Winterberg. . Eine echte Winterberger Institution feiert bald ihr 100-jähriges Bestehen. Mittlerweile frisiert die vierte Familiengeneration im Salon Abel.
In den 100 Jahren seit 1918 hat sich in der Welt so gut wie alles verändert. Eines aber nicht: Der Friseursalon Abel ist immer noch in der Hand derselben Familie. Verena Sander, Enkelin des Gründers und heute Seniorchefin, gerät schnell ins Erzählen – zu reich ist der Familienfundus an Anekdoten. Von den Sportlern, die nach einem Haarschnitt im Salon Abel Weltmeister wurden. Von den handgeschriebenen Weihnachtskarten, die es jedes Jahr für die Kunden gibt. Vom Opa Hugo Abel, der das Unternehmen 1918 gründete, „nur vier Wochen nach Kriegsende“.
Vier Jahre lang war der Salon damals am unteren Waltenberg ansässig, dort, wo heute ein Optikergeschäft liegt. „Während der Bauphase für das eigene Haus lief Opa zum Arbeiten zwischen dem Salon und der Baustelle hin und her. 1922 war das Haus fertig.“
Ohne die Familie ging es nie
Untere Pforte 2 – das ist seitdem die Adresse, die das Leben der Familie bestimmt. Die Familie ist der Kernpunkt des ganzen Unternehmens, auch drei Generationen später noch. „Wir machen alles etwas anders, etwas persönlicher“, sagt Sander, die den Salon heute mit ihrer Tochter betreibt. Sie erinnert sich gern an die Zeiten, als vier Generationen der Familie über dem Salon wohnten – mit nur einer gemeinsamen Küche, in der Sanders Mutter bis ins hohe Alter für die Verpflegung der ganzen Truppe samt Angestellten und Kunden sorgte. Manche Kunden seien extra mittags gekommen, wenn es Essen gab. „Kunden, aber auch ehemalige Azubis schwärmen heute noch davon, wie familiär es bei uns zuging – trotz der harten Arbeit.“ Wenn sie so spricht, glaubt man Sander ohne weiteres, dass sie hart ins Gericht gehen kann mit den Prüflingen, die sich ihrem Urteil stellen. Seit 40 Jahren gehört sie dem Prüfungsausschuss an. „Von 25 Leuten, die bestehen, kann man vielleicht drei wirklich gebrauchen. Die anderen schimpfen sich zwar Friseure, haben aber kein Empfinden.“
Aktionen zum Jubiläum
Am Sonntag, 9. Dezember, wird das 100-Jährige gefeiert. An diesem Tag sind alle Kunden und Gäste von 11 bis etwa 15 Uhr in den Salon eingeladen. Selbstgebackene Plätzchen und ein kleines Geschenk für jeden soll es geben.
Am Montag, 3. Dezember, gibt es zudem einen Kosmetik-Nachmittag, für den noch Anmeldungen entgegengenommen werden.
Friseure seien nicht nur Fachleute für schönes Haar, sondern auch Berater, Psychologen, Nachrichtenzentrale, Geheimtipp-Quelle für Touristen – und müssten sich lebenslang weiterbilden. Diesen Maßstab legt sie auch an sich selbst an. Um bei einem ehemaligen Azubi, der inzwischen Europameister geworden war, selbst noch einmal Stunden zu nehmen, fuhr sie lange jeden Sonntagmorgen nach Duisburg. „Ich liebe meinen Beruf“, sagt sie mit hörbarer Überzeugung.
Spaß an Herausforderungen
Kunden, die mit einer Herausforderung – wie dem Foto einer historischen oder Partymotto-Frisur – zu ihr kommen und sagen: „Das will ich“, machen ihr besonders viel Spaß. Und wenn es einen Haartrend der vergangenen 100 Jahre gibt, der ihrer Meinung nach eine Renaissance verdient, dann wären es die Frisuren der 20er Jahre. Auch, wenn heute der Salon nur noch zwei Personen beschäftigt, ist das familiäre Flair erhalten geblieben. „Meine Tochter und ich arbeiten ruhig und Hand in Hand, ohne Musik.“ So bleibt genug Raum für gute Gespräche, Entspannung und Beratung.
Funktioniert habe der Salon all die Jahre nur, weil die Familie nach Kräften unterstützte – von der für die ganze Meute kochenden Mutter bis zu Verena Sanders vor zwei Jahren verstorbenem Mann. Der war zwar kein Friseur, aber „ein hervorragender Handwerker und die gute Seele des Ganzen“.
Umso mehr freut sich die heutige Seniorchefin, dass inzwischen auch ihre beiden vier und neun Jahre alten Enkelinnen Interesse am Friseurhandwerk zeigen. Die Chancen steigen also, dass irgendwann eine fünfte Generation die zahlreichen Stammkunden frisiert.