Hallenberg/Forbes. . Friedrich Vogelsang aus Hallenberg lebt seit 60 Jahren in Australien. Weihnachten wird dort auch gefeiert - allerdings bei 30 Grad Hitze.

„Wachs-Kerzen am Baum? Die würden doch zerfließen!“ Friedrich Vogelsang muss lachen. Denn da, wo er seit rund 60 Jahren Weihnachten feiert, kommt selbst das Christkind ins Schwitzen. Der 80-Jährige hat seine Heimatstadt Hallenberg als 19-Jähriger verlassen und lebt seitdem in Australien. In der Kleinstadt Forbes sind es locker 30 Grad Hitze. „Die meisten sitzen Heiligabend auf ihrer Veranda oder am Pool. Ich denke wir werden ins Haus gehen; da haben wir wenigstens Aircondition.“

Nicht zum Militär

Luftveränderung war aber nicht der Anlass zum Auswandern von „Fred“, wie ihn seine guten Freunde in Down Under nennen. „Ich wollte damals nicht zum Militär. Das war mein Hauptgrund. Wenn man jung ist, macht man solche Sachen.“ Und: „Ich bereue diesen Entschluss nicht. Das, was ich hier geschafft habe, hätte ich zu Hause nicht hin bekommen.“

Geschichten aus aller Welt

WWie wird Weihnachten bzw. der Jahreswechsel in anderen Ländern gefeiert? In unserer Vorweihnachtsserie haben wir mit Menschen aus der Region Kontakt aufgenommen, die in fernen Ländern leben, gelebt haben oder sie zurzeit bereisen. Dabei sind interessante Aspekte zu Tage gekommen. In Schottland z.B. war Weihnachten 400 Jahre lang verboten und in Vietnam werden sich drei Weltenbummler aus dem Sauerland treffen, um gemeinsam das Fest zu feiern. Viel Freude beim Lesen und vielleicht ein wenig Fernweh bei unseren Geschichten!

Nach einer vierjährigen Lehre in der Sauerländer Landwirtschaft packt er seine Koffer und landet in Australien zuerst auf einer Schiffswerft, wo er als Anstreicher arbeitet. Zwischen 2000 Schafen und 200 Rindern macht er seine ersten Erfahrungen mit dem weiten Land als Angestellter auf einer Farm. Dann sattelt er auf einen Betrieb mit 4000 Hühnern um. Den übernimmt er später und arbeitet das Unternehmen auf 20.000 Hennen hoch. Heirat, eigenes Haus, vier Kinder. Heute betreibt Friedrich Vogelsang noch eine kleine Schafzucht. „Eine Rasse, die nicht geschoren werden muss. Ihr Fleisch ist sehr beliebt. Und ich habe hier als Züchter eine good reputation.“

Adventskranz und Krippe

Weihnachten in Australien verläuft witterungsbedingt anders als in Deutschland. „Es gibt eigentlich kaum echte Tannenbäume. Die meisten sind aus Kunststoff oder es sind dekorierte Trockenzweige. Neulich hatten wir eine große Ausstellung in der benachbarten Stadt mit über 120 Exemplaren. Bei uns zu Hause läuft es alles eher im kleinen Rahmen“, verrät der rüstige Senior, der bei unserem Telefongespräch - Australien ist unserer Zeit zehn Stunden voraus - gemütlich im heimischen Sessel sitzt.

Friedrich Vogelsang (Zweiter von rechts) bei einem Heimatbesuch in Hallenberg gemeinsam mit (von links) Hermann Pöllmann, Willi Berkenkopf und  Franz-Josef Ante (von links).
Friedrich Vogelsang (Zweiter von rechts) bei einem Heimatbesuch in Hallenberg gemeinsam mit (von links) Hermann Pöllmann, Willi Berkenkopf und Franz-Josef Ante (von links). © Rita Maurer

Zurzeit steht ein Adventskranz auf dem Tisch, der Heiligabend von einem Kunststoffbaum abgelöst wird. Und aus dem Schrank im Wohnzimmer werden die Krippenfiguren ausgepackt. Die Kinder und die zwölf Enkel werden vermutlich nicht kommen. Sie leben weit weg von Forbes, einer in Hong Kong. „Und bei der Hitze fährt man in unserem Alter an den Feiertagen nicht auch noch durch die Gegend.“

Hier kocht der Chef selbst

Vermutlich wird Friedrich Vogelsang persönlich zum Festmahl den Kochlöffel schwingen. „Ich koche leidenschaftlich gerne. Das mit den Plätzchen zu Weihnachten muss meine Frau manchen. Ich denke, es wird einen Backschinken geben. Kalt aufgeschnitten, dazu diverse Salate, Wassermelone und Eis zum Nachtisch. Und natürlich auch ein bisschen Alkohol. Der australische Wein ist sehr gut, aber auch das Bier.“

Er kennt sich aus und hat auch den unmittelbaren Vergleich zum Hallenberger Bier, das er bei seinem letzten Heimatbesuch probiert hat. Immer zum Schützenfest reist er dann an; von seinem Schuljahrgang mit ursprünglich 36 Leuten leben heute noch 14. Aber es ist immer wieder schön, von alten Zeiten zu sprechen. Die Erinnerungen an Flocken, Eis, Kälte und an das Glockengeläut von St. Heribert trägt er auch in Australien in seinem Herzen.

 Die Familie Vogelsang in Australien.
 Die Familie Vogelsang in Australien.

Europäische Lieder singen

Heiligabend wird er seiner Frau ein kleines Geschenk machen und am ersten Weihnachtstag geht es in die Messe. „Die Kirche ist die größte Verbindung mit anderen Menschen, die wir hier haben. Sie ist zum Glück nur fünf Kilometer von unserem Zuhause entfern. Gesungen werden die Klassiker aus Europa wie ,Stille Nacht‘ oder ,O du fröhliche‘ – aber natürlich auf englisch.“

Schnee, den hat es zuletzt vor zehn, zwölf Jahren bei den Vogelsangs in Australien gegeben – und dann im Mai/Juni. „Natürlich haben wir auch hier unsere australischen Alpen, die bis zu 2250 Meter hoch sind. Und da liegt auch Schnee. Aber das ist weit weg von Forbes. Fast so weit weg wie Hallenberg. Schöne Weihnachtszeit und herzliche Grüße nach Australien!

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