Brilon/Olsberg. . In Brilon müssen Anlieger sich in diesem Jahr mit rund 2,1 Millionen an Straßenausbaumaßnahmen beteiligen, in Olsberg mit 15.900 Euro.

Wann steigt bei uns die erste „Strabs-Party“? Und wo? In Bayern waren die in diesem Jahr vielerorts angesagt. Dazu gab es einen besonderen Grund: Bürger feierten bei Blasmusik die Abschaffung der „Strabs“, der Straßenausbaubeiträge. Allen voran die Freien Wähler. Die hatten das Thema als Volksbegehren im Freistaat auf den Weg gebracht, im Landtag durchgesetzt - und letztendlich bei der Wahl am vergangenen Wochenende die Ernte eingefahren. Auch in NRW ist dazu eine Volksinitiative nach § 67 der Landesverfassung angelaufen. Initiiert hat sie der Bund der Steuerzahler. Begründung: Die Belastung sei zum Teil „ruinös“ und sie erfolge „ohne Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit des Beitragsschuldners“, so BdST-Landesvorsitzender Heinz Wirz.

Großes Unverständnis in der Südstraße

In Brilon kochte das Thema Anfang des Jahres hoch, als die Stadt für den Ausbau der Südstraße einen Anliegerbeitrag von 19,64 Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche ansetzte. Im Extremfall wären dort rund 30.000 Euro für einen Anlieger fällig gewesen. Grundlage für den Anliegerbeitrag ist § 8 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) für NRW.

§ 8 Kommunalabgabengesetz NRW

Absatz 2: Beiträge sind Geldleistungen, die dem Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung und Erweiterung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen im Sinne des § 4 Abs. 2, bei Straßen, Wegen und Plätzen auch für deren Verbesserung, jedoch ohne die laufende Unterhaltung und Instandsetzung, dienen. Sie werden von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür erhoben, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden.

Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, so tritt an die Stelle des Eigentümers der Erbbauberechtigte.

Für den Verband Wohneigentum NRW sind das „unkalkulierbare Kosten“, die mit den Jahren auf Hausbesitzer zukommen können und die „manche Hauseigentümer in ihrer Existenz“ bedrohen. Sowohl ältere Eigentümer, die - so Verbandssprecher Hans Michel Schiller (Dortmund) - aufgrund des sinkenden Rentenniveaus neben den Instandhaltungskosten für das Wohneigentum nicht auch noch Rücklagen für die öffentliche Hand bilden können, sind betroffen. Auch könnten Käufer wegen der steigenden Immobilienpreise trotz Niedrigstzinsphase in den ersten Jahren nur schwer extra etwas auf Seite legen. Sollte nach einigen Jahren die Sanierung einer Anliegerstraße anstehen, reiße das Riesenlöcher in die Familienkasse.

Die Briloner Beitragssatzung sieht für die Anlieger einen Obolus von 10 bis 60 Prozent der sog. beitragsfähigen Kosten einer Baumaßnahme vor: in Anliegerstraßen ist der Anteil mit 50 Prozent für die Fahrbahn und 60 Prozent für den Gehweg am höchsten, an einer Haupterschließungsstraße sind 30 bzw. 50 Euro fällig und an einer Hauptstraße 10 bzw. 50 Prozent. „Anfangs“, sagt Beigeordneter Reinhold Huxoll, „herrscht oft Unverständnis über die Heranziehung zu den Kosten.“. Das gebe sich aber meistens, wenn man den Anliegern sachlich die Rechtslage darstelle.

Der Bund der Steuerzahler verdächtigt die Kommunen, bewusst die ihnen obliegende Unterhaltung von Straßen zu vernachlässigen. Heinz Wirz in einer Verbandsmitteilung: „Sie sparen an der Instandhaltung und wälzen die Kosten für die später notwendige Erneuerung weitgehend auf die Grundstückseigentümer ab.“ Vielleicht, so Wirz, sei dies ja ein Grund „für den erbärmlichen Zustand der Verkehrwege in vielen Gemeinden“.

SPD Olsberg wollte Aufschub der Projekte

Die SPD-Fraktion im Rat Olsberg hatte vor dem Hintergrund zur Zeit auf Landesebene laufender „verschiedener Bemühungen“, die Finanzierung von KAG-Maßnahmen, neu zu ordnen, alle von der Stadtverwaltung geplanten diesbezüglichen Maßnahmen „zunächst für ein bis zwei Jahre zurückzustellen“. Nach Ansicht der SPD scheine der - in Düsseldorf sowohl von CDU wie auch von SPD unterstützten - Überlegung, einmalige hohe Beiträge „durch wiederkehrende Straßenausbaubeiträge“ zu ersetzen. Dies würde, so Fraktionssprecher Przygoda, sowohl älteren Hausbesitzern wie auch jungen Familiengründern die „oft sozial belastende Finanzierung wesentlich einfacher machen.“

Das machte die CDU-Fraktion im Rat aber auf Empfehlung der Verwaltung nicht mit. Zum einen, so Bürgermeister Fischer, sei nicht einmal der Ansatz eines Referentenentwurfs für derartige Überlegungen in Düsseldorf erkennbar. Zudem seien Planungen für die nächsten beiden Jahre ausschreibungsreif, etwa die Bruchstraße in Bigge, die Gehwege an der Hüttenstraße in Olsberg oder der kleine Berg in Bruchhausen.

Landesweit 67.000 Unterschriften notwendig

In diesem Jahr hat es in Olsberg drei umlagefähigen Maßnahmen gegeben: die Erneuerung der Beleuchtung in Elisabeth-, Hedwig- und Franz--Hoffmeister-Straße. Gesamtkosten: rund 24.500 Euro, von denen die Anlieger satzungsgemäß rund 15.900 Euro tragen müssen. In Olsberg liegt der Fokus derzeit bekanntlich auf dem Ausbau und der Umgestaltung der Ortsdurchfahrt im Stadtkern. In Brilon dagegen enthält der Etat rund zwei Dutzend Ausbau-Projekte, zu denen die Anlieger rund 2,1 Mio. Euro beizusteuern haben.

Um ihre Volksinitiative zum Ziel zu führen und so den Landtag zu zwingen, sich mit dem Thema zu befassen, müssen innerhalb eines Jahres 0,5 Prozent der Stimmberechtigen den Antrag auf Abschaffung der „Strabs“ zu unterschreiben. Das wären 67.000 Unterschriften.

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