Hochsauerlandkreis. . Die EU-Kommission befragt momentan Bürger, ob sie die Zeitumstellung sinnvoll finden oder nicht. Im Sauerland sind die Meinungen unterschiedlich.
Etwas mehr als 20 Jahre gibt es sie nun, die einheitliche EU-Sommerzeitregelung. Wie hoch das Interesse für die Diskussion über eine Abschaffung oder Beibehaltung der Zeitumstellung ist, wird spätestens seit Beginn der EU-weiten Onlineumfrage am vergangenen Donnerstag deutlich.
Bis zum 16. August noch können EU-Bürger ihre Meinung über Sommer- und Winterzeit via Internetlink kundtun. Schon einen Tag nach Freischaltung der Umfrage gab es offenbar wegen einer Serverüberlastung technische Probleme mit der Abstimmung.
Weiter können bei der Umfrage auch Gründe für Wahlmöglichkeit angegeben werden, und ob bei einer Abschaffung die Winter- oder Sommerzeit bevorzugt wird. Hat die Zeitumstellung noch relevante Energieeinsparungen zur Folge? Welchen spürbaren Effekten sind wir mit Körper und Umgebung aufgrund des kleinen „Mini-Jetlags“ ausgesetzt?
Das sagt die Polizei
Dass eine mögliche Änderung der Zeitumstellung die Briloner Polizei nicht sekundär, sondern eher noch tertiär betreffe, sagt Pressesprecherin Bianca Scheer. Zwar seien dann gegebenenfalls noch länger am Tag Autos vom Feierabendverkehr in der Dunkelheit unterwegs, was die Gefahr von Wildunfällen erhöhen könnte. Das sei dann aber eher aus forstwirtschaftlicher Sicht problematisch. „Uns betrifft das am ehesten im Schichtdienst – da müssen die Kollegen dann bei der Umstellung eben mal eine neun-, oder auch eine sieben-Stunden-Schicht einlegen“, so Scheer. Auf welcher Seite der Waage sich die EU-Umfrage also einpendelt: Für die Polizei in ihrer beruflichen Position nicht maßgeblich.
Das sagt das Forstamt
Dr. Gerrit Bub, Forstamtsleiter in Brilon, schreibt eine erhöhte Anzahl von Wildunfällen nicht generell der Zeitumstellung zu. Es sei vielmehr ein generelles Problem des Jahreszeitenwechsels zwischen Sommer und Winter: „Die Tiere bleiben ohnehin in ihrem Biorhythmus. Ohne länger darüber nachgedacht zu haben, behaupte ich, dass die eine Stunde eher hell oder dunkel in der menschlichen Aktivität nur marginal zu Veränderungen führt.“
Die Online-Befragung der EU
Die EU-Kommission will Meinung der Bürger, Interessenträger und Mitgliedstaaten zur Sommerzeitregelung der EU und zu möglichen Änderungen einholen.
Unter
www.
ec.europa.eu/eusurvey/runner/2018-summertime-arrangements
können Bürger an einer Befragung zu dem Thema teilnehmen.
Das Ergebnis der Abstimmung ist nicht bindend. Am Ende soll geprüft und bewertet werden, ob sie geändert oder beibehalten wird.
Dass das Störungspotenzial zwischen Mensch und Tier in sommerlichen Abendstunden höher sei, als im Winter, sei schließlich nur eine logische Schlussfolgerung. „Das müsste man aber wissenschaftlich belegen. Ich persönlich bin auch eher genervt von der Zeitumstellung und finde, es sollte sich auf eine Zeit geeinigt werden.“
Das sagt der Stromanbieter
Stromanbieter RWE und Firma Amprion für Höchstspannungsleitungen und Übertragungsnetze führen beide keine Statistiken darüber, ob sich die Zeitumstellung hinsichtlich Energieeinsparungen lohnt – und können die Erfüllung des vorrangigen Ziels mit der Einführung der Zeitumstellung deshalb für heute nicht aktualisiert bestätigen.
Das sagt ein Psychologe
Bestätigen hingegen kann Werner Unland von der Praxis für Psychotherapie Kramer-Unland & Unland aus Brilon, dass die Zeitumstellung sowohl aus physischer als auch psychischer Hinsicht eine große Herausforderung darstelle. „Im Einzelfall kann das auch zu Problemen im Alltag – wie zu Übermüdung – führen, die zur Belastung werden und eine erhöhte Unfallgefahr mit sich bringen kann“, so Unland.
Nicht nur das sind Argumente gegen die Zeitumstellung: Kritisch sieht der Psychologe auch, dass stressbedingte zwischenmenschliche Konflikte sich unter Druck zeitweise verschärfen könnten, und die Umstellung auch sonst schlicht „als lästig“ empfunden werde. Wenn es durch den Wechsel zwischen Sommer- und Winterzeit auch keine Veränderungen für den Praxisbetrieb gebe: „Bei den Patienten unserer Praxisgemeinschaft geht es meist um den Wunsch nach Besserung für dauerhafte Belastungen“, hat sich die Zeitumstellung in der Vergangenheit nicht in Unlands Praxis bemerkbar gemacht.
Seien es Gleichgültigkeit oder schlicht genervte Reaktionen: Ob die persönliche Meinung der heimischen Betriebe bei dem Ergebnis der EU-weiten Online-Umfrage zum Tragen kommt, bleibt noch bis zum 16. August abzuwarten.
Das sagt ein Landwirt
„Die Kühe merken das nicht, aber wir“, sagt Thomas Müller, Landwirt aus Olsberg. Man richte sich insoweit nach der Zeitumstellung, als dass man eine halbe Stunde eher anfange zu melken. „Dann gleicht sich das an.“ Ohnehin kämen in einem so genannte Lauf-Stall ja die Kühe so zum Melken, wie sie einlaufen. „So ist die eine mal als erste dran und beim nächsten Mal die andere.“ Thomas Müller hat rund 100 Kühe in seinem Stall in Olsberg, inzwischen hat sein Sohn Matthias die Milchkühe übernommen. Aber beim Melken sind die Eltern immer noch mit zur Stelle. „Dem menschlichen Körper fällt es schon schwerer, wenn es im Herbst auf einmal so früh dunkel ist“, findet der Landwirt.
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