Marsberg. . Eine Brilonerin verliert an Karneval Kontrolle. Sie beleidigt einen Sanitäter und verletzt einen Polizisten. Richter: Das ist kein Einzelfall.
Straßenkarneval, zu viel Alkohol und dann noch der Ex mit einer Neuen. Eine 26-jährige Brilonerin rastete am Karnevalsdienstag während eines Umzuges im Stadtgebiet Marsberg völlig aus. Sie verletzte einen Polizisten an der Schulter und beleidigte einen Rettungssanitäter als Nazi und Rassist. Das brachte sie vor das Amtsgericht Marsberg – und hatte eine saftige Geldstrafe von 1800 Euro zur Folge.
Die Angeklagte sah ihr Fehlverhalten ein. Das hielt ihr Amtsrichter Eberhard Fisch auch zugute. Sie hatte allerdings schon zwei kleine Vorstrafen, u. a. wegen Betruges, auf dem Strafkonto.
von Annette Dülme
Eine Geldstrafe von 1800 Euro. Zu zahlen in sechs Monatsraten zu je 300 Euro. Das ist bitter. Und das tut richtig weh im Geldbeutel der Angeklagten. Sie hat gerade ihre Ausbildung beendet. Sie hat das Urteil angenommen wie ein erwachsener Mensch. Ihre Tat war gar nicht erwachsen und keine Bagatelle.
Rettungssanitäter und Polizei wollen helfen. Und werden dafür aufs Übelste beschimpft und auch noch verletzt. Auch ohne Alkoholeinfluss ist das leider längst kein Einzelfall mehr.
Es ist schlimm, dass solche Fälle zu einem gesellschaftlichen Problem mutiert sind. Und es ist richtig, dass der Staat hier eingreift, diese Fälle vor dem Gericht landen und härtere Strafen drohen. Auch Freiheitsentzug. Damit es nicht zu amerikanischen Verhältnissen kommt, wo die Polizei sofort den Schlagstock auspackt.
Kein Einzelfall
Dass sie jetzt die Tatvorwürfe unter schwerem Alkoholeinfluss während einer öffentlichen Feierlichkeit begangen hatte, nahm Oberamtsanwalt Pente aus Arnsberg sehr ernst. Er sah darin auch ein gesamtgesellschaftliches Problem. „In unserer Gesellschaft zählt heute nur noch Saufen.“ Das gute Benehmen falle ganz weg. Wenn man sich unter Alkoholeinfluss nicht mehr unter Kontrolle habe, „muss man ihn aus dem Koppe lassen oder man muss lernen, sich damit zu benehmen“, redete er der Angeklagten ins Gewissen. Aber dann noch Polizei und Rettungsdienst angreifen und beschimpfen, das gehe gar nicht. Weil solche Vorfälle immer mehr überhandnehmen würden, sehe Paragraf 114 des Strafgesetzbuchs dafür eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor.
Derartige Vorfälle brächten erhebliche Probleme mit sich, die zu immer mehr Auflagen u. a. für Vereine führten. Ohne Security könnten gar keine öffentlichen Veranstaltungen mehr durchgeführt werden, weil sich die Feiernden einfach nicht mehr benehmen könnten. Deshalb, so der Oberamtsanwalt, „kommen solche Fälle immer mehr zur Anklage.“ Deshalb beantragte er ursprünglich eine Geldstrafe von 2000 Euro.
Frühstück ausgelassen
Amtsrichter Fisch: „Ich kann mich nur anschließen. Es gibt so viele Bekloppte, die den Rettungsdienst angreifen.“ Bei der Angeklagten sah er allerdings auch, dass sie die Hilfe als aufgedrängt empfunden und sich nicht für krank gehalten habe. Dass sie volltrunken war, gab sie in der Verhandlung zu. Und dass sie wohl besser etwas gefrühstückt hätte, bevor sie mit einer Freundin zum Karnevalsumzug ging. Ihre Freundin habe noch einen Teddy zugeworfen bekommen, den sie selbst auch hätte haben wollen. Deshalb habe sie sich auf dem Weg vom Umzug zum Weiterfeiern nahe einer Wiese an den Straßenrand gesetzt und sich mit ihrem Handy beschäftigt. „Dann habe ich meinen Exfreund mit der neuen Freundin gesehen und aus der guten Laune wurde schlechte.“
Rettungssanitäter wollte helfen
Sie habe nur noch geweint und sich erbrochen. Ihre Freundin sei nicht so betrunken gewesen, weil sie laktoseintolerant sei – und rief die Eltern an. Aber die hätten aus Brilon ja auch nicht so schnell kommen können und sie selbst sei immer wütender geworden. Dann kam der Rettungssanitäter und wollte helfen. „Ich wollte aber nicht und habe ihm gesagt, er soll mich einfach in Ruhe lassen.“ Ein Polizist sei auch noch hinzugekommen, die angebotene Rettungsdecke habe sie weggeschlagen. Der Polizist habe sie aufgefordert, sich zu beruhigen. „Dann lag ich am Boden, die Hände auf dem Rücken in Handschellen und der Polizist saß auf mir. Wahrscheinlich habe ich auch um mich getreten.“ Denn der Polizist verletzte sich an der Schulter.
Später habe sie im Auto des Vaters einen weiteren Wutanfall bekommen. Auch zu Hause habe sie noch stundenlang geweint. „Erst Stunden später habe ich realisiert, was geschehen war.“ Am nächsten Tag habe sie dann Geburtstag gehabt und sei von ihrem neuen Freund zum Essen eingeladen worden.
Schlechtes Benehmen nehme zu
Amtsrichter Fisch: „Der Polizist und der Sanitäter haben nur ihre Pflicht getan.“ Die Reaktion der Angeklagten bezeichnete er als „hochgradig ärgerlich“. Weil dieses schlechte Benehmen überhandnehme, folgte eine generalpräventive, hohe Geldstrafe. „Lassen sie sich das eine Warnung sein.“ Das Verfahren wird eingestellt, sobald die Strafe von 1800 Euro, zu zahlen in sechs Monatsraten à 300 Euro, in der Staatskasse eingegangen ist.
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