Hochsauerlandkreis. . Die SPD stellt Leitlinien für eine Neuausrichtung in der Agrarpolitik auf. Kreislandwirt Josef Schreiber aus Medebach kritisiert einige Punkte.

Die Landwirtschaft steht vor einer Neuausrichtung. Strukturwandel, Digitalisierung und Tierschutz sind die zentralen Herausforderungen, die die Politik beschäftigen. In einer Konferenz haben die agrarpolitischen Sprecher der SPD-Landtags- und Bundestagsfraktionen Leitlinien für eine neue Landwirtschaftspolitik festgelegt. Aber wie kommt die Agenda bei der Basis an? Wir haben Josef Schreiber (56) gefragt. Der Landwirt aus Medebach ist Sprecher der Bauern im Regierungsbezirk Arnsberg sowie Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Hochsauerland.

Agrarpolitik

SPD: Die Sozialdemokraten fordern eine flächendeckende Landwirtschaft. Familienbetriebe sollen von Direktzahlungen profitieren, auch arbeitsintensive Betriebe müssen besser gefördert werden. Öffentliche Leistungen sollen insbesondere für den „Schutz des Wassers, der Biodiversität, der Bodenfruchtbarkeit, der Bestäuber und der Humusschicht sowie dem Tierwohl“ gezahlt werden. Außerdem müsse die Marktposition der Erzeuger gestärkt und eine Daseinsvorsorge in ländlichen Räumen gesichert werden.

Kreislandwirt Josef Schreiber
Kreislandwirt Josef Schreiber © WP

Schreiber: „Eine flächendeckende Landwirtschaft kann nur der Weg in Deutschland sein und dafür muss die Politik sorgen. Denn wenn wir keine Landwirtschaft mehr hier haben, müssen die Politiker selber die Sense rausholen und mähen“, sagt Schreiber. Zudem merkt der Landwirt aus Medebach an, an die Nebenerwerbsbetriebe zu denken. „Die machen im HSK 70 Prozent der Betriebe aus. Sie sind genau so wichtig wie die Großen.“ Auch wenn der Kreislandwirt der SPD im Punkt Agrarpolitik im Großen und Ganzen zustimmt, richtet er mahnende Worte an die Politik: „Was wir auf keinen Fall wollen, sind politische Eingriffe in den Markt, sonst gibt es Wettbewerbsnachteile.“

Digitalisierung

SPD: Die digitale Infrastruktur soll ausgebaut werden - und zwar schnell. Durch eine intelligente, einheitliche Datenerhebung- und verarbeitung von Agraranträgen, etwa bei der Düngebilanzierung, könne die Arbeit der Bauern erleichtert werden. Dabei gelte es, Datenschutz zu sichern.
Schreiber: „Der Bürokratie-Aufwand wird immer größer. Wir brauchen einen Bürokratieabbau“, fordert Josef Schreiber. Der Landwirt versteht zwar, wie wichtig die Digitalisierung im Agrarsektor ist, würde sich von der Politik aber mehr Vertrauen wünschen. „Es ist nicht der richtige Weg, uns zu streng zu überwachen und zu kontrollieren. Wir wollen ja transparent sein. Aber den Landwirten etwas aufzuzwingen, kommt nie gut an.“

Arbeitsbedingungen

SPD: In einigen Bereichen komme es immer wieder zur Ausnutzung von Leiharbeitern und ausländischen Arbeitskräften. „Diesem Prozess muss entgegengewirkt werden“. Zudem soll harte Arbeit gerecht bezahlt und geschätzt werden.
Schreiber: „Über den Mindestlohn ist bereits einiges abgesichert“, sagt der Kreislandwirt. Ordentliche Arbeit solle auch ordentlich bezahlt werden. Und das gelte auch für Saisonarbeiter, wie zum Beispiel für Spargelstecher.

Tier- und Insektenschutz

Nutztierstrategie; SPD: Die Partei fordert vom Bund einen konkreten Zeit- und Maßnahmenplan. „Auch der Verbraucher muss schon beim Kauf der Produkte über eine klare Kennzeichnung erkennen können und unter welchen Bedingungen das Tier gehalten wurde.“

Gegen den Trend

Rainer Spiering, agrarpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, kritisierte bei der Konferenz den Trend zur Zentralisierung von Marktmacht: „Deshalb müssen wir hier dringend zu regulatorischen Maßnahmen kommen.“

Schreiber: „Da sind wir der Politik voraus. Wir sind uns der Verantwortung für die Menschen bewusst und deswegen wollen wir eine offensive Nachhaltigkeit, was die Tierhaltung betrifft.“ Beispiel: Kupieren bei Schweinen, um Kannibalismus zu verhindern. Oder: mehr Raum für die gehaltenen Tiere. Wichtig ist Schreiber bei diesen Fortschritten vor allem eines: „WIR Landwirte müssen forschen und testen und das braucht Zeit. Es ist nicht gut, wenn uns die Politik eine Nutztierstrategie und enge Zeitpläne vorsetzt.“

Insektenschutz; SPD: Eine artenreiche Kulturlandschaft bilde die Grundlage für viele Tierarten und somit auch für Insekten. Bestäubung ist essenziell. Die Biodiversität und Pflanzenvielfalt solle erhöht werden, zum Beispiel durch eine Minimierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln.
Schreiber: „Insektenschutz steht bei uns ganz oben auf der Liste. Ganz wichtig ist dabei die Minimierung von Pflanzenschutzmitteln. Dabei muss man aber beachten, dass die Landwirte vernünftige Erträge erwirtschaften können.“

Der Wolf

SPD: Die Sicherheit des Menschen habe oberste Priorität. Wer Schäden durch den Wolf erleidet, soll etwa durch Herdenschutzmaßnahmen unterstützt und rasch entschädigt werden. Weil der Wolf ganzjährig geschützt ist, „sprechen wir uns gegen eine Aufnahme in das Jagdrecht aus“.
Schreiber: „In diesem Punkt habe ich eine andere Meinung“, betont Kreislandwirt Josef Schreiber. Er mahnt vor einer Ausweitung der Wolfspopulation. „Wenn das Kind einmal in den Brunnen gefallen ist, Schafe und Kühe gerissen werden, dann haben wir ein Problem. Der Wolf muss kontrolliert gejagt werden können!“

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