Brilon. . Politischer Knatsch beim Träger des Briloner Krankenhauses eskaliert. BBL verlässt Verwaltungsrat, FDP beantragt Einstweilige Verfügung

Die Briloner Bürgerliste ist nach dem Austritt von Christiana Kretzschmar aus der Gesellschafterversammlung der Maria Hilf gGmbH nun auch nicht mehr im Aufsichtsrat des Krankenhauses vertreten. BBL-Stadtrat Reinhard Loos hat sein Mandat in der Aufsichtsratssitzung am Dienstagabend „mit sofortiger Wirkung“ niedergelegt. Die ebenfalls für Dienstag terminierte Gesellschafterversammlung war kurzfristig abgesetzt worden. Grund: Die FDP hatte am Montag beim Verwaltungsgericht Arnsberg per Einstweiliger Anordnung beantragt, den Ratsbeschluss vom vergangenen Donnerstag zur Neubesetzung der Gesellschafterversammlung für unwirksam zu erklären.

Auf Anfrage der WP begründete Reinhard Loos seinen Rücktritt: „Wir trauen der derzeitigen Geschäftsführerin (Sonja G. Drumm, Anm.d. Red.) und dem Vorsitzenden (Bürgermeister Dr. Christof Bartsch) und dem Stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrats (Lukas Wittmann, CDU) nicht mehr zu, das Krankenhaus erfolgreich zu führen“. Loos selbst nahm aus beruflichen Gründen nicht an der Sitzung teil, wohl aber seine Stellvertreterin; das ist seine Gattin Annette Loos. Sie verlas in der Sitzung eine entsprechende, auch ihren eigenen Rücktritt umfassende Erklärung.

Loos: „Zeichen setzen“

Mit diesem Schritt möchten die BBL-Vertreter „ein Zeichen setzen und zum Nachdenken anregen“, so Reinhard Loos weiter. Nach Ansicht der BBL bestehe „in vielen Angelegenheiten“ des kommunalen Krankenhauses „dringender Handlungsbedarf“. Dazu habe die BBL in den vergangenen Monaten „zahlreiche konkrete Vorschläge eingebracht“ sowie „Fragen gestellt, um dringend benötigte Informationen zu erhalten.“ Reinhard Loos: „Weder wurden unsere Vorschläge umgesetzt noch wurden die Fragen beantwortet.“

Nicht zum ersten Mal Unterschrift verweigert. Ehemalige Geschäftsführerin auch an neuer Stelle schon wieder weg

Nicht zum ersten Mal verweigerte Dr. Prange als Mitglied der Gesellschafterversammlung seine Unterschrift. Im Mai vergangenen Jahres wollte er als Vorsitzender des Gremiums den Arbeitsvertrag mit der neuen Geschäftsführerin Sonja G. Drumm nicht unterzeichnen. Seiner geplanten Abberufung durch den Rat kam er mit der Niederlegung des Vorsitzes zuvor; seitdem leitet Stadtkämmerer Wolfgang Pack das Gremium. Dr. Prange war gemeinsam mit der damaligen Krankenhaus-Geschäftsführerin Margit Schmaus maßgeblich in die sog. „Causa Weber“ involviert.
Schmaus hatte wenige Tage vor Ablauf ihrer Probezeit und unmittelbar vor der geplanten Abberufung durch den Rat in Brilon gekündigt und zum 1. Juli die Geschäftsführung der Vitos-Kliniken in Riedstadt und Heppenheim (Hessen) – zusammen 1400 Beschäftigte – angetreten.
Dort ist sie mittlerweile auch nicht mehr. Zum 1. Juli habe man sich in beiderseitigem Einvernehmen getrennt, teilte die Klinik mit.

Unter den „derzeitigen Umständen“ sähen sich die BBL-Vertreter nicht länger in der Lage, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Schließlich seien Aufsichtsratsmitglieder in einer kommunalen GmbH „dafür haftbar, dass sie die Arbeit der Geschäftsführung überwachen und Fehlentwicklungen verhindern“.

Die Entwicklung am Schönschede werde man jedoch als Rats- und Ausschussmitglied sowie „im Rahmen unserer beruflichen Tätigkeiten“ weiter begleiten.

Wie berichtet, hatte der Rat in der vergangenen Woche das FDP-Mitglied in der Gesellschafterversammlung, Prof. Dr. Alexander Prange (FDP) abberufen und seinen sowie den durch den Rücktritt von Christiana Kretzschmar vakanten Sitz in der Gesellschafterversammlung mit Karin Bange (CDU) und Martina Nentwig-Schönewolf (SPD) neu besetzt. Deren wohl einzige Aufgabe in dem Gremium wird sein, sich selbst wieder daraus zu verabschieden.

Vertrag kann nicht in Kraft treten

Denn im Januar hatte der Rat bei 30 Ja- und 5 Gegenstimmen beschlossen, den Gesellschaftsvertrag der Krankenhaus gGmbH dahingehend zu ändern, die Zahl der städtischen Vertreter in der Gesellschafterversammlung von derzeit sieben auf einen zu reduzieren. Begründung: Die Repräsentanten des Trägers in der Gesellschafterversammlung seien in ihrer Entscheidung an die Vorgaben durch den Rat gebunden; deshalb reiche zur Vertretung des einzigen Gesellschafters in diesem Gremium auch ein einziger Vertreter.

Das empfanden BBL und FDP als Ausbootung. Bisher konnte die im Januar gefasst Vertrags-Änderung allerdings nicht am Handelsregister eingereicht werden. Dazu, so der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung, Stadtkämmerer Wolfgang Pack, müssten alle sieben Stadtvertreter ihre Unterschrift einreichen. Dem habe sich Prof. Dr. Prange jedoch bisher entzogen.

Sommerpause

Da die Stadt bis zu der für vergangenen Dienstag (17. Juli) angesetzten Gesellschafterversammlung keine, so Bürgermeister Dr. Bartsch, fundierte Stellungnahme für das Verwaltungsgericht habe ausarbeiten lassen können, sei die Sitzung kurzfristig abgesetzt worden. In ihr sollten die Ratsbeschlüsse zur Änderung des Gesellschaftsvertrags umgesetzt werden. Die nächste Aufsichtsratsitzung ist für den 18. September angesetzt, ein Termin für die nächste Gesellschafterversammlung steht noch nicht fest. Erst dann, so ein Sprecher des Verwaltungsgerichts, wäre eine Entscheidung über den Eilantrag relevant.

Dr. Alexander Prange war bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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