Bigge. Werner Schwering präsentiert seit August einmal im Monat Geschichten mit dem Kamishibai. Ursprünglich japanisches Erzähltheater kommt gut an.

Ganz ruhig sitzen sie da und lauschen, während Werner Schwering die Geschichte vom „Wundervollen Nikolaus“ vorliest und dabei Folie für Folie passende Bilder in einem Holzkasten präsentiert. Rund 15 Minuten lang zieht der Olsberger sein Publikum damit in den Bann der Geschichte eines Heiligen und präsentiert gleichzeitig eine ganz neue Art des Erzählens: das Kamishibai-Theater. Es funktioniert – 15 Minuten Zuhören ist für kleine Kinder schon ganz schön lang!

Der Anfang ist immer der Gleiche. Die Flügeltüren des Holzkastens – er ist so groß wie ein kleiner Koffer – werden geöffnet, ein roter Vorhang präsentiert sich, dann beginnt die Geschichte. Der Vorhang ist eine feste Folie zum Einstecken, wie die anderen Bilder auch. Werner Schwering liest vor, Folie für Folie präsentieren sich dem Publikum die großen Bilder zum Text. Am 5. Dezember, dem Vorabend zum heutigen Nikolaustag, geht es genau um diesen Heiligen.

Bild 1: „Der Hunger treibt Bischof Nikolaus aus dem Bett...“

Kamishibai - Werners Erzähltheater in der Stadtbücherei Olsberg. Am 5. Dezember ging's um die Geschichte vom Nikolaus.
Kamishibai - Werners Erzähltheater in der Stadtbücherei Olsberg. Am 5. Dezember ging's um die Geschichte vom Nikolaus. © Sonja Funke

Kinder, Eltern und Großeltern erfahren, dass damals eine große Hungersnot herrschte. „Ja, es ist eine religiöse Geschichte, aber sie ist doch irgendwie schön“, sagt Werner Schwering. Denn Bild für Bild schildert er nun, wie Nikolaus letztlich den Menschen zeigt, wie gut sie teilen können. Schwering selbst indes, der Rentner ist und lange Jahre in der Jugendhilfe arbeitete, teilt gerne seine Freude an Büchern mit den ganz Kleinen.

Bild 6: „Möwen teilen sich einen Fisch... so haben sie sich noch nie verhalten.“

Dem Bischof kommt eine Idee. Warum sollen die Menschen nicht teilen können? Werner Schwering teilt auch. Er teilt seit Jahren seine Zeit mit jungen Menschen, als Vorlesepate im Städtischen Kindergarten Olsberg. „Das Schöne ist, man bleibt ein bisschen jung beim Lesen. Sich damit auseinanderzusetzen, was die Kinder gerne hören wollen, das ist nicht immer nur einfach. Aber es macht Freude.“ Seminar für Seminar hat er sich für sein junges Publikum fortgebildet, mal in der Stadtbücherei, mal auch in Hardehausen. Dort ist er auf Kamishibai gestoßen, diese besondere japanische Erzählform. „Als die Büchereileiterin das dann beim Vorlesepatenstammtisch vorstellte, wusste ich, das möchte ich ausprobieren.“

Die Möglichkeit bot sich in der Bücherei selbst, wo er seit August einmal im Monat nachmittags liest.

Gerade ist er beim Schiff angelangt, das voll mit Getreide im Hafen hält. Zögernd gibt der Kapitän ihm einen Sack. Nikolaus verteilt daraus.

Bild 10: „Nikolaus teilt das Getreide an alle aus, aber das Korn wird nicht weniger.“

Info

  • Kamishibai setzt sich aus „kami“ (Papier) und „shibai“ (Theater) zusammen. In Japan war es Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Straßen besonderes populär und lockte an rollende Süßigkeiten-Buden.
  • Stadtbücherei-Leiterin Petra Böhler-Winterberg freut sich, mit Werner Schwering einen Mann als Vorleser gefunden zu haben, weil Kinder gerade auch im Kindergartenleben ja eher selten männliche Pädagogen erleben.

Auch Kinder können nicht genug von Geschichten bekommen. Das weiß Werner Schwering und für ihn gibt es kein schöneres Geschenk als zufriedene Gesichter. Dafür übt er vor seinen Vorlesestunden mit seiner Frau. Er leiht sich immer wieder neue Bücher aus. Und er versucht Interaktion mit den Kindern. Auch heute beim Kamishibai hören sie ihm gebannt zu, er ist sehr zufrieden. Aber für die Zukunft, wenn er noch ein wenig erfahrener mit dieser Art des Erzählens ist, dann möchte er nicht nur frei vortragen können. Nein, er möchte auch Interaktion. „Man muss schließlich auch gucken, dass man die Kinder mitnimmt. Nicht alle können sich heute lange konzentrieren.“ Da ist Interaktion – die Frage: Was seht ihr da wohl? – immer gut. „Mein Traum ist, dass ich mit den Kindern gemeinsam eine Geschichte entwickle, die sie dann vortragen“, sagt Schwering. Es gibt auch Blanko-Karten vom Kamishibai, auf denen das geht. Bis dahin stehen aber erstmal jede Menge Märchen an – am 23. Januar, 15 Uhr, geht es mit dem „Sterntaler“ in der Stadtbücherei weiter.

Bild 12: „Nicht ein Körnchen Getreide fehlt von der Ladung. Die Hungersnot hat ein Ende. Gott hat geholfen.“

Wer hilft, dem hilft Gott, eine schöne Botschaft. Werner Schwering liest nächsten Samstag nicht vor Kindern, sondern in der Seniorenresidenz Christophorius in Brilon – auf ausdrücklichen Wunsch der Bewohner. Das ist ungewohnt, aber doch, vor älterem Publikum hat er sein Kamishibai auch schon präsentiert: Großeltern oder Eltern als Begleiter in der Bücherei. „Einer Dame hat letztes Mal etwas gefehlt: ,Und wenn sie nicht gestorben sind, dann...’“ Der typische Märchen-Schlusssatz. Na, das sollte machbar sein.

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