Vikar tätig war und wurde von dem damaligen Paderborner Superintendenten gebeten, als Hilfsprediger (so hieß das damals wirklich) nach Westheim zu gehen. Das habe ich getan, hatte mich aber schon in Bielefeld umgesehen, weil ich dort eine Pfarrstelle übernehmen wollte. Da in Marsberg ganz unvorhergesehen eine Stelle frei wurde, sind meine Frau und ich nach Marsberg an den Jittenberg gegangen. Das haben wir zu keinem Zeitpunkt bereut. Damals scharrte ich mit den Hufen und wollte unbedingt arbeiten.
Was hat sich in den 35 Jahren in der Gemeinde und der evangelischen Kirche in Marsberg verändert?
Vieles! Wir waren damals drei Pfarrer bei deutlich weniger Gemeindegliedern als heute. Die Nähe zu den Menschen war größer und viel selbstverständlicher. Die Gottesdienste waren stärker besucht, wir waren in sehr vielen unserer Dörfer vertreten. Die Gemeindegruppen waren stark. Die Ökumene begann, war aber längst nicht so selbstverständlich wie heute. Die katholische Kirche hatte großen Einfluss, wir mussten immer wieder deutlich machen, dass es in Marsberg und den Ortsteilen auch Evangelische gibt und dass wir Pfarrer die Evangelische Gemeinde repräsentierten. Das musste zum Teil erkämpft werden.
„Es braucht Kommunikation“
Wenn Sie die Wahl hätten, würden Sie etwas anders machen wollen?
Ach, das weiß ich nicht! Wir arbeiten doch immer in der jeweiligen konkreten Situation und in den jeweiligen konkreten Umständen. Die erfordern eine Aktion. Insofern bin ich mit mir im Reinen.
Was hat Ihnen die Arbeit als Superintendent gegeben?
Verantwortung für viele Menschen und Aufgaben. Mitgestaltung der Kirche und Mitarbeit an der zukünftigen Ausrichtung ihrer Strukturen, damit die konkrete Arbeit getan werden kann. Begegnungen auf vielen Ebenen, die ich als Gemeindepfarrer nicht gehabt hätte.
Was war das Wichtigste, das Sie als Superintendent erreicht haben?
Ich persönlich? Wohl weniger als manche denken und sich vorstellen. Was erreicht wurde, ist sicherlich von mir angestoßen worden, aber entschieden wird in unserer Kirche in Presbyterien und Synoden. Da braucht es Überzeugungskraft und die Fähigkeit, Menschen in die Entwicklungen einzubinden, mit anderen Worten: Es braucht Kommunikation. Ich denke, dass mir das gelungen ist. Insgesamt konnte der Pfarrdienst in den Kirchengemeinden und im Kirchenkreis gesichert werden, eine Kirchenkreiskonzeption wurde erarbeitet. Die Gesunderhaltung aller Hauptamtlichen im Dienst war mir ein Anliegen, so haben wir ein Salutogenese-Konzept entwickelt. Und der Kirchenkreis Arnsberg wurde für die Zukunft aufgestellt, in dem die Weichen für eine Zusammenarbeit mit dem Kirchenkreis Soest gestellt wurden. Am 1. Januar geht gestärkt und gut aufgestellt der Evangelische Kirchenkreis Soest-Arnsberg an den Start.
Pfarrstelle wird um die Hälfte gekürzt
Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft der Kirche, der evangelischen wie katholischen, aus?
Das weiß niemand genau. Was wir wissen ist, dass wir weniger werden, dass die finanziellen Ressourcen weniger werden und dass wir eine älter werdende Kirche werden. Die Anzahl der Pfarrer wird sich verringern. Letztlich aber sage ich: Kirche wird es immer geben, sicher nicht mehr so – nämlich als Volkskirche – wie sie gewohnt ist. Gott erhält seine Kirche auch ohne die von uns gut gemeinten und gemachten Strukturen. Kirche ist da, „wo zwei oder drei im Namen Jesu zusammen sind“. Und die Kirche wird ökumenischer werden müssen. Wir haben als große christliche Kirchen gemeinsam für die Botschaft des Evangeliums einzutreten. Da müssen Grenzen weiterhin kleiner werden und: Sie müssen verschwinden, damit wir glaubwürdig bleiben. Und die Kirche muss eine diakonische Kirche sein: Sie muss die Not der Menschen wahrnehmen und mit ihnen gemeinsam nach Auswegen suchen.
Was wird sich in Zukunft in der evangelischen Kirchengemeinde in Marsberg verändern?
Der Pfarrdienst wird weniger, meine Pfarrstelle wird nur noch einen Umfang von 50 Prozent haben, neben der bestehenden 2. Pfarrstelle mit Pfarrer Pape. Die Gebäudesituation wird sich verändern müssen, die Bedeutung des Ehrenamtes wird deutlich größer werden (müssen), die Anzahl der Gottesdienste und die Präsenz der Pfarrer in den Gemeindegruppe wird sich ändern.
Wie wird sich Ihre persönliche Zukunft gestalten?
Da ich nun kein öffentliches Amt mehr innehabe, werde ich mich auf die Dinge beschränken, die ich tun möchte. Wie heißt es in der Entpflichtung: „Du bist nun frei!“ Das ist es: Ich kann Ja und Nein sagen. Wie ich diese Freiheit gestalte, wird sich zeigen. Ich habe sehr wohl meine Vorstellungen.
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