Brilon. . Sie ist Brilons „Bio-Frontfrau“. 25 Jahre lang hat Ursula Kracht-Philipp den Bio-Laden in Brilon geführt. Jetzt übergibt sie ihn an Lisa Brom.

Bio ist zum Lifestyle geworden. Als Ursula Kracht-Philipp vor 25 Jahren ihr Naturkostgeschäft eröffnete, konnte sie diese Entwicklung nicht voraussehen. Angefangen in den 1980er Jahren in der Hubertusstraße, ging es Mitte der 1990er in die Ladenräume der jetzigen Fahrschule in der Derkeren Straße. „Irgendwann hatte ich dann den Mut, das Ganze etwas größer zu machen“, erzählt Kracht-Philipp. Und so ging’s dann nach nebenan. Die Briloner hatten sich zu dem Zeitpunkt längst an Bioprodukte gewöhnt, ein Teil ihrer Kundschaft sei schon beinahe zu Freunden geworden. Die werden sich bald jedoch an ein neues Gesicht gewöhnen müssen: „Brilons Bio-Frontfrau“, wie eine Stammkundin sie nennt, hört Mitte September auf.

Nachfolgerin mit Bio aufgewachsen

Ihre Nachfolge wird die 35-jährige Lisa Brom aus Brilon antreten. „Lisa ist ein echter Glücksfall für mich. Ihr Vater kommt schon seit ich denken kann zu mir in den Laden.“ Dadurch sei sie natürlich stark mit Bio-Produkten aller Art verbunden. Das treffe generell auf immer mehr junge Leute zu. „Besonders natürlich, wenn schon die Eltern das vorgelebt haben.“ Gerade in Uni-Städten boomt die Bio-Branche. „Junge Leute machen sich heute viel mehr Gedanken um die Umwelt. Auch um Verpackungsmüll“, so Kracht-Philipp. Ein besonderes Anliegen der Nachfolgerin Lisa Brom ist daher, Verpackungen weiter zu reduzieren.

Aus der Studentenbewegung entstanden

Bio- oder Naturkostläden entstanden als Folge der 68-er Studentenbewegung.

Als erster Bio-Laden gilt das 1971 in Berlin eröffnete Peace Food. Das Angebot umfasste vor allem vegetarische Lebensmittel aus traditioneller Erzeugung in Säcken oder Kartons sowie selbst gemischte Müslis. Hinzu kamen Waren, die den alternativen Lebensstil symbolisierten, zum Beispiel Kerzen, Räucherstäbchen sowie Bücher und Broschüren zum Umweltschutz und zur Arbeit außerparlamentarischer politischer Gruppen und Bürgerinitiativen.

In den 80er Jahren, parallel zur Etablierung der Grünen, erreichte der Kundenkreis dann auch das Bürgertum. Es entstanden überregionale Einkaufs- und Vermarktungsorganisationen, Qualitätsstandards wurden schließlich auch eingeführt.

Als die Supermärkte anfingen ins Biogeschäft einzusteigen, seien kurze Zeit etwas weniger Leute in den Laden gekommen. Das habe sich aber schnell wieder gelegt. „Ich denke, das liegt zum einen am Geschmack, aber auch an der Persönlichkeit“, vermutet Kracht-Philipp.

Milchprodukte gut im Rennen

Besonders gut liefen Milchprodukte aller Art. „Ganz besonders auch das Sortiment von Upländer.“ Gerade bei jüngeren Leuten stehen bekanntlich vegane Produkte auf dem Einkaufszettel. Ob veganes Gyros oder verschiedene Tofusorten, all das bekommt man ebenfalls im Bioladen in der Derkeren Straße. Extra ausgebaut habe sie das Sortiment zwar nicht, „aber ich habe immer etwas da“, sagt Kracht-Philipp.

Ein Verkaufsschlager seien auch nach wie vor die Eier der Bruderhahn-Initiative. Die männlichen „Bruder“-Küken der Legehennen werden hier nach strengen Demeter-Richtlinien aufgezogen, statt, wie sonst üblich, gleich nach dem Schlupf im Schredder zu landen.

Heimische „Superfoods“ nutzen

Seit einer ganzen Weile schon sind zudem die so genannten „Superfoods“ wortwörtlich in aller Munde. Ob Goji- und Acaibeeren, Chiasamen und Co. Ursula Kracht-Philipp sieht den Trend etwas skeptisch. „Unsere heimischen Beeren sind genauso gut.“ Wer etwas für seine Gesundheit tun will, könne statt zu Chiasamen ebenso gut zu Leinsamen greifen. Die sind schließlich nicht nur billiger, sondern als EU-Produkt in der Regel auch weniger schadstoffbelastet. Die Hypes um bestimmte Lebensmittel würden kommen und gehen, sagt Kracht-Philipp. „Einmal waren es die Grapefruitkerne, dann wollte jeder Cranberries.“ Der letzte große Hype sei das Kokosöl gewesen. „Aber das wird ja auch schon wieder weniger.“

Nicht jeden Trend mitmachen

Ursula Kracht-Philipp möchte nicht jeden Trend mitmachen. So gebe es bei ihr beispielsweise kein glutenfreies Brot. Ihre Backwaren beziehe sie schon lange von der Bäckerei Plener in Arolsen. „Die setzen sogar noch ihr eigenes Backferment an.“ Ob die vielen neu auftretenden Allergien und Unverträglichkeiten echt oder eingebildet sind, darüber möchte sie sich aber kein abschließendes Urteil erlauben. Unstrittig ist jedoch, dass die Verbraucher heute öfter die Deklarationen lesen und häufig Wert auf frische und regionale Ware legen würden. Bei allen Produkten sei das natürlich nicht möglich. Etwa bei Zitronen. Die bezieht Kracht-Philipp jedoch niemals aus Südafrika, sondern nur aus Spanien. Ihr Obst und Gemüse bekommt sie bereits seit Jahrzehnten von einem Großhändler aus Göttingen, der ausschließlich Bio-Produkte vertreibt.

Jeden Montag und Donnerstag kommt frische Ware in den Laden, samstags steht zusätzlich der Bio-Stand auf dem Markt. „Die Briloner können also drei Mal in der Woche ganz frische Bioprodukte kaufen.“

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