Padberg. . Die Fachwerksynagoge in Padberg wurde damals nicht zerstört, weil sie schon vorher umfunktioniert wurde. Heute ist sie ein Mahnmal für Toleranz.

Für Ortsheimatpfleger Norbert Becker ist der Erhalt der alten Fachwerksynagoge in seinem Heimatdorf eine Herzensangelegenheit. Bis 1932 diente sie als Gotteshaus, wurde dann verkauft und umfunktioniert. Und so kam es, dass das Gebäude in der Pogromnacht 1938 nicht zerstört wurde.

In den 80er Jahren geriet die im Laufe der Jahre sehr verfallene, leer stehende Padberger Synagoge bundesweit in die Schlagzeilen. Denn es gab Pläne, diese einzige Fachwerk-Synagoge in Westfalen an einen anderen Ort umzusetzen. Heimatpfleger Norbert Becker kämpfte gegen das Vorhaben, schrieb unzählige Petitionen, machte sich für die Renovierung am ursprünglichen Standort stark. Mit Erfolg: Heute dient die sehr schön restaurierte Synagoge als ein „Mahnmal für Toleranz und Verständigung“. Und Norbert Becker freut sich, dass viele Besucher aus der ganzen Welt nach Padberg kommen, um sie zu besichtigten.

15,6 Prozent jüdische Einwohner

Er heißt sie in dem 532 Einwohner zählenden Dorf willkommen und gibt Einblicke in das einmalige Bauwerk. Becker erzählt: Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Synagoge am 9. Februar 1751. „Juden haben Jahrhunderte lang selbstverständlich zu Padberg gehört. Sie waren ein kleiner, aber selbstverständlicher Teil der Dorfgemeinschaft.“ Erst seit 1930 gebe es im Ort keine Juden mehr, so der Heimatpfleger. Wenn er Besuchergruppen durch das ehemalige Gotteshaus führt, erzählt er auch einige geschichtliche Hintergründe, wie zum Beispiel, dass gegen Ende des 17. Jahrhunderts „die Einwanderung von Juden nach Westfalen nicht nur geduldet, sondern sogar begünstigt“ wurde. Demnach durften sich Juden damals in den drei Dörfern der Herrschaft Padberg - also in Beringhausen, Helminghausen und Padberg - selbst niederlassen und Gemeinden gründen.

Synagoge Padberg
Synagoge Padberg © Jutta Klute

Laut Beckers Schriftstücken waren 1703 in der Herrschaft Padberg nur drei Judenfamilien ansässig. 1831 lag der Anteil der jüdischen Einwohnerschaft bei 15,6 Prozent. Mitten in Padberg, am Marktplatz, gab es die Synagoge, zwischen Beringhausen und Padberg einen jüdischen Friedhof und im Haus Kupitz in der Diemelsee-Straße eine eigene Schule. Das preußische Judengesetz von 1847, so Becker, habe die Juden zu Staatsbürgern erklärt. In Padberg profitierten neun Familien davon. Außerdem entstanden im Kreis Brilon drei Synagogen-Gemeinden: Brilon, Niedermarsberg und Padberg. Zum Bezirk Padberg gehörten auch die Juden von Beringhausen, Bontkirchen, Helminghausen, Messinghausen, Rösenbeck, Madfeld und Giershagen. Mitte des 19. Jahrhunderts lebten in Padberg 64 Juden, in Beringhausen waren es 31 und 13 in Helminghausen. Doch nach dem Ersten Weltkrieg war die Zahl der jüdischen Mitbürger so weit zurückgegangen, dass die Synagogen-Gemeinde Padberg aufgelöst wurde. 1931 wurde das Gebäude an einen Handwerksmeister verkauft.

1999 als Gedenkstätte fertig gestellt

Nach den politischen Querelen der 80er Jahre wurde 1999 das renovierte Gebäude als Gedenkstätte und kleines Museum fertiggestellt. Im Erdgeschoss befindet sich eine Ausstellung zur jüdischen Geschichte. Eine Treppe führt zur „Frauen-Empore“. Im unteren Bereich erinnern ein siebenarmiger Leuchter und die Darstellung eines Thora-Schreins an die ursprüngliche Nutzung als Synagoge. Außerdem sind verschiedene gespendete Exponate zu sehen, zum Beispiel eine Thora-Rolle, eine Kippa (jüdische Kopfbedeckung), Gebetskapseln, hebräische Gebetbücher und Fotos.

Gedenkfeier

Zum Gedenken an den 80. Jahrestag der Reichspogromnacht lädt die Stadt Marsberg die Bürger für Sonntag, 11. November, ab 15 Uhr in die Kirche St. Maria Magdalena Padberg ein.

Die Feier ist am Sonntag, weil der eigentliche Jahrestag, die Nacht auf den 10. November, im Jahr 2018 auf den jüdischen Sabbat fällt. Das Heimatmuseum der Stadt Marsberg, der Förderverein „Ring-Padberg“ und das Carolus-Magnus-Gymnasium Marsberg richten sie aus, u.a. wird H. Lemberg aus Köln einen Psalm auf Hebräisch beten und das „E-l Mole Rachamim“ vortragen.

Ausgestellt wird auch ein Aufruf von 1939/40 an die Marsberger, nicht bei Juden zu kaufen. „Es ist ein wichtiges Zeitdokument, das hierhin gehört, um zu zeigen, was damals passiert ist“, sagt Becker, der die Erinnerung an diese schlimme Zeit wach halten will. Sein Vater als Zeitzeuge habe ihm von vielen erschütternden Dingen und Schicksalen erzählt. „Er hat mich sehr geprägt. Er war Kommunist und Widerstandskämpfer und wurde damals mit elf anderen Sozialdemokraten und Kommunisten verhaftet und geschlagen“, erinnert sich der heute 79-Jährige. Seit 1975 ist Becker Heimatpfleger und unternimmt aktiv etwas gegen das Vergessen.

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