Braunshausen. Betriebe sehen Existenz bedroht. Sie begrüßen die Soforthilfe, fordern von der Politik auch nachhaltigen Beistand und Solidarität von Kollegen.

Die Sonne brennt. Rinder wirbeln bei jedem Schritt Staub auf. Gelbe Steppe bis zum Horizont - was klingt wie in einem fiktiven Western, ist auf dem Bauernhof von Franz-Josef Berkenkopf in Braunshausen bittere Realität. Mit seiner Frau bewirtschaftet er den Betrieb mit 75 Milchkühen und 65 Jungtieren im Vollerwerb, sein Vater Franz-Josef Berkenkopf senior hilft mit. Alle Tiere stehen im Offenstall: „Eigentlich sollen sie tagsüber raus, aber seit zwei Wochen bleiben sie lieber drin. Sie finden nichts mehr zu fressen.“

Erst zweimal konnten die Berkenkopfs Heu und Silo mähen. In normalen Jahren gibt es genug Gras für vier Schnitte. Aber durch die anhaltende Trockenheit haben die beiden bisherigen Schnitte gerade einmal die Hälfte der sonst üblichen Menge gebracht. Diese Vorräte, die eigentlich für den Winter gedacht waren, müssen jetzt schon verfüttert werden, weil nichts mehr wächst. Franz-Josef Berkenkopf zeigt Wiesen, die er vor acht Wochen gemäht hat. Die Grasnarbe ist braun und verdorrt.

Steuern nicht direkt abführen

„Selbst wenn es jetzt ausgiebig regnen würde, sehe ich schwarz für einen dritten Schnitt. Hier wächst dieses Jahr nichts mehr“, stellt Josef Schreiber aus Medebach fest. Er ist Vorsitzender des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) im HSK und mit WLV-Geschäftsführer Karsten Drews-Kreilman sowie Kreislandwirt Stefan Belke vor Ort. Alle drei sind gestern der Einladung der Berkenkopfs gefolgt, sich selbst ein Bild von der Dürre, die die Region um Hallenberg diesen Sommer besonders hart trifft, und der Notwendigkeit von Sofortmaßnahmen zu machen.

Landwirte und Bauernverband fordern seit Jahren eine Risiko-Ausgleichsrücklage in der Form, dass sie in guten Jahren die fälligen Steuern nicht direkt abführen müssen, sondern zurücklegen. Dann könnten sie in schlechten Phasen darauf zugreifen und müssten keine Förderungen beantragen.

Deutlich zu wenig Regen überall

Julian Pape vom Wetterportal Sauerland bestätigt die Eindrücke von Landwirt Franz-Josef Berkenkopf: „Der Raum Hallenberg war seit Ostern tatsächlich die trockenste Region im ganzen Sauerland. Hier kamen laut Radaranalysen von Anfang April bis 22. August rund 160 Liter an Niederschlägen zusammen, die noch dazu häufig in lokalen Gewittern statt als ergiebiger, flächendeckender Landregen gefallen sind.“

Am deutlich regenreicheren Kahlen Asten fielen im Vergleichszeitraum 240 Liter Niederschlag. Das ist deutlich weniger als die Hälfte im Vergleich zum vergangenen Jahr. Damals gab es 545 Liter, wobei es 2017 bis Ende Juni auch eher trocken war. In den letzten 30 Tagen gab es nur am 13. August eine nennenswerte Regenmenge von elf Litern, gemessen an der Wetterstation in Medebach. „Der diesjährige Sommer ist somit der definitiv trockenste seit mindestens 1955. Auf Platz 2 folgt mit einigem Abstand 1976. Damals kamen 300 Liter zusammen.“

Generell ist die Medebacher und Hallenberger Bucht deutlich niederschlagsärmer als der Raum Winterberg. Sie wird deshalb auch gern „Toskana des Sauerlandes“ genannt. Julian Pape erklärt dieses Phänomen damit, dass Regenwolken im Sauerland meistens aus Richtung Westen vom Atlantik her kommen. Der Rothaarkamm ist dabei auf dem Weg über die Niederlande und das Ruhrgebiet die erste größere Erhebung. Dort muss die feuchte Luft aufsteigen, kühlt sich dabei ab, so dass es regnet oder schneit. Die dadurch entstehende deutlich trockenere Luft fällt anschließend in die Medebacher Bucht. Einheimische wissen, dass z.B. der Schlossberg zwischen Medebach und Winterberg oder die Lieser Brücke hinter Züschen Richtung Hallenberg oftmals echte Wetterscheiden sind.

Angela Merkel habe eine solche Rücklage vor Jahren auf dem Deutschen Bauerntag zugesagt, passiert sei aber nichts, kritisiert Karsten Drews-Kreilman. Einen weiteren Lösungsansatz sieht er in einer bundesweiten, vom Staat mitfinanzierten Versicherung gegen Dürre, ähnlich der vorhandenen Hagelversicherung.

Die vorzeitige Auszahlung der am Jahresende fälligen Betriebsprämien, um den Landwirten schnell Liquidität für den Futterkauf zu verschaffen, scheitere am bürokratischen Aufwand. Die Nachricht, dass Bund und Länder eine Soforthilfe für die Dürreschäden bereitstellen, wird begrüßt – auch die Tatsache, dass sie nur an Landwirte gezahlt werden soll, die einen Ernteausfall von mindestens 30 Prozent nachweisen.

Preis für Heu verdoppelt

Das Geld werde dringend für Futterkäufe und den Transport benötigt, erklären die Berkenkopfs. Denn nicht nur die Futterkosten sind explodiert. Der Preis für einen Rundballen Heu hat sich mehr als verdoppelt. In der Region ist kaum etwas zu bekommen, die Ballen müssen u.a. teuer aus Bayern heran geschafft werden. In puncto Preise hoffen die fünf Landwirte auf mehr Solidarität ihrer Berufskollegen: „Sie könnten nächstes Jahr schon selber Hilfe brauchen.“

Der Verkauf von Kühen ist der letzte Ausweg für die Familie Berkenkopf, zumal die Preise dafür auch sinken. „Die Tiere sind unser Kapital – auch wenn wir momentan noch nicht wissen, wie wir sie durch den Winter kriegen sollen.“