Marsberg. . Eckhard Schrader aus Marsberg baut Salzbergwerk Volpriehausen im Modell nach. Liegt dort der sagenhafte verschollene Schatz?

Sein Hobby ist nicht der Modellbau. Er sammelt auch keine Mineralien. Aber das verschollene Bernsteinzimmer treibt ihn um. Eckhard Schrader (56) ist Musiker. In seinem Arbeits- und Musikzimmer im Erdgeschoss seines Einfamilienhäuschens am Meisenberg hat das Schlagwerk von Ex-Trio-Schlagzeuger Peter Behrens einen Ehrenplatz. Ecki Schrader und er waren befreundet und hatten Großes vor. Die Tournee durch Deutschland stand, als Behrens vor zwei Jahren unerwartet starb.

Im Musikzimmer hat Ecki Schrader in den vergangenen zehn Monaten nicht nur Musik gemacht, sondern auch gebastelt: Ein Modell der Grubenbaue des Kali- und Salzbergwerks Wittenkind-Hildasglück in Volpriehausen hat er in Miniatur 1:5000 in filigraner Kleinstarbeit nachgebaut. Immer wieder taucht die Theorie auf, dass in den Grubenfeldern des Kalisalzbergwerkes das Bernsteinzimmer in Kisten verpackt unter Schutt begraben liege. 1938 übernahm die Wehrmacht das Bergwerk im Süden Niedersachsens und baute es als Heeresmunitionsanstalt (Muna) aus. Inzwischen ist es geflutet und nicht mehr zugänglich.

im zweiten Weltkrieg hat die Wehrmacht das ehemaligen Kali- und Salzbergwerk Volpriehausen im Solling zur Heeresmunitionsanstalt (Muna) ausgebaut.
im zweiten Weltkrieg hat die Wehrmacht das ehemaligen Kali- und Salzbergwerk Volpriehausen im Solling zur Heeresmunitionsanstalt (Muna) ausgebaut. © Annette Dülme

Schrader selbst ist gebürtig aus Brandenburg. Bei Besuchen der alten Heimat führt die B 241 durch Volpriehausen. „Die Frage, ob hier das Bernsteinzimmer begraben sein könnte, ließ mich nie wirklich los“, so der Musiker. Im vorigen Jahr hielt er am Kalibergbau-Museum in Volpriehausen an. „Ich dachte mir, die werden doch wohl ein Modell haben, damit man sich die Untertagewelt bildlich vorstellen kann.“ Aber es hing nur ein Planausschnitt an der Wand.

Endphase des Zweiten Weltkrieges

Jetzt gibt es ein Modell. Es steht auf einer 55 mal 45 Zentimeter großen Grundplatte. Aus weißlackierten Kupferdraht hat Ecki Schrader die verschachtelte Untertagewelt der Grube Wittekind mit ihren 12 Sohlen von 480 bis 786 Metern nachgebaut, ebenso die Grube Hildasglück mit vier Sohlen von 794 bis 917 Metern. Munitionskammern hat er rot unterlegt, Arbeitsräume blau, Wohlfahrtsräume grün und Lokomotivräume gelb, Wetterstrecken hat er blau-weiß markiert, den Bremsberg zur 605-Meter Sohle rotweiß und das Spülbohrloch der 720- bis 786-Meter-Sohle grau-rot. Als Vorlage hat er sich die Originalpläne von der Firma Kali und Salz aus Kassel besorgt. Die Firma ist fürs geflutete Bergwerk zuständig.

Kulturgüterdepot auf 660-Meter-Sohle angelegt

Der Übertagebereich mit seinem jetzigen Waldbestand und die kleine Siedlungsfläche stellt den Ist-Zustand dar. Um das so getreu wie möglich nachzubauen, ist er mehrmals vor Ort gewesen, hat Steinsalz auf dem Schacht Hildasglück und Buntsandstein von dort mitgebracht, im Mörser zerkleinert und mit den Buntstandsteinkrümeln beispielsweise den Tagebau (Bergschaden) dargestellt. Die Mühe hat er sich gemacht, weil er sich etwas nicht vorstellen konnte, was er sich aber vorstellen wollte: „Wo könnte in der verwinkelten salzigen Untertagewelt die Kisten mit dem Bernsteinzimmer versteckt sein?“.

In der Endphase des Zweiten Weltkrieges wurden Untertage Kulturgüter zum Schutz vor Zerstörung eingelagert. Die Rede ist von 24 Eisenbahnwaggons, die in der angeblich sicheren Heeres-Munitionsanstalt im Bergwerk auf der 660-Meter-Sohle deponiert wurden: Münzsammlungen, Kirchenfenster, Archive, private Schatztruhen sowie auch die gesamte Bibliothek der Universität Göttingen mit 360 000 Büchern. Belegt ist auch, dass Transporte aus Königsberg dort eingetroffen sind, unter anderem mit dem wertvollsten Teil der Bernsteininklusensammlung des paläontologischen Instituts der Albertus Universität Königsberg.

Transport mit der Eisenbahn?

Laut Zeitzeugen soll mit einem dieser Transporte ein Eisenbahnwaggon, dessen mit „Plunder“ bedeckter Inhalt aus zehn großen, mit Bandeisen verschlossenen Kisten bestand, die sofort durch ein handverlesenes Spezialkommando ins Bergwerk verbracht wurden. Deren Inhalt ist bis heute unbekannt. „Schrader: „Es wird vermutet, dass sich in ihnen Teile des legendären Bernsteinzimmers befanden.“ Wegen der Größe der Kisten vielleicht die Sockelpaneele.

Auch das Magazin „Die Zeit“ begab sich 1984 auf „Großfahndung nach dem Bernsteinzimmer“. In dem Bericht ist zu lesen, dass in 1977 der Verdacht auch auf die Schachtanlage Volpriehausen fiel, als mögliches Versteck des Bernsteinzimmers. Dort waren 1945 Reste der Bernsteinsammlung der Uni Königsberg geborgen worden.

Gewaltige Detonationen unter Tage

Belegt ist auch, dass es in der Nacht vom 29. auf den 30. September 1945 aus bis heute ungeklärter Ursache gewaltige Untertagedetonationen gab, die die Bewohner des kleinen Dorfes aus dem Schlaf rissen. Die gesamten Förderanlagen beider Schächte wurden komplett zerstört. Erst im Frühjahr 1946, als aus den Schächten kein Rauch mehr aufstieg, wagten sich Freiwillige, bestehend aus Bergleuten, Professoren und Studenten, in den Untertagebereich vor und bereitete die Notbergung der eingelagerten Gegenstände vor.

Rund um das Modell

In Erinnerung an die Geschehnisse hat Schrader am linken Rand seines Bergwerkmodells ein kleines Stück eines Ornamentes der Sockelpaneele des Bernsteinzimmers an Hand alter Fotos mit Unterstützung eines Bernsteindrechslermeisters im Maßstab 1:2 rekonstruiert .

Darin gefunden hat er per Zufall quasi in der letzten Sekunde ein 2,5 Millimeter großes Insekt direkt unter der Oberfläche. Als Inklusen überdauern die Insekten Jahrmillionen.

Der Trupp drang unter abenteuerlichen Bedingungen bis zur 660-Meter-Sohle vor. Überall war Staub und Asche verteilt. In diesem Staub fanden Studenten unter anderem Bernsteine, die sich später als Teile der Königsberger Inklusensammlung erwiesen. Unter anderem beförderten sie ca. 30 000 Bücher der Uni Göttingen ans Tageslicht. Zu den großen Kisten, die mit unbekanntem Inhalt aus Königsberg stammten, konnte man jedoch nicht mehr vordringen, da die Decke der Sohle eingestürzt war. Enorme Mengen Grundwasser fluteten den Stollen. Als das Wasser schließlich die Einlagerungssohle erreichte, musste die Bergung eingestellt werden. Das Bergwerk wurde aufgegeben.

Fehlende finanzielle Mittel

Ein Versuch, das Bergwerk in den 80er Jahren noch einmal aufzuwältigen, scheiterte an fehlenden finanziellen Mitteln. Die Kosten lagen bei 10 bis 20 Millionen Mark. Schrader: „Das Bernsteinzimmer, oder zumindest Teile davon, könnten in diesem Bergwerk ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Nur die heilige Barbara, die Schutzpatronin aller Bergwerke und Bergleute kennt den Inhalt der Kisten.“ Sie wird das Geheimnis und den Rest der eingelagerten Schätze behüten. Vielleicht bis in alle Ewigkeit…

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