Hochsauerlandkreis. . Früher oder später wird sich der Wolf auch in NRW wieder ansiedeln. Für Weidetierhalter hält das Land Wolfs-Notfallsets bereit - auch im HSK.
Noch sind Wölfe in Nordrhein-Westfalen nur auf der Durchreise. Doch sei „mit einer natürlichen Wiederbesiedlung zu rechnen“, heißt es auf der Internetseite der Biologischen Station Hochsauerlandkreis. Das Land NRW reagiert mit der Bereitstellung sogenannter Wolf-Notfallsets. Zwei davon sind im Naturschutzzentrum in Brilon eingelagert und können von Weidetierhaltern aus der Umgebung kostenlos ausgeliehen werden.
Im Februar 2017 hatte eine Spaziergängerin am Buttenberg bei Bontkirchen einen Wolf gesehen und diesen fotografiert. Zuletzt bestätigte das Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) eine Wolfssichtung am 3. Juni dieses Jahres im Kreis Höxter. In beiden Fällen handelte es sich nur um durchziehende Tiere.
Andernorts hat sich der Wolf bereits fest angesiedelt: „2016 verteilten sich insgesamt 60 Wolfsrudel auf die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Niedersachsen, Bayern und Thüringen“, sagt Dr. Ingrid Hucht-Ciorga vom Fachbereich Artenschutz des LANUV.
Wölfe kommen aus dem Osten, aus Spanien, Italien und Frankreich
Der Wolf breite sich nicht nur von Osten kommend Richtung Westen aus, sondern auch aus Italien, Frankreich und Spanien kämen einzelne Tiere. Wann genau er sich in NRW niederlassen wird, ist reine Spekulation: „Das kann dieses, nächstes Jahr oder auch in fünf Jahren sein“, sagt Werner Schubert, Leiter der Biologischen Station und einer von mehreren ehrenamtlichen Wolfsberatern im Hochsauerland. „Aber er kommt mit Sicherheit.“
Wie der Luchs ist auch der Wolf europaweit geschützt: „Er gehört in unsere Landschaft. Nur sind wir es nicht mehr gewohnt, dass er hier ist“, so Werner Schubert. Allerdings sei er nun mal ein Raubtier und vor allem für Weidetiere wie Schafe eine Gefahr. Im August 2017 hatten sich daher Weidetierhalter aus dem Hochsauerland-kreis an einem Mahn- und Solidarfeuer gegen die Ausbreitung des Wolfes vom Verband der Weidetierhalter in Niedersachsen beteiligt. Sie fürchteten die „unkontrollierte Wiederansiedlung des Wolfes“.
Das Land NRW beschäftigt sich schon länger mit der Rückkehr des Wolfes. So gibt es einen „Handlungsleitfaden für das Auftauchen einzelner Wölfe“. Vor vier Jahren förderte das NRW-Umweltministerium auf Drängen des Schafzuchtverbands NRW außerdem die Anschaffung von sogenannten Wolf-Notfallsets (Kostenpunkt: 3000 Euro pro Set). Diese lagern an drei Stellen in NRW: Im Oberbergischen Land, im Kreis Minden-Lübbecke und eben im Hochsauerlandkreis.
Weidetierhalter müssen Wolfsangriff nachweisen
Ein Set besteht unter anderem aus mehreren Elektronetzen mit einer Länge von jeweils 50 Metern und einer Höhe von mehr als einem Meter. Oben verläuft eine stromführende Breitbandlitze. „Das Ganze ist deutlich höher als ein normaler Weidezaun, damit der Wolf nicht einfach drüber springen kann“, erklärt Werner Schubert. Ein Weidezaungerät und ein Hochleistungsakku sorgen bei Kontakt für „einen ordentlichen Stromschlag“. Eine Wildkamera dient der Beweispflicht, die Weidetierhalter bei einem Tierriss erbringen müssen. Nur dann erhalten sie vom Land eine finanzielle Entschädigung.
Am sichersten ist jedoch eine DNA-Probe. Hier kommen die Wolfsberater ins Spiel. Bei Verdacht auf einen Wolfsangriff suchen sie im Umfeld nach Spuren und entnehmen an den Wundrändern des gerissenen Tieres DNA-Material. Dieses wird zum LANUV geschickt und dort untersucht. Bis ein Ergebnis vorliegt, kann es allerdings einige Wochen dauern.
Wie verhalte ich mich bei einer Begegnung?
Der Wolf sei zwar ein Raubtier, Menschen greife er aber nicht an. Vielmehr meide er sie, so Werner Schubert.
Wer einem Wolf begegnet, sollte stehenbleiben, ihn nicht anlocken oder bedrängen.
Lautes Rufen oder Klatschen helfen, das Tier zu vertreiben.
Nur wenn der Wolf dem Menschen gefährlich wird, er seine natürliche Scheu verliert und beispielsweise gezielt Ortschaften aufsucht, darf er gefangen oder sogar geschossen werden.
Herdenschutzhunde bieten besseren Schutz
Das Wolf-Notfallset ausleihen können Tierhalter erst, wenn sich der Wolf in NRW tatsächlich angesiedelt hat, er also nicht nur vereinzelt an verschiedenen Stellen auftaucht. Genaueres, wie zum Beispiel die Leihdauer, ist nicht geregelt. „Bisher ist es ja auch noch zu keinem Einsatz gekommen“, so Werner Schubert. Für ihn sind die Sets mehr eine „Beruhigungspille“, Herdenschutzhunde seien seiner Meinung nach die bessere Alternative. Auch vermutet er, dass die meisten Weidetierhalter bei Bedarf ohnehin versuchen werden, ihre Gehege über die Förderrichtlinien des Landes „dicht zu machen“.
Zuschuss für Herdenschutz- und Präventionsmaßnahmen
Mit den „Förderrichtlinien Wolf“ gewährt das NRW-Umweltministerium seit 2017 finanzielle Zuwendungen für Herdenschutz- und Präventionsmaßnahmen. Ziel sei es, „durch den Wolf verursachte Schäden zu verhindern oder zu verringern und damit die Akzeptanz der Wiederbesiedlung Nordrhein-Westfalens durch den Wolf zu erhöhen“, heißt es in dem Runderlass.
Beispielsweise werden die Anschaffung von Herdenschutzzäunen oder die Anschaffung und Ausbildung von geeigneten Herdenschutzhunden bezuschusst. Die Höhe der Zuwendung beträgt 80 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben. Allerdings werden die Präventionsmaßnahmen nur in einem Wolfsgebiet gefördert. Das wird erst dann ausgewiesen, „wenn territoriale Einzelwölfe, Paare oder Wolfsrudel über die Dauer von einem halben Jahr mehrfach in einem Gebiet nachgewiesen werden können“. „Die Richtlinie tritt also erst in Kraft, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Besser wäre es, vorher zu fördern, damit die Region vorbereitet ist“, kritisiert Werner Schubert.
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