Oropesa del Mar/Antfeld. . Die Familie Bracht hat dem Sauerland den Rücken gekehrt und ist nach Spanien umgezogen. Beide erzählen, wie sie dort Weihnachten feiern.

Was ihnen sonst der Gänsebraten war, ist ihnen jetzt die Paella. Und ganz viel familiärer Zusammenhalt. Immer. Bei Valencia, in Oropesa, leben Günter und Maria Bracht seit Juli 2017. Da haben sie sich entschlossen, Deutschland den Rücken zu kehren und ihren Ruhestand in Marias Heimat in Spanien zu verbringen. Dort feiern sie nun ihren zweiten Advent, ihr zweites Weihnachten.

Christkind und Nikolaus

Klar, Spanien ist mindestens so katholisch geprägt wie Deutschland. Es gibt einen kleinen Umzug zu St. Martin, so Günter Bracht. Aber an Weihnachten selbst, da kommen die anderen prägenden Heiligen und Symbolfiguren des Festes alle zusammen: Christkind mit blondem Haar, Nikolaus und Knecht Ruprecht versammeln sich auf dem Marktplatz. Ach ja, und Adventskalender wie in Deutschland hat Günter Bracht jetzt noch nicht so viele in Oropesa entdeckt.

Weihnachtsmarkt

Maria und Günter Bracht vermissen wohl nicht wirklich viel, denn ab dem zweiten Dezember-Wochenende ist traditionell auch in ihrer neuen Heimat eine Woche Weihnachtsmarkt. „Natürlich mit Glühwein“, sagt Bracht. Beleuchtet sind die Plätze genauso mit Sternen – nur hängen die nicht vor sauerländischer Fichte, sondern vor spanischer Platane. Insgesamt ist es in Oropesa nicht so urspanisch wie im Süden. „Es ist hier mehr europäisch.“ Und ein bisschen amerikanisiert. Auch in Oropesa sind die Kinder inzwischen im Halloween-Fieber. Marias Familie kommt aus Andalusien: „Das ist noch einmal was ganz anderes.“ Ihre Herkunft bewirkt, dass die Spanierin selbst nicht alles in der neuen Heimat versteht. Denn der Dialekt in Oropesa ist schon ein ganz anderer. Günter Bracht: „Da sagen viele hier sofort zu Maria: ,Du kommst doch aus Andalusien.’“ Und das nach 50 Jahren in Deutschland.

Weihnachten in aller Welt: Foto vom Weihnachtsmarkt in Spanien.
Weihnachten in aller Welt: Foto vom Weihnachtsmarkt in Spanien.

Schnee

Den gibt’s 80 Kilometer entfernt in den Bergen in Teruel. Die Stadt liegt auf 900 Meter Höhe, die Berge drumherum kommen auf um die 1700 Höhenmeter.

„Und da gab’s letztes Jahr zwei Meter Tiefschnee.“ Aber beim Regen können die beiden Auswanderer diesen November absolut mithalten. „Bei dem, was hier runtergekommen ist, wären die Sauerländer Stauseen wieder voll.“

Weihnachten

„Wir feiern Weihnachten mit der ganzen Familie. Es gibt anständig zu essen und zu trinken.“ Viele Fotos werden traditionell nicht gemacht. Wer möchte schon angesäuselt zu sehen sein?

Und, schon mit Turron eingedeckt? Das ist die klassische süße Mandelmasse, die in Spanien zum Fest gehört wie bei uns die Dominosteine. „Selbstverständlich“, sagt Günter Bracht. Das darf nicht fehlen. Und die Weihnachtslotterie, schon mitgemacht? Klar. Dadurch, dass Maria Spanierin ist, ist auch für die beiden nicht alles neu.

Silvester

Nächste Tradition: die Uvas, spanisch für Trauben. Die letzten zwölf Glockenschläge des Jahres werden live im Fernsehen übertragen. Dazu gibt es zwölf Rebenfrüchte. „Ich nehme mir immer ganz kleine“, sagt Günter Bracht. Und er wählt auch ganz bewusst nicht die, die in Anis-Schnaps eingelegt sind. Aber sie passend zu jedem Glockenschlag in Madrid zu essen, das schafft er schon. „Nur hinterher mit den Neujahrsküsschen, das wird schwierig, weil der ganze Mund noch voll ist.“

Drei Könige

Die Spanier übergeben die Geschenke traditionell erst am Dreikönigstag, also am 6. Januar. Etwas ganz Besonderes ist dieser Tag in Oropesa allemal: „Da kommen die drei Könige in einer Kutsche am Strand entlang gefahren, jeder in seiner eigenen“, so Günter Bracht.

Günter und Maria Brachts Geschichte muss auch erzählt werden. Über die Arbeit landete Marias Vater aus Andalusien vor mehr als 50 Jahren in Deutschland, wo er mehrere Jahre u.a. bei Kneers arbeitete. Mutter und Geschwister blieben in Spanien. Nur Maria, die Älteste, zog hinterher. Sie bekam einen Arbeitsvertrag beim Josefsheim, später bei Oventrop, lernte ihren Günter kennen - und sie blieb. Die Familie, auch der Vater und die Geschwister, zog zwischenzeitlich zurück nach Spanien und zwar nach Oropesa del Mar. Viele Cousins und Cousinen sind aber noch in Andalusien.

Weihnachten in aller Welt: Paella-Essen bei Familie Bracht.
Weihnachten in aller Welt: Paella-Essen bei Familie Bracht. © Heinz-Günter Bracht

Als die Brachts in Rente gingen, fiel die Entscheidung: „Wir ziehen nach Spanien.“ Nach 50 Jahren wollte Maria endlich in die südliche Heimat zurück zur Mama. Die hatte Demenz, wartete sehnsüchtig auf ihre älteste Tochter und den ans Herz gewachsenen Schwiegersohn. Brachts suchten sich Anfang 2017 übers Internet ein günstiges Umzugs-Unternehmen. Das gab ihnen erst für Ende Juli einen Termin. Die Mutter war in der Zwischenzeit leider verstorben. Besondere Dramatik: Das günstige Umzugsunternehmen setzte sie drauf. Günter im Herbst 2017 nach der Ankunft in der neuen Heimat: „Hola! Wir sind hier nach einer sehr langen und beschwerlichen Fahrt gut angekommen. Wir haben sehr viele Pausen gemacht, da wir unsere vier Katzen mit hatten und wir uns um sie kümmern mussten. Aber wir haben es geschafft und alle sind gesund und munter. Dank einer Firma aus Arnsberg, die uns nach dem Reinfall mit der Billigfirma schnell und unkompliziert geholfen hat, sind unsere Sachen und Möbel gut hier angekommen.“

Jetzt wohnen die beiden in der renovierten Wohnung der Mutter - „sie ist die Familienwohnung“. Die Familie ist sehr glücklich, dass die große Schwester endlich da ist. Der ersten Paella-Feier folgten viele weitere, diesen Monat kommen noch mindestens zwei dazu.

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