Bredelar. . Nach der Flucht aus Sri Lanka und dem Asylantrag, lebt Familie Visvanathan seit 2001 in Marsberg. Nun ist Sohn Krishna amtierender Schützenkönig.
Es ist ein sonniger Freitagmorgen. In der Straße Lichten Eichenin Bredelar ist es ruhig. Im Haus der Familie Visvanathan sitzt der 23-jährige Krishna mit seinen Eltern am Esstisch.
Er ist das Wochenende über zu Besuch. In der Woche studiert er Musik und Mathematik in Münster. Denn Musik ist sein Leben. „Ich spiele Schlagzeug, seitdem ich acht Jahre alt bin. Ein Jahr später lernte ich Saxophone. Ich habe schon immer gerne musiziert“, sagt er.
Schützen-Ehren waren erst in zwei Jahren geplant
Doch Musik ist nicht sein einziges Hobby. Er ist zudem im Fußball- und im Schützenverein. Erst kürzlich schoss er in Bredelar den Vogel ab. „Eigentlich wollte ich erst in zwei Jahren Schützenkönig werden. Da feiern wir hier im Dorf Jubiläum. Aber dann kam alles anders“, sagt er.
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Kaum war der Vogel herunter, rief er auch schon seine Großeltern an. „Mein Opa hat sich so sehr für mich gefreut. Er selbst war einmal Schützenkönig in Essentho. Meine Oma war sogar zwei Mal Schützenkönigin.“ Ähnlich sehen sich die beiden aber nicht. Doch das ist ihnen egal, denn auch wenn sie nicht miteinander verwandt sind, sind sie ein Herz und eine Seele.
Ehepaar Hüwel wird zu "Opa und Oma"
„Mein Opa ist überall dabei. Auf jedem Konzert von unserem Musikverein. Auch Weihnachten feiern wir immergemeinsam.“ Seine Großeltern, Herr und Frau Hüwel aus Essentho, haben vor mehr als 25 Jahren die Eltern von Krishna Visvanathan bei sich aufgenommen. Dort wohnten sie einige Jahre gemeinsam. Auch Krishna Karl Visvanathan wurde in dieser Zeit geboren. „Sie haben uns sehr geholfen. Egal in welchen Bereichen“, sagt Kasi Visvanathan.
Zurück ins Jahr 1979: Kasi Visvanathan ist 26 Jahre alt. Er wohnt gemeinsam mit seinen Eltern und vier Geschwistern in einem kleinen Dorf im Norden von Sri Lanka. Er arbeitet dort als Lehrer in einer Nachhilfeagentur. Jobtechnisch läuft es gut für den jungen Mann.
Doch das Leben in Sri Lanka ist für die Familie, wie für viele anderen Menschen in dem Land, nicht immer einfach. Denn Unruhen in der Umgebung lassen viele Menschen dort verzweifeln. Daher trifft Kasi Visvanathan eine wichtige Entscheidung: Er möchte nach Europa fliehen. Über Dänemark führt sein Weg bis nach Marsberg. „Ich war ein halbes Jahr unterwegs, bis ich hier Asyl beantragt habe. Es war nicht immer einfach. In der ersten Zeit habe ich fast täglich geweint“, erinnert er sich.
Vereinsleben fördert die Integration
Schon seit vielen Jahren schätzt Krishna Visvanathan das Vereinsleben. Dadurch fühlte er sich immer in die Dörfer, in denen er lebte, integriert, wie er sagt.
Seit 2017 ist er im Vorstand des Schützenvereins Bredelar, wo er neuer Schützenkönig ist.
Im M usikverein Beringhausen spielt er seit einigen Jahren und ist zudem dort als Dirigent tätig.
Und auch im Fußballverein engagiert sich Krishna Visvanathan.
Umschulung in Deutschland zum Maurer
1983 wurde sein Asylantrag bewilligt und Kasi begann wenig später seine Umschulung zum Maurer. „Meinen Job konnte ich hier leider nicht mehr ausüben. Daher musste ich etwas anderes lernen.“
Auch seine Frau Manjula Visvanathan wollte Lehrerin werden, bevor sie mit 22 Jahren nach Deutschland kam. „Ich studierte in Sri Lanka. Als ich als Touristin nach Deutschland kam, lernte ich meinen Mann näher kennen“, sagt sie. Gekannt haben sie sich bereits in Sri Lanka. Doch erst in Deutschland wurden sie ein Paar. 1985 haben sie geheiratet. Seitdem haben sie ein paar Mal ihre Heimat besucht.
Besuch in der Heimat
„Natürlich vermisse ich meine Familie und meine Freunde. Ich habe früher viel im Dorf mitgeholfen“, sagt Kasi Visvanathan. Besonders schwer war es, als sein Vater gestorben ist. „Es war nicht möglich, dass ich zu dem Zeitpunkt nach Sri Lanka reisen konnte. Aber jetzt ist es einfacher:“ Einfacher vielleicht, weil die Unruhen in seiner Heimat weniger geworden sind. Auch Krishna war bereits drei Mal dort und hat seine Verwandten besucht. „Ich bin hier in Deutschland geboren und aufgewachsen. Daher vermisse ich hier nicht so viel. Allerdings freue ich mich, wenn ich meine Verwandten dort sehe.“
Im Dorf, in dem seine Verwandten wohnen, gibt es zudem einen großen Tempel, der maßgeblich für den Namen des 23-Jährigen war. „Bei uns in Sri Lanka ist Krishna einer der drei größeren Götter im Hinduismus. Meine Eltern sind sehr religiös und damals fast täglich im Tempel. Daher kommt auch mein Name Krishna.“
Hobbys und Vereinsleben als Integrationshilfen
Der Name Karl lässt sich ähnlich erklären. „Seitdem ich hier bin, gehe ich regelmäßig in Obermarsberg in die Kirche. Familie Hüwel erklärten mir, dass sie Karl der Große bauen ließ. Es war eine schwere Zeit für uns. Die Besuche dort taten mir gut“, sagt Kasi Visvanathan.
Nun ist Krishna Karl Visvanathan erwachsen. Von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlte er sich nie. Egal ob beim Kicken, Musizieren oder im Schützenverein. Er selbst hat als Vertretungslehrer an einer Schule gearbeitet. „Es ist schon komisch: Letztens bin ich an einem Jungen mit Migrationshintergrund vorbeigegangen und habe noch überlegt: Wird der wohl von den anderen ausgeschlossen? Das wurde er nicht. Aber ich mache mir manchmal schon Gedanken darüber, ob jeder die Chance hat, sich so leicht zu integrieren, wie ich die Möglichkeit hatte.“
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