Hochsauerlandkreis. . Die Westfalenpost hat mit Dr. Reinhard Langer, Arbeitsagentur Meschede/Soest, über Entwicklungen auf dem Sauerländer Arbeitsmarkt gesprochen.
Gute Chancen für Jobsuchende im Hochsauerlandkreis. Die Arbeitsmarkdaten sind seit langer Zeit gut. Die Westfalenpost hat mit Dr. Reinhard Langer, Geschäftsführer Operativ der Arbeitsagentur Meschede/Soest, über Entwicklungen auf dem Sauerländer Arbeitsmarkt gesprochen.
NRW-weit waren im August 6,8 Prozent Menschen ohne Arbeit. Da kann man für unsere Region ja schon fast von Vollbeschäftigung sprechen, oder?
Dr. Reinhard Langer: Ja, ich würde sagen: Fast Vollbeschäftigung. Es gibt keine ganz genaue Definition, aber bei einer Quote von rund drei Prozent spricht man in der Regel von Vollbeschäftigung. Besonders erfreulich ist hier bei uns, dass in einigen Teilen des HSK, z.B. im Bereich der Geschäftsstellen Olsberg und Schmallenberg, der Anteil von Arbeitslosengeld-I- und Arbeitslosengeld-II-Beziehern etwa gleich hoch ist. Das ist eher ungewöhnlich, denn normalerweise beziehen in NRW über 70 Prozent der Arbeitslosen Grundsicherung, also Hartz-IV, und nur knapp 30 Prozent Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Das ist ein Indiz dafür, dass es der Region gut geht. Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist im Landesvergleich sehr niedrig.
Wie hat sich die Marktlage im HSK in den letzten Jahren entwickelt?
Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ist in den letzten fünf Jahren im gesamten Bezirk Meschede-Soest um über neun Prozent gestiegen. Gleichzeitig hat die Zahl der Arbeitslosen abgenommen. Die Zahlen zeigen, dass die konjunkturelle Lage sehr gut ist. Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass es nicht um eine Zunahme von Minijobs geht, sondern um Menschen, die eine sozialversicherungspflichtige Arbeit haben.
Immer mal wieder wird jedoch Kritik laut, dass in der offiziellen Statistik nicht alle Menschen, die tatsächlich ohne Job sind, auch erfasst werden. Wer taucht in den monatlich präsentierten Zahlen nicht auf?
In der Arbeitslosenquote sind nur die tatsächlich arbeitslos gemeldeten Menschen enthalten. Darüber hinaus gibt es aber auch zum Beispiel Personen, die sich in Arbeitsmaßnahmen befinden, Menschen im Alter, für die Sonderregelungen gelten, 1-Euro-Jobber, Menschen, die eine berufliche Weiterbildung machen oder Existenzgründer, die durch einen Zuschuss gefördert werden. Aber auch diese Gruppen tauchen natürlich in unseren Statistiken auf und werden dort entsprechend aufgeführt. Hinzu kommt sicherlich auch eine gewisse sogenannte „stille Reserve“. Das sind Menschen, die nicht arbeitslos gemeldet sind, sich aber vorstellen können, eine Arbeit aufzunehmen, wenn die Voraussetzungen stimmen.
Geht aus Statistiken hervor, wie viele Menschen einen Job haben, von dem sie nicht leben können?
Nein, das kann man nicht direkt ablesen, denn man weiß ja nicht, ob jemand neben seinem Vollzeitjob noch einen Minijob hat, weil er nicht genug Familieneinkommen erzielt oder ob er zusätzlich Geld verdienen möchte, um sich zum Beispiel einen Urlaub zu finanzieren. Es gibt auch Arbeitnehmer, die mehrere Minijobs machen oder Hartz-IV-Bezieher, die ein zusätzliches Einkommen haben möchten. Sie können bis zu 100 Euro ohne Abzüge dazu verdienen. Insgesamt gibt es im HSK 33 000 geringfügig Beschäftigte, 21 000 von ihnen sind ausschließlich geringfügig beschäftigt; 12 000 im Nebenjob. Wir haben festgestellt, dass es eine Verschiebung zu denjenigen gibt, die einer geringfügigen Beschäftigung im Nebenjob nachgehen, also noch anderweitig Geld verdienen. Zu wenig, um den Lebensunterhalt zu finanzieren, haben Menschen, die Arbeitslosengeld-I beziehen und eine Aufstockung durch die Grundsicherung erhalten. Das sind 122 Menschen im HSK. Außerdem gibt es Aufstocker, die trotz Arbeit nicht genug Geld zum Leben haben. Diese Personengruppe fällt aber nicht in den Zuständigkeitsbereich der Arbeitsagentur, sondern in den der Jobcenter.
Wie sieht es im HSK mit der Jugendarbeitslosigkeit aus? Im Bereich Marsberg sind 70 unter 25 ohne Job – in den übrigen Städten sind 123 junge Menschen arbeitslos. Wie haben sich die Zahlen entwickelt?
Im HSK gehören wir zu den Agenturen in NRW mit sehr geringen Zahlen im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit. 2016 hat es allerdings einen gewaltigen Sprung gegeben. Grund war, dass in diesem Jahr sehr viele junge Flüchtlinge zu uns gekommen sind. In den vergangenen zwei Jahren sind die Zahlen aber wieder zurückgegangen und sind inzwischen wieder auf dem Niveau von 2015. Generell ist es so, dass zweimal im Jahr, im Januar/Februar und im Juli/August die Zahlen steigen. Doch viele junge Menschen sind dann nur sehr kurzfristig arbeitslos, bis sie nach dem Ende ihrer Ausbildung eine Beschäftigung anfangen.
Die aktuellen Arbeitslosenquoten
Die Arbeitslosenquote im Hochsauerlandkreis liegt aktuell bei 4,1 Prozent.
In den Agenturbezirken Olsberg – die die Stadt Brilon, Olsberg, Winterberg, Hallenberg und Medebach betreut – sowie in Schmallenberg sind sogar nur 2,8 Prozent ohne Arbeit.
Die Geschäftsstelle Marsberg meldete zuletzt eine Arbeitslosenquote von 4,1 Prozent.
Ende August waren 490 Ausbildungsplätze noch nicht besetzt. Ist es für die heimischen Unternehmer schwieriger geworden, passende Azubis zu finden?
Wir haben deutlich mehr Plätze als Bewerber. Rechnerisch gibt es 1,1 Stellen pro Jugendlichem, der einen Ausbildungsplatz sucht. Wir haben in der Region sehr viele Hotels und Gaststätten. Dadurch gibt es in diesem Bereich auch sehr viele Ausbildungsstellen. Der Berufswunsch Hotelfachfrau lag aber 2017 bei den Mädchen auf der Wunschliste erst auf Platz 8, bei den Jungen taucht der Beruf Hotelfachmann unter den ersten zehn gewünschten Berufen gar nicht auf. Auch im Nahrungsmittelhandwerk gibt es sehr gute Chance auf einen Ausbildungsplatz, aber auch in diesem Bereich möchten viele nicht arbeiten. Sehr beliebt sind dagegen bei den Mädchen Stellen in den Bereichen Handel, Kauffrau, medizinische Fachangestellte, bei den Jungen daneben auch gewerblichtechnische Ausbildungen.
Manchmal passt es dann offenbar einfach nicht zusammen...
In unserer Berufsberatung zeigen wir den jungen Leuten mögliche Alternativen auf, wenn es mit dem Traumberuf nicht klappt, weil zum Beispiel die Schulzeugnisse nicht entsprechend sind. Sehr beliebt ist beispielsweise der Beruf des Industriekaufmanns. Bekommt ein Bewerber keine Stelle, machen wir deutlich, dass es auch andere Berufe im kaufmännischen Bereich gibt, die sehr attraktiv sind.
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