Brilon. . Die Sanierung der Propsteikirche ist eine große Herausforderung für Gerüstbauer. Seit gut neun Wochen wächst jetzt das Korsett aus Stahlrohren.
Für Michael Jesgarz ist er „ein Monster“. Seit 20 Jahren rüstet der 44-Jährige Kirchen ein, von innen und von außen. Rund 150, sagt er, habe er schon „gemacht“. Der Turm der Propsteikirche ist jedoch sein bisher dickstes Ding. Im wahrsten Sinne des Wortes. 15 mal 15 Meter, das ist ein gutes Drittel mehr pro Seite als bei anderen. Und dann die Höhe. 63 Meter sind bis zum Hahn. 25 Arbeitsebenen haben die Monteure bisher geschafft, fünf weitere müssen noch drauf, ehe die Steinmetze und Dachdecker mit ihrer Arbeit beginnen können. Seit gut neun Wochen wächst das Korsett aus Stahlrohren den Turm hinauf. Ende August will Michael Jesgarz fertig sein.
Firma arbeitet auch auf Dortmunder Weihnachtsmarkt
Wieviele Meter Stiele, Riegel und Belage für das Gerüst verwendet werden, kann der Fachmann vor Ort nicht sagen. Das hat alles der Statiker in seinem Unternehmen ausgearbeitet. Das ist die Fa. C.O. Weise aus Dortmund. Die fing bereits Ende des 19. Jahrhunderts im Ruhrgebiet mit dem Leiterbau an. Heute ist das Unternehmen Anbieter für maßgeschneiderte Leitern und Treppen und Spezialist für den Gerüstbau in allen Facetten - von Fassaden jeder Größe über den Innenausbau hin zum Brückenbau und Spezialanfertigungen. Eine zieht alljährlich in der Adventszeit unzählige Blicke auf sich: der „höchste Weihnachtsbaum der Welt“ auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt. Dessen Innenleben stellt die Fa. Weise, die 1700 Rotfichten steuert das Sauerland hinzu.
Morsche Balken ausgetauscht
Eigentlich sollte der marode Turm von St. Petrus und Andreas aus finanziellen Gründen erst später saniert werden. Das allein soll, so die Kalkulation vor zwei Jahren, rund 1,6 Millionen Euro kosten. Nicht ganz so viel, etwa 1,25 Millionen Euro waren für den dringlichen Teil der Arbeiten, das Dach, im Spiel. Was das gesamte Projekt kostet, möchte Propst Dr. Richter nicht sagen, nur soviel: „Ich habe mich in Paderborn durchgesetzt.“
Als erstes wird die Ostseite saniert
Die Arbeiten am Dachstuhl über dem Kirchenschiff sind weitestgehend abgeschlossen, sagt der federführende Architekt, Gunther Rohrberg (Lippstadt). Morsche Balken wurden ausgetauscht und die - von außen deutlich sichtbar - abgesackte Vierung, der Bereich, an dem sich Längs- und Querschiff schneiden, soweit wie möglich gerichtet und abgestützt. Bereits fertig und neu verschiefert ist auch der Dachreiter, das kleine Türmchen über dem Chorraum.
Sobald der Turm eingerüstet ist, wird als erstes dessen Ostseite saniert. Aus einem einfachen Grund: Denn erst, wenn dort das Gerüst wieder abgebaut ist, kann die zum Rathaus hin gelegene Seite des Daches saniert werden.
Monteure werden durch Karabinerhaken gesichert
Und da kommt wieder Michael Jesgarz ins Spiel. Rund 300 Anker haben seine Männer in den Turm gebohrt, um die enormen Gewichte und Kräfte des Gerüstes zu bändigen. Eine besondere Herausforderung sind der Bereich mit den vier Zwergtürmen und jetzt noch die Haube. Während es an der Fassade ja vertikal hochgeht, müssen die Gerüstbauer dort oben bis zu acht Meter mit sogenannten Anlegern überbrücken, um mit dem Gerüst die zurückspringende Fassade zu erreichen. Die rund um den Turm herumlaufende Verbretterung trennt die Arbeitsbereiche der Dachdecker und der Steinmetze - eine Schutzmaßnahme gegen herabfallende Schieferteile.
Bauzaun sperrt Turmbereich schon seit 2013 ab
Seit Frühjahr 2013 sperrt ein Bauzaun den Turmbereich ab, nachdem sich vermehrt Schieferplatten gelöst und Brocken aus der Turmverkleidung herausgebrochen waren.
Neben der Fugensanierung steht der Austausch der s chadhaften Steinplatten an, mit denen der Turm beklebt ist. Dabei wird Rüthener Sandstein verwendet.
Die Treppen sind nur für den Notfall installiert, das verlangt der Arbeitsschutz. Für die tägliche Arbeit steht für Mensch und Material ein Bauaufzug zur Verfügung. Bei allem Sonnenschein der vergangenen Wochen: Auf dem Turm ist es ganz schön zugig. Der Wind, sagt Michael Jesgarz, dürfe nicht unterschätzt werden. Da können leicht mal eine kräftige Böe eines der windanfälligen Bauelemente aus der Hand oder dem Aufzug reißen. Die Monteure selbst hängen sich beim Arbeiten mit Karabinerhaken an dem Gerüst ein.
Bis zu den Hansetagen im Juni 2020 soll die Sanierung abgeschlossen sein, sagt der Architekt.
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