Olsberg. Am Olsberger Staussee muss für Wartungsarbeiten am Grundablass der Stöpsel gezogen werden. Doch vorher müssen die Fische raus.
„Das ist eine mittlere Katastrophe“, sagt Klaus Düppe ernst. Er ist einer der Pächter des Olsberger Stausees. In dem leben eigentlich zahlreiche Fische, darunter Karpfen, Forellen, Schleien, Barsche und sogar Hechte. Doch bei der gestrigen Abfischung durch die Mainzer Stadtwerke landet nur ein Bruchteil in den Keschern.
See gleicht einem riesigen Algenteppich
Der See gleicht einem riesigen Algenteppich. Vergangene Woche hatte die Mainzer Stadtwerke AG als Betreiberin in Vorbereitung auf die von der Bezirksregierung Arnsberg vorgeschriebene vertiefende Talsperrenüberprüfung das Wasser um etwa einen Meter abgelassen. Dadurch sammelten sich die Fische an den tiefsten Stellen des aber ohnehin sehr flachen Sees.
Fische vorübergehend umgesiedelt
Die Fische wurden in den Oberwassergraben am Kraftwerk Alfert bei Ostwig gebracht.
„Hier haben die Fische dasselbe Wasser wie im Stausee, nur dass es drei Stunden später da ist“, erklärt Carsten Weller von den Mainzer Stadtwerken.
Das Kraftwerk steht zurzeit sowieso still, weil es aufgrund der langen Trockenheit zu wenig Wasser führt.
Nach der Überprüfung kommen sie zurück in den Stausee.
„Das Seekraut und die Algen machen uns die Arbeit nicht leicht“, sagt Fischereiexperte Jonas Rose. Er sitzt mit seinem Kollegen Patrick Köster und Robert Baumgärtner von den Mainzer Stadtwerken im selben Boot. Das hat einen Hochspannungsgenerator an Bord. An den sind Kescher und ein stromführender Ausleger angeschlossen. Über ein Fußpedal kann Jonas Rose den Stromkreis schließen und so ein Spannungsfeld unter Wasser erzeugen. Der elektrische Impuls betäubt die Fische für einen kurzen Moment. Sie kommen an die Oberfläche und die drei Männer können sie einfangen.
Viel weniger Fische als erwartet
Die Fische werden zunächst in Behältern auf dem Boot gesammelt. Oben auf der Talsperre wartet Michael Stratmann vom Fischzuchtbetrieb Ruhrtal-Forelle. Er nimmt die Fische in den Keschern an und verlädt sie auf seinen Fischtransportanhänger, wo sie in speziellen Tonnen mit Sauerstoff versorgt werden.
Ein Fressen für die Kormorane
Die Abfischung lassen sich auch Michael und Lukas Köster nicht entgehen. Vater und Sohn sind regelmäßig zum Angeln am Stausee. Auch ihnen ist aufgefallen, dass nicht so viele Fische wie erwartet rausgeholt werden. „Bei schönem Wetter kann man bestimmt 20 Karpfen vor der Talsperre sehen. Bisher sind gerade einmal fünf draußen“, stellt Michael Köster am frühen Nachmittag fest.
Besonders die Menge an Forellen ist erschreckend gering. Denn erst dieses Jahr seien noch 800 eingesetzt worden. Durch den niedrigen Wasserstand haben es zwar Fischreiher, Kormorane und Waschbären leichter, an ihre Beute zu kommen. Doch das allein erklärt nicht, warum die geschätzte Menge von einer Tonne Fisch weit verfehlt worden ist. „Das lohnt sich ja dann gar nicht mehr hier zu angeln“, befürchtet Michael Köster.
Pächter spricht von großen Verlusten
„Wir haben auf jeden Fall großen Verlust. Die Frage am Ende ist, wie groß“, sagt Klaus Düppe. „Wenn es nach mir ginge, hätte ich versucht, die Maßnahme zu vermeiden. Wenn der Weiher ausläuft, wird gerade mal die Wiese dahinter nass“, zweifelt der Pächter an der Notwendigkeit der Aktion. Zumindest sind die Mainzer Stadtwerke aber bereit, sich an einem neuen Fischbesatz zu beteiligen.
Am 4. und 5. Oktober soll das restliche Wasser abgelassen werden, um den sogenannten Grundablassschutz in Augenschein nehmen zu können. Er befindet sich am Fuß der Staumauer und ist sozusagen der „Badewannenauslauf“ des Sees. „Wenn der Grundablassschütz bricht, läuft der Weiher leer“, verdeutlicht Carsten Weller.
In zwei Wochen soll der wieder aufgestaut werden. Bei dem aktuellen Wasserstand des ohnehin flachen Sees (siehe zweiter Text) wird das sehr lange dauern. „Es müsste auf jeden Fall regnen“, da sind sich Carsten Weller und Klaus Düppe einig.
Drohne soll Klarheit über den Zustand des Sees schaffen
Der Olsberger Stausee dient als Staubecken für den Kraftwerksblock Steinhelle 2, der mittels einer Kaplanturbine über ein Gefälle von sieben Metern elektrische Energie mit einer Leistung von bis zu 240 Kilowatt erzeugt.
2016 hat die Mainzer Stadtwerke AG hat ihn von der RWE übernommen. Der große Querschnitt des 510 Meter langen Sees bremst das Wasser, so dass die Sedimente aus der Ruhr zu Boden sinken. Das heißt, organisches Material setzt sich als Schlamm oder Torf ab und verringert die Wassertiefe zusehends.
Die Mainzer Stadtwerke AG plant deshalb im Zuge der Talsperrenüberprüfung, den See in der kommenden mit einer Drohne zu überfliegen. „Wir wollen uns einen Überblick verschaffen und das macht jetzt Sinn, wo das Wasser abgelassen ist“, erklärt Carsten Weller.
Strömung muss verändert werden
Da der Stausee ohnehin eine sehr geringe Wassertiefe hat – etwa im Bereich von 1,50 und 2 Meter – fällt die Verlandung hier umso stärker auf. „Wir müssen uns mittelfristig etwas einfallen lassen, wie wir damit umgehen. Im einfachsten Fall reicht ausbaggern oder man beeinflusst die Strömung mit wasserbaulichen Maßnahmen“, sagt Weller. Ist die Fließgeschwindigkeit zu gering, verlandet der See, ist sie wiederum zu hoch, bilden sich durch die aufgewirbelten Ablagerungen Faulgase, die ein Fischsterben verursachen. Der Drohnenflug ist nun der erste Schritt zur Lösungsfindung. Bis zur finalen Umsetzung werde es aber sicherlich bis Mitte der 20er-Jahre dauern, so Weller.
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